TTIP: Heftiges Rangeln um Abkommen
Große Chance oder Mogelpackung? Beim Thema TTIP prallen Für und Wider aufeinander.
BEZIRK (ah). TTIP, CETA, TiSA: Was bedeuten diese Abkürzungen, von denen so oft zu hören und zu lesen ist? Es verbergen sich dahinter die Freihandelsabkommen, die die Europäische Union mit den USA und Kanada aktuell verhandelt. Während die einen TTIP als große Chance sehen, den amerikanischen Markt zu erobern, mahnen die Gegner zur größten Vorsicht. Kritik geübt wird an der Einführung sogenannter Schiedsgerichte. Diese sollen zum Investitionsschutz von Konzernen über Schadenersatzansprüche gegen künftige Mitgliedsstaaten entscheiden können, ohne die nationalen Gerichte dabei einzubinden.
Auswirkungen auf die Landwirtschaft befürchtet
Der Agrarbereich sei laut Grünen-Nationalrat Wolfgang Pirklhuber besonders betroffen. Die großen Lebensmittelkonzerne wären im Besitz Hunderter Marken und hätten natürlich ein großes Interesse, TTIP durchzusetzen. "Die großen US-Handelsketten wollen in der EU Fuß fassen." Er ist der Meinung, dass die europäische Landwirtschaft die Bevölkerung hier zu ernähren habe und es nicht notwendig sei, Milch nach Übersee zu exportieren. Er befürchtet, dass durch das Handelsabkommen die Bauern in einen Wettbewerb mit amerikanischen Produzenten getrieben werden. Gentechnik im Essen sei in den USA erlaubt. „Ich habe nichts dagegen, dass Anhängerkupplungen in der Automobilindustrie in den USA und Europa einheitlich normiert werden, aber bitte nicht auf dem Rücken der Bauern.“ Die Gegner befürchten, dass die hohen gesetzlichen Gesundheits- und Umweltstandards in Österreich zurückgeschraubt werden. Laut Pirklhuber könnte der Markt verstärkt mit gentechnisch veränderten Futtermitteln und billigen Waren überschwemmt werden. Stichwort Chlorhuhn und Hormonfleisch. Bestätigt fühlt sich Pirklhuber durch eine Risikostudie im Auftrag des EU-Parlaments.
TTIP als Chance für Unternehmen
Die Befürworter sprechen hingegen davon, dass das Wachstum angekurbelt und Arbeitsplätze geschaffen werden. Sie sehen in diesen Abkommen eine große Chance für die EU-Wirtschaft. Gerald Weilbuchner ist JVP-Bezirksobmann und findet, dass das Thema teilweise sehr unsachlich und oberflächlich diskutiert werde.
Er hat zwei Monate in den USA verbracht und sich intensiv mit TTIP befasst. „Der Handel wird erleichtert, vor allem für kleine und mittlere Unternehmen“, so Weilbuchner. „Bereits im Europawahlkampf 2014 haben die Grünen die Chlorhühner plakatiert und damit den Menschen Angst gemacht“, ärgert sich der Jungpolitiker. „Die USA und die EU stellen gemeinsam 45 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Wir stehen in einem sehr harten Wettbewerb mit Asien. TTIP könnte komplizierte Hürden und Handelshemmnisse vermindern“, mahnt Weilbuchner zu mehr Ehrlichkeit in der Diskussion. Er wisse aus vielen Gesprächen mit Landwirten, dass sich diese schon lange in einem globalen Wettbewerb befinden. Auf die Schiedsgerichte angesprochen, meint Weilbuchner: "Das Abkommen arbeitet in zwei Richtungen. Auch EU-Unternehmen können die USA klagen, wenn es notwendig ist."
ZUR SACHE:
Ein Freihandelsabkommen regelt den Handel zwischen zwei Ländern oder Wirtschaftsräumen. Im Falle von TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) zwischen der EU und den USA. Ziel ist es, den Handel zu erleichtern, indem man Zölle abbaut und gemeinsame Standards definiert. Es gibt weltweit unzählige Freihandelsabkommen, TTIP ist jedoch das bisher größte. Immer wieder fällt in Zusammenhang mit TTIP das Wort "Chlorhuhn". In den USA ist es erlaubt, Hühner nach der Tötung in einem Bad aus Chlorlauge zu desinfizieren, um Salmonellen abzutöten. In der EU ist dieses Fleisch verboten. In Europa wird in der Massentierhaltung hingegen mit Antibiotika gearbeitet. Antibiotikaresistente Bakterien können so in die Nahrungskette gelangen. Auch diese Methode ist durchaus kritisch zu sehen und mehr als umstritten.
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