Gericht sprach ihn frei
Pfleger legte Venenzugänge für Koks
Tödlich endete die vergangene Silvesternacht für eine 26-jährige Drogenkonsumentin, die sich intravenös Kokain spritze und damit gemeinsam mit ihrem Lebensgefährtin Abschied vom Drogenkonsum nehmen wollte.
BEZIRK BADEN (von Ilse Probst). „Wir sind wichtiger als die Drogen“, soll das Paar schriftlich vermerkt haben, wie der 33-Jährige als Zeuge beim Prozess am Landesgericht St. Pölten erklärte, wo sich ein diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger aus dem Bezirk Tulln wegen des Todes der Frau zu verantworten hatte. Staatsanwalt Michael Lindenbauer legte dem 32-Jährigen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang, Körperverletzung bei dem Lebensgefährten, sowie den Diebstahl medizinischer Produkte an seiner Arbeitsstelle im Universitätsklinikum St. Pölten zur Last.
Ja, er habe dem Paar zwei bis drei Mal Venenzugänge (Venflon) gesetzt und auch vermutet, dass diese dem Drogenkonsum dienen sollten. Natürlich habe er mit derartigen Konsequenzen nicht gerechnet. Zu den Diebstählen meinte sein Verteidiger, dass der Beschuldigte angeblich nicht der einzige sei, der Utensilien aus dem Krankenhaus mitnehme.
Wollten zu Silvester "high" sein
Die langjährige Bekannte des Angeklagten nahm im Oktober 2020 Kontakt zu ihm auf und bat, ihr und ihrem Freund an ihrer Wohnadresse im Bezirk Baden die Zugänge zu setzen. Am nächsten Tag schickte sie ihm eine Nachricht, dass alles gut gegangen sei. Ende Oktober „half“ der Beschuldigte ein weiteres Mal aus. Als sie zu Silvester einen besonderen High-Zustand erleben wollten, fuhren die beiden Drogenkonsumenten zu dem Pfleger in den Bezirk Tulln, wo man seine Hilfe abermals in Anspruch nahm. Zuhause verabreichte sich das Paar schließlich gegen 18 Uhr die erste Dosis Kokain, gegen Mitternacht eine weitere.
„Weil sie keine Vene mehr gefunden hat“, begründete der Lebensgefährte die Bitte um Hilfe beim Beschuldigten. Sie habe ihm auch erklärt, wie man danach vorgeht. Und – „Sie hat immer mehr gebraucht als ich.“
Gutachter Wolfgang Denk erklärte, dass eine Injektion hier eine vielfach stärkere Wirkung habe, als der Konsum durch die Nase. Es sei zwar keine wesentliche Überdosierung festgestellt worden, die toxische Wirkung hänge aber auch mit anderen Faktoren, etwa dem Gewicht des Konsumenten, zusammen. Ein Herz- Kreislaufversagen habe schließlich zum Tod der 26-Jährigen geführt.
Schöffensenat sprach Beschuldigten frei
Der Schöffensenat sprach den Beschuldigten in den Hauptanklagepunkten frei, zumal es sich beim Setzen des Venenzugangs um eine unbedeutende, vor allem gewünschte Verletzung gehandelt habe. Mit der Verabreichung des Kokains habe der Pfleger selbst nichts zu tun gehabt (rechtskräftig). Die Diebstähle wurden diversionell mit einer Geldbuße in Höhe von 2.200 Euro und einer Schadensgutmachung von 400 Euro abgehandelt.
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