EUREGIO Forum 2013 beleuchtete den Fachkräftemangel von allen Seiten

- Bildtext: v.l.n.r.: Bgm. Albert Ortig (Vorsitzender Inn-Salzach-Euregio), Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in Gudrun Biffl (Dekanin der Fakultät für Wirtschaft und Globalisierungsfragen an der Donauuniversität Krems), Mag.a Silke Sickinger (Geschäftsstellenleiterin Regionalmanagement Geschäftsstelle Innviertel-Hausruck), Beate Windhager MSc (Regionalmanagerin für Nachhaltigkeit & Umwelt), Dipl. -Ing. Dr. HR Günther Knötig (Land OÖ, Direktion für Landesplanung, wirtschaftliche und ländliche Entwicklung)
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Veranstaltungszentrum des Stiftes Reichersberg bis auf den letzten Platz gefüllt
Ist der Fachkräftemangel hausgemacht?
Diese Frage stand im Mittelpunkt des EUREGIO Forums 2013. Zur Beantwortung dieser holte sich die Inn-Salzach-Euregio eine Koryphäe der Arbeitsmarktpolitik, Frau Prof. Dr. Gudrun Biffl, Dekanin der Fakultät für Wirtschaft und Globalisierungsfragen an der Donauuniversität Krems. Sie zeigte anfangs Versäumnisse im Verständnis von internationalen Megatrends auf, von denen sich kein Land abkoppeln kann. So sei international zu beobachten, dass es im Gefolge der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung zu einer zunehmenden Urbanisierung kommt.
Räumliche Konzentrationsprozesse finden sowohl zwischen Großstädten (Metropolisierung, Global Cities) als auch auf intraregionaler Ebene (Abwanderung aus dem ländlichen/peripheren Raum in Regionalzentren) statt. Als Negativbeispiel dafür nannte sie Frankreich:
„Da können Sie für Ihren Urlaub ein ganzes Dorf mieten – so leer ist dort der ländliche Raum“ skizzierte Frau Prof. Biffl die französische Situation.
Diese Entwicklungen sind in Zusammenhang mit grundlegenden gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technologischen Veränderungen zu sehen. Traditionelle Lebensformen verlieren an Bedeutung– unsere Gesellschaften sind von zunehmender Mobilität und Flexibilität geprägt, sowohl in der Arbeitswelt als auch im Privatleben.
„Alles ist flexibler geworden – Job, Beziehung, Wohnort,.. – wenn man dieser Flexibilität in der Politik nicht Rechnung trägt, dann hat man Fachkräftemangel“ betonte Frau Prof. Biffl.
Reformen müssen von der Gesellschaft getragen und gefordert werden
Sie forderte die Notwendigkeit eines öffentlichen Diskurses zum Thema, damit Reformen von der Gesellschaft nicht nur mitgetragen werden sondern sogar über einen politischen Prozess gefordert und vorangetrieben werden. „Wir brauchen z.B. einen öffentlichen Meinungsbildungsprozess zur größeren Akzeptanz von Frauen in ‚Männerjobs‘/ Männer in ‚Frauenjobs‘, von MigrantInnen als Ressource und nicht als Belastung, von Jungen/Alten als gegenseitige Bereicherung und nicht als Konkurrenz. Altersübergreifende Kontakte und Lernprozesse sind nicht nur für den einzelnen lebenswichtig, sie sind auch für die betriebliche Wettbewerbsfähigkeit und eine solidarische, lebensfreundliche Gesellschaft unverzichtbar. Wenn in Österreich der Unterschied im durchschnittlichen Stundenlohn von Männer und Frauen den zweitschlechtesten Wert in der EU hat, dann darf es uns nicht wundern, wenn bestqualifizierte Frauen den ländlichen Raum verlassen. Auch das ist Teil des Fachkräftemangels.“
Insbesondere ihr Vorschlag nach einer höheren Partizipation bislang bildungsferner Schichten an höherer Bildung regte die Gemüter der ZuhörerInnen.
„Ist unser Bildungssystem in der Lage, diesen Missständen Rechnung zu tragen, oder brauchen wir hier neue Wege in der Ausbildung“ brachte der Euregio-Vorsitzende, Bgm. Albert Ortig die Diskussion auf den Punkt.
„Es muss uns ein Anliegen sein, jungen Menschen den Wert des Handwerks wieder näher zu bringen“ appellierte die Bürgermeisterin der Stadt Grieskirchen, Frau Maria Pachner.
Derzeit haben in Österreich 8% der 15-Jährigen keinen Schulabschluss, eine erschreckend hohe Zahl.
Neues Bildungssystem als Antwort
Frau Prof. Biffl hatte dazu eine klare Antwort:
„Wir brauchen eine Reform des Bildungssystems sowohl bezüglich Organisation als auch Lehr- und Lerninhalte, um gegenüber Ländern, die in der Innovationskraft führend sind (Schweden, Dänemark, Finnland, Deutschland, Vereinigtes Königreich), aufzuholen.
Lebensbegleitende Weiterbildung, gendergerechtes Lehren, generationenübergreifendes Lernen und Weiterbildung im Betrieb, wir brauchen ein Bildungssystem, das diese Faktoren vereint. Dann wird es uns auch in Zukunft gelingen, unsere Wettbewerbskraft zu erhalten.“


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