Laufbericht Erzberglauf 2013

Liebe LauffreundInnen,

vom Charakter her sind der Schneeberg-Trail und der Erzberglauf völlig konträr. Beim Trail läuft man über kleine und kleinste Pfade durch großteils unberührte Natur, beim Erzberglauf geht es über gewaltige Schottertrassen durch eine apokalyptische Landschaft, einen Spielplatz der Titanen. Dennoch, beide haben ihren Reiz, sind auf ihre Art unglaublich faszinierend und deshalb fix auf meinem Laufkalender.
Der Erzberglauf also, 12,5Km lang, 745 Höhenmeter. Zweimal war ich bisher dort, jeweils bei naßkaltem Wetter, und habe meine Fehler und Erfahrungen gemacht. Letztes Jahr war ich mit meinen 1:10:38 und dem 8. Klassenrang zwar schon sehr zufrieden, aber wie bei fast allen Rennen heuer ist mein Ziel: Etwa 1 Minute schneller, ein Platz besser ;-) Am Start hat es etwa 14° und zum Glück ist es bewölkt - Hitze und Sonne hatte ich ja vor einer Woche am Schneeberg genug!

Das Startsignal ist hier kein einfacher Pistolenschuss oder ein "3-2-1-LOS!" sondern passend zum Berg eine Sprengung! Das macht einen gewaltigen Kracher der den Boden erzittern lässt - sollte jemand noch nicht munter gewesen sein, jetzt ist er es! Also los, vom Start weg geht es eine riesige Rampe hinauf, an Bergwerksgebäuden vorbei. Die Streckenbegrenzung bilden gewaltige, fast 2 1/2m durchmessende LKW-Reifen an denen wir wie Zwerge
vorbeilaufen. Ich versuche auf den ersten Kilometern, meinen Rhythmus zu finden - bloß nicht zu schnell! Ich brauche meine Kräfte für die zweite Hälfte des Rennens und den steilen Zielanstieg - den will ich endlich einmal standesgemäß mit einem Sprint absolvieren, nicht "auf allen Vieren" so wie vor 2 Jahren. Also ruhig und gleichmäßig bergauf, schon mit ein wenig Druck aber ohne Hast - die Anderen kümmern mich nicht, wer´s eilig hat soll davonziehen, mir egal. Ein paar Leute die mich überholen merke ich mir aber doch - etwa Magdalena aus der W20-Klasse, die mir da leichfüßig davonläuft oder Franz, der mir verdammt nach einem direkten Konkurrenten aus meiner Altersklasse ausschaut. Wenn der dieses Tempo durchhält, dann sehe ich ihn wohl nicht wieder :-( Und dann natürlich noch Günter und Helmut, die "Kampfzwillinge" vom KSF Gym Leoben: Beide athletisch, breitschultrig, glatzköpfig, im schwarzen Laufdress, ziehen sie kraftvoll an mir vorbei. 2Km und 11:30 ... O.K., vom Gefühl her passt das Tempo, also weiter so ... 5Km und 28:30 und alles im grünen Bereich. Ich bin noch immer ganz locker unterwegs, merke aber daß einige in meiner Umgebung schon ganz schön arbeiten.

6Km - jetzt beginnt mein Lieblingsstück auf dieser Strecke: Fast 2Km geht es nun ziemlich flach dahin (komisch, das passt nicht ganz mit dem Streckenprofil auf http://www.erzbergsport.at/informationen/strecke/index.htm zusammen?!), gut zum erholen nach den bisherigen Anstiegen. Erholung habe ich aber nicht im Sinn, ganz im Gegenteil, für mich fängt das Rennen erst hier richtig an! Jetzt wird mal ordentlich Gas gegeben - es ist ein riesen Spaß, über den Schotter zu sausen und Läufer um Läufer zu überholen. Als ob ich mit meiner Aprilia auf der 3. Spur der Autobahn die Autos der Reihe nach schnupfe - hier aber ganz ohne Zivilstreife ;-) Siehe da, da ist ja die Magdalena ... und auch der Franz! Und am Ende des Flachstücks hab ich auch Günter und Helmut wieder eingeholt. Doch hier heißt es zurückschalten, Schluß mit der Tollerei, es wird wieder ernst und ziemlich steil, die kommenden 4 1/2Km haben´s noch ganz schön in sich. Günter und Helmut setzen sich wieder - jetzt aber langsamer - von mir ab, auch Magdalena und Franz schieben sich wieder vor - und überholen auch noch die "Kampfzwillinge". Hmmm ... die sind noch ganz gut beisammen aber ich hab sie im Auge, mein Rückstand ist nicht allzu groß und bleibt jetzt konstant.

10Km und 55:45 - sehr gut, ich bin voll in meinem Plan wenn ich jetzt nicht noch eingehe, aber danach schaut´s nicht aus :-) Ein kurzes Flachstück, schnell Gas aufreißen und ich bin wieder an Günter und Helmut dran. Der nächste Anstieg - und jetzt halte ich das Tempo der beiden. Schade daß ich keinen Fotoapparat dabei hab, wir drei müssen göttlich ausschauen. Alle in Schwarz, zwei glatzköpfige Hünen und ich daneben mit 62Kg und langen Haaren ;-))) Helmut scheint schon ziemlich am Ende zu sein, jedenfalls hör ich wie Günter ihn anfeuert und zu motivieren versucht, aber ihr Tempo sinkt. Also ist es Zeit für mich vorbeizugehen, ich hab ja vor allem Franz im Auge. Das ist anscheinend das Zeichn für Günter, sich von Helmut zu verabschieden und an mich anzuhängen - und so kommen wir in´s Plaudern. Was dann wieder ein ziemlicher Spaß ist - zügig bergauf laufend unterhalten wir uns locker und überholen dabei einige Leute, bis Günter noch ein wenig zulegen möchte und mich auffordert mitzuziehen. Ich winke aber ab, ich hab meine eigenen Pläne und die konzentrieren sich auf die letzten 400m, den steilen Zielanstieg und den geplanten Zielsprint.

Noch 400m, der Zielanstieg beginnt. Franz 20m vor mir, Magdalena 10m - und sie bekommt jetzt "Verstärkung" durch einen Freund oder Betreuer, der neben ihr herläuft und sie anfeuert ... hmmm, schneller wird sie aber nicht ... dafür spür ich nun auch die Anstrengung, der Puls steigt aber noch geht´s ... noch 300m ... Zuschauer stehen neben der Strecke, feuern uns an, Kuhglocken dröhnen ... eine Serpentine, Franz und Magdalena unverändert vor mir ... noch 200m ... die Strecke wird hier durch eine Bande eingeengt, wird zum Kanal und noch steiler, langsam muß ich an meinen Zielsprint denken. Aber verflixt, hier ist es so schmal daß ich kaum mehr überholen kann - wie komm ich bloß an Magdalena vorbei? Sie läuft auf der Ideallinie, links ist die Spur etwas ausgewaschen und holprig, nicht gut zum Beschleunigen ... also Vollgas und ich quetsche ich mich wie ein Rowdy rechts zwischen ihr und der Absperrung durch - tschuldige, Magdalena ... und jetzt Franz, auch der auf der Ideallinie, knapp an der Bande, da komm ich nicht durch. Die Spur macht eine leichte Rechtskurve, innen Franz, außen hängen Büsche herein und versperren den Weg - was tun? Ich hab inzwischen ein ziemliches Tempo drauf, bremsen kommt nicht in Frage also bleibt nur - Hände vor´s Gesicht und volles Tempo durchs Gebüsch - Äste peitschen, Blätter fliegen durch die Luft und ich bin durch und vorbei, den Zuschauern gefällts, die machen einen ziemlichen Lärm und jubeln :-)

Aber noch sind es 100m bis zum Ziel, so lang halt ich mein Tempo nicht durch, ich muß es ein wenig zurücknehmen ... was tut sich hinter mir? Starten die beiden einen Konter? Innerlich gespannt, bereit, jederzeit wieder voll durchzustarten und das Letzte aus mir rauszuholen falls wer an mir vorbei will lauf ich weiter, horche nach hinten, schaue nach vorne ... noch 30m, O.K., jetzt geht sich´s aus, nochmal beschleunigen und mit vollem Tempo durch´s Ziel - geschafft!!! In 1:09:12!!! Jaaaaaaaaaaa!!! Fast 1:30 unter meiner alten Bestzeit! Ich schnapp zwar nach Luft wie ein Fisch am Trockenen, aber nach einer Minute geht´s mir schon wieder besser, ich gratulier Magdalena und hab auch schon wieder Atem genug um mich mit Günter noch ein wenig zu unterhalten der kurz vor mir im Ziel war. Helmut ist inzwischen auch eingetroffen, der sagt aber nichts, ist anscheinend wirklich fix und fertig, hat aber meine Hochachtung - für einen Nicht-Läufer ist eine Zeit unter 1:10 hier herauf sehr beachtlich.

Also kann ich eine sehr positive Laufbilanz ziehen: Klare persönliche Bestzeit, geplante Taktik gut umgesetzt, viel Spaß gehabt - bleibt nur noch meine Platzierung in meiner Altersklasse. Bin ich da auch wie geplant einen Platz besser? Nachdem die Ergebnisse heraußen sind die Überraschung: Ich bin nicht nur einen sondern gleich drei Plätze besser als letztes Jahr - 5., ich fasse es nicht, Wahnsinn, irre!!!

Mal sehen, ob´s mir beim Wienerwaldlauf auch so gut geht. Bis dahin bleibt´s gesund und trainiert´s brav,

LG Hans

P.S.: Info´s, Bilder und Ergebnisse gibt es auf http://www.erzbergsport.at/

P.P.S.: Falls wer in die Gegend kommt hier noch 2 Ausflugtips: Der Leopoldsteinersee, ein traumhaft schöner Bergsee zum Bootfahren, Schwimmen und Drumrumspazieren (oder Laufen ;-)
http://www.eisenerz.at/cms/tourismus/sehenswertes/leopoldsteiner-see
Und die Ausstellung "Faszination Schädel", in Leoben, bis 1.12.2013 (http://www.schaedelkult.at/) - fremdartig, faszinierend, beeindruckend - und ziemlich anstrengend, wenn man in 2 Stunden durch sein will ;-)
Übrigens ist Leoben selbst auch sehr sehenswert - wusste ich garnicht, ich bin bisher immer nur vorbeigefahren - ein Fehler!