Mit Video: Jäger verlorener Schätze
Josef Renz aus Wilhelmsburg ist Österreichs erfolgreichster Kunst-Detektiv. Im Interview mit Oswald Hicker spricht er über Megafunde wie einen verschollenen Klimt. Und warum er ein Gemälde um 2,5 Millionen Euro an die Erben zurückgibt, obwohl er es rechtlich einwandfrei erworben hat.
In der Küche eines sizilianischen Arbeiters wurden Gemälde von Gauguin und Bonnard entdeckt. Wieviel Millionen-Schätze hängen denn noch herum in unseren Küchen?
Wenn wir das wüssten, wären wir glücklich. Aber sie hängen herum und das Wichtigste ist, dass sie nicht verlorengehen.
Sie suchen diese Schätze und finden hin und wieder einmal einen...
Es gibt nur wenig Kunstdetektive. Die Suche nach dem Verschollenen ist spannend. Wenn man eine riesen Bibliothek aufbaut und sich über Jahrzehnte hohes Fachwissen aneignet, dann macht einen das erfolgreich.
Was war Ihr größter Coup?
Der größte Coup liegt hoffentlich noch vor mir. Das wichtigste ist nicht immer der Wert des Stückes. Oft ist die Herkunft und der Respekt vor dem Gegenstand wichtiger. Etwa bei der Staatsvertrags-Zither. Da ist der finanzielle Wert nicht hoch. Aber wenn ich denke, dass da Figl und Raab miteinander gespielt haben, und für Österreich den Staatsvertrag ausgehandelt haben, dann freue ich mich.
Die Zither haben Sie gefunden?
Sie war ein Artefakt im letzten Haus von Raab. Sie wurde in einem Schrank im Dachboden vergessen. Zufällig und doch nicht zufällig hab ich das gefunden.
„Ich fand die Zither, auf der Figl und Raab bei den Staatsvertragsverhandlungen für die Russen gespielt haben.“
Die Legende geht, dass mit dem Spiel dieser Zither und mit Grünem Veltliner die Russen "eingekocht" wurden.
Ja, es waren Noten dabei und darauf hat Chruschtschow Notizen gemacht. Da sieht man, dass die unter dem Zitherspiel sich mit Politik beschäftigt haben. Das war sicher zielführender als harte Konversation.
Wenn ich richtig informiert bin, haben Sie auch einen verschollenen Klimt gefunden...
Das war besonders lustig. Ich wollte den jungen Klimt kennenlernen und seine ersten Ateliers besichtigen. Er hatte sieben Geschwister und das hat mich an meine Familie erinnert und ich wollte wissen, wie er groß geworden ist. Da bin ich ins erste Atelier gegangen in der Sandwirtgasse. Dort wo früher ein Klimt-Gemälde im Stiegenhaus hing, war nun ein Lift. Man hat gesagt, das Bild ist vernichtet worden. Ich habe viereinhalb Jahre recherchiert und das Bild tatsächlich in Oberösterreich in einer Garage gefunden.
„Der Besitzer wusste nicht, dass er einen verschollenen Klimt in der Garage hat"
Der Besitzer war sich nicht bewusst, dass er einen Klimt in der Garage aufbewahrt?
Ja, es war verpackt. Der Besitzer wusste nur, dass er ein rundes Bild hat.
In meiner Heimatstadt Neulengbach war Egon Schiele eingesperrt. Er hat Modelle angeblich mit Zeichnungen bezahlt. Könnten da noch welche bei mir daheim herumliegen?
Die Modelle werden heute nicht mehr so frisch sein, aber die Zeichnungen und Skizzen wird man im Umfeld von Neulengbach finden können. In Loosdorf etwa hat mich einmal jemand angerufen, er hätte etwas zu räumen. Als ich dort war, hat er gesagt, dass er viele Zeichnungen weggeschmissen hat, weil da nur "OK" obenstand. Das waren sicher Zeichnungen von Oskar Kokoschka, denn der hat in diesem Haus seinen Urlaub verbracht.
Was sagt so ein Mensch, wenn man ihn aufklärt, dass er Millionen weggeschmissen hat?
Es ist eben nicht wichtig was das für einen Wert hat. Es ist wichtig, dass es im Moment gesichert und nicht vernichtet wird. Dann kann man in Ruhe forschen wem es gehört.
Die Millionen-Bilder, die nun in Italien gefunden wurden, waren ja gestohlen. Der Besitzer hat sie aber um 23 Euro im guten Glauben gekauft, darum darf er sie behalten. Ist das in Österreich auch so?
„Ich habe ein Bild um 500 Euro am Flohmarkt gekauft. Es war Naziraubkunst und 2,5 Millionen wert. Ich habe es den Erben zurückgegeben."
Grundsätzlich ja. Es gibt aber auch Moral. Ich habe zum Beispiel ein holländisches Bild um 500 Euro auf einem Flohmarkt in Graz gekauft. Es war 2,5 Millionen Euro wert. Aber es war aus der Sammlung Gustiger aus Amsterdam. Aus dieser Sammlung hat Hermann Göhring 1.700 Bilder beschlagnahmt. Die Familie bekommt das Bild von mir selbstverständlich zurück.
Der Fall Gurlith zeigt, dass noch immer viel Nazi-Raubkunst im Umlauf ist. Da wurden in seinem Haus in Salzburg ja hunderte Gemälde gefunden.
Der Fall Gurlith freut mich besonders, denn diese Bilder waren alle schon abgeschrieben. Man dachte sie sind verbrannt. Ob sie ihm nun gehören oder nicht ist zweitrangig, das Wichtigste ist, dass sie erhalten sind.
Was ist Ihr größter Traum, was würden Sie gerne finden?
Ich glaube nicht an das gezielte Suchen. Etwa nach dem legendären Bernsteinzimmer. Ich habe etwa 50 Objekte, die mehr als eine Million wert sind auf meiner Liste. Ich glaube es ist wichtiger, das im Kopf zu haben und Botschaften zu erkennen als sich in einen Traum zu versteigen. Es gibt etwa noch verschollene Klimt-Bilder aus Schloß Immenhof. Die Nazis haben es angezündet, man vermutet dass die Gemälde verbrannt sind. Aber so lange das nicht bewiesen ist, können sie auftauchen. Auch von diesen Gemälden sind in der Zwischenzeit drei aufgetaucht.
Anbei das Video, welches auch ab 25.4. auf P3TV zu sehen sein wird.
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