Kinderschutz braucht neue Regeln

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Am 26. November 2010 ist die Tirolerin Verena Remler als Familienstaatssekretärin angelobt worden. Im Rahmen ihres Besuches in Pfaffstätten traf sie sich mit den Bezirksblättern zum exklusiven Gespräch.

BEZIRKSBLATT (zedl): Im Sommer 2011 soll das neue Bundes- und Jugendhilfegesetz umgesetzt werden. Was bedeutet das?
VERENA REMLER: „Ein besserer Kinderschutz soll damit erreicht werden, im Detail die gesetzliche Verankerung des 4-Augen-Prinzips bei der Gefährdungsabklärung der Kinder und Hilfeplanung, eine bundesweit einheitliche Statistik und Bestimmungen hinsichtlich des Datenschutzes. Das sind die Grundsätze des angestrebten Gesetzes, die Ausführung liegt dann an den Ländern.“

BEZIRKSBLATT: Stichwort „Wahlfreiheit“: Das klingt schön, aber die meisten Frauen haben gar nicht die Chance zu wählen. Wie kann man seitens der Politik die Rahmenbedingungen verbessern?
VERENA REMLER: „Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie beruht für mich auf drei Säulen: finanzielle Unterstützung, notwendige Infrastruktur und eine familienfreundliche Berufswelt. Zum finanziellen Aspekt gibt es die fünf Varianten des Kinderbetreuungsgeldes. Ein Modell, dem viele Männer auch positiv gegenüberstehen, da dies schon gehaltsangepasst ist. Besonders die beiden Kurzvarianten pauschal oder einkommensabhängig, werden von den Männern gut angenommen. Punkto Kinderbetreuungs-Infrastruktur liegt die Zuständigkeit bei den Ländern. Da ist in den letzten Jahren schon viel passiert. Allerdings gibt es bei der Betreuung der unter 3-Jährigen noch Nachholbedarf. Da ist es mir ein großes Anliegen, mit Hilfe einer Anschlussfinanzierung des Bundes den weiteren Ausbau voranzutreiben. Darüber habe ich auch schon mit dem Finanzminis-ter gesprochen. Und in punkto familienfreundliche Berufswelt gibt es schon viele innovative Unternehmen, denn viele erkennen, dass Familienfreundlichkeit eine Win-Win-Situation für beide Seiten ist. Auch im Sozialpartnerdialog ist es mir ein großes Anliegen, die Punkte Betriebskindergarten, Tele-Working, ein entsprechendes Karenzmanagement und flexible Arbeitszeitmodelle voranzutreiben. Ein wichtiger Aspekt ist bei dem Ganzen, dass der Wiedereinstieg nach der Karenz gut organisiert werden muss. Was nach der Karenz passiert, gehört schon vorher mit dem Unternehmen abgeklärt. Es gibt dazu auch schon wissenschaftliche Studien über den wirtschaftlichen Nutzen, die ergeben haben, dass es in familienfreundlichen Betrieben prinzipiell weniger Krankenstände und eine geringere Fluktuation gibt und dass die Frauen hier eher wieder zurückkehren.“

BEZIRKSBLATT: Die Gehaltsschere zwingt immer noch viele Paare dazu, dass die Frau in Karenz geht. Wie steht es da um die Wahlfreiheit der Männer?
VERENA REMLER: „Für mich ist klar, dass das kein reines Frauenthema ist. Immer mehr Männer wollen sich aktiv an der Kinderbetreuung beteiligen, Väterkarenz bedeutet allerdings noch immer bei vielen einen Karriereknick. Das liegt bei uns einfach am Bewusstsein.“

BEZIRKSBLATT: Warum ist das gerade in Österreich so?
VERENA REMLER: „Das liegt am Bewusstsein unserer Gesellschaft, denken Sie an die vielen Verbotsschilder für Kinder, z.B. „Ball spielen verboten“ . Aber auch in Richtung Frauen, dass nicht jene, die zu Hause bleiben, ‚verurteilt‘ werden. Auch diese Wahl hat seine Berechtigung und ist eine Leistung. Beruf und Familie sind eine starke Doppelbelastung, da gilt es, dass Politik, Gesellschaft und Wirtschaft zusammenwirken.“

BEZIRKSBLATT: Sie kommen selbst aus der Kommunalpolitik. Wie kann diese unterstützend zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie beitragen?
VERENA REMLER: „Die Gemeinden leisten einen wesentlichen Beitrag, denn die Familie braucht bestmögliche Lebensqualität. Dazu gibt es ja auch den Audit ‚familienfreundliche Gemeinde‘. Wenn Gemeinden auf familienfreundliche Parameter Rücksicht nehmen, dann bedeutet das ja auch eine bessere Standortqualität.“

BEZIRKSBLATT: Folgende Situation: Eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern sucht Wohnung, Job und Unterstützung. Es begegnen ihr aber Vermieter, die keine Kinder mögen, Arbeitgeber, die an ihrer Einsatzbereitschaft zweifeln und Menschen, die sich z.B. über Kinderlärm beschweren. Was raten Sie Ihr?
VERENA REMLER: „Leider sind viele Frauen in dieser Situation. Da braucht es finanzielle Unterstützung und dementsprechende Kinderbetreuung. Gerade in den Tagesrandzonen sind da die Tageseltern extrem wichtig. Hier haben wir ein Ausbildungscurriculum für Tageseltern entwickelt. Und jene Träger, die danach ausbilden, bekommen ein Gütesiegel .“

BEZIRKSBLATT: Aber was raten Sie ihr als Frau?
VERENA REMLER: „Nicht aufzugeben, stark zu bleiben. Und wichtig ist, dass die Frauen wissen, dass es Unterstützung gibt, z.B. mit Elternbildungsmaßnahmen, dafür gibt es jährlich 1,3 Mill. Euro aus unserem Ressort. Und mit den Familienberatungsstellen, an die sich Eltern wenden können.“

BEZIRKSBLATT: Was raten Sie Frauen, die sich in Ihrer Gemeinde politisch engagieren möchten?
VERENA REMLER: „Wenn sie wirklich wollen, dann sich unbedingt zu engagieren. Denn die Gemeindepolitik ist jene, die am Nächsten am Menschen ist. Und sich Netzwerke zu schaffen, allerdings nicht nur fraueninterne, sondern sich auch an jene der Männer anzudocken. Denn das beste Gelingen geht nur Miteinander.“

Zahlen, Fakten:
• 2008 bis 2013 sind rund 370 Mill. Euro als Unterstützung für die verbesserte Infrastruktur, d.h. Kinderbetreuungseinrichtungen, zugesagt. Bis 30. Juni haben die Länder noch Zeit, bisheriges abzurechnen. Mit Hilfe dieser Unterstützung sind allein in den Jahren 2008/09 17.600 neue Kinderbetreuungsplätze in Österreich geschaffen worden. In NÖ wurden 69 Mill. Euro in den Ausbau investiert, dadurch wurden 3.577 zusätzliche Plätze geschaffen. Natürlich mit Hilfe der Co-Finanzierung des Landes.

Verena Remler:
• Geb. am 26.11.1972
• Politische Tätigkeiten: Gemeinderätin der Stadt Lienz; Obfrau des Sozialausschusses (Lienz); Sozialreferentin des ÖAAB Tirol; Obfrau-Stellvertreterin des ÖAAB Tirol; Stellvertretende Bezirksobfrau der Tiroler Frauen in Lienz
• Berufliche Laufbahn: Juristin im Wirtschaftstreuhandbereich; GF des Tourismusverbandes „Oberes Iseltal“ in Osttirol; GF des Tourismusverbandes „Region Nationalpark Hohe Tauern“, GF des Gesundheits- und Sozialdienst Lienz

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