Lehrerbewertung
Burgenlands Bildungsdirektor hält "Lernsieg"-App für "absolute Frechheit"
Jene App, die Schülern das anonyme Bewerten von Lehrern und Schulen ermöglicht, ärgert Burgenlands Bildungsdirektor Heinz Josef Zitz so sehr, dass er eine Nacht nicht schlafen konnte
BURGENLAND. Erst am Freitag veröffentlicht, ist die App "Lernsieg" des 18-jährigen Schülers Benjamin Hadrigan, mit der Lehrer und Schulen bewertet werden können, seit Montagabend schon wieder offline. Grund dafür sind die zahlreichen Hasskommentare gegen den Gründer. Burgenlands Bildungsdirektor Heinz Josef Zitz hat zwar keine negativen Kommentare verfasst, stellt der App aber im Gespräch mit den Bezirksblättern ein desaströses Zeugnis aus.
BEZIRKSBLÄTTER: Herr Zitz, was halten Sie von der "Lernsieg"-App?
HEINZ JOSEF ZITZ: Ich finde es eine absolute Frechheit, dass man Lehrer nun öffentlich bewerten und diese Bewertungen weltweit einsehen kann. Außerdem gibt es eine Reihe von ungeklärten Fragen: Wie wird die App finanziert? Wo sind die Daten her? Werden die Daten verkauft? Ich bin absolut für Bewertungen, aber wenn, dann innerhalb des Systems. Das Veröffentlichen der Daten in die ganze Welt hinaus halte ich nicht nur datenschutzrechtlich für bedenklich. Die Frage ist auch, was machen solche Apps mit den Menschen, wenn man bald alles öffentlich bewerten kann? Wo endet das Ganze? Als ich von der App das erste Mal gehört habe, habe ich mich so geärgert, dass ich eine Nacht nicht schlafen konnte.
BEZIRKSBLÄTTER: Wurde die App in den burgenländischen Schulen schon verwendet?
ZITZ: Ja, es gab schon Bewertungen im Burgenland. Aber darauf möchte ich gar nicht eingehen. Ich persönlich habe mir die App einmal angeschaut, aber sie interessiert mich keinen Millimeter.
BEZIRKSBLÄTTER: Gibt es vergleichbare Bewertungssysteme im Burgenland?
ZITZ: Das Bewerten von Lehrern ist ja nichts Neues. Seit über zehn Jahren gib es zum Beispiel ein eigenes System der PH Burgenland, wo die Lehrer sich von ihren Schülern anonym bewerten lassen können. Ich habe das selbst schon als Junglehrer genutzt.
"Bewertungen im Schnitt recht positiv"
Laut Claudia Paccosi von der Wiener PR-Agentur "pr a" war die umstrittene App am Wochenende mit 70.000 Downloads die "Nummer Eins im Ranking der Apps, vor WhatsApp oder Instagram". Bis Montagmittag zählte die App 16.513 Bewertungen für Schulen sowie 127.200 für Lehrer. "Die Bewertungen fielen im Schnitt recht positiv aus. Schulen erhielten durchschnittlich 3,88 Sterne, Lehrer 3,96 Sterne, was im Schulnotensystem einem 'Gut' entspricht", erklärt Paccosi in einer Aussendung. Der am meisten bewertete Lehrer habe 75 Bewertungen und 4,77 Sterne erhalten.
Zeitplan für neuerliche Freischaltung
Trotzdem sei App-Gründer Benjamin Hadrigan mit einer Flut an Hass-E-Mails konfrontiert worden, die dem Schüler weder in Menge noch Inhalt zumutbar seien. "Hadrigan und sein Team haben sich deshalb entschlossen, die App vorübergehend aus dem Netz zu nehmen, um eine Strategie für solche Angriffe zu entwickeln." Ein Zeitplan für die neuerliche Freischaltung der App werde derzeit entwickelt.
Datenschutzexperte prüft App
Laut einem Bericht des Standard haben Bildungsministerin Iris Rauskala sowie die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) am Dienstag den Datenschutzrechtsexperten Nikolaus Forgo von der Universität Wien mit einem Gutachten der App beauftragt. "Er soll unter anderem klären, ob bei der Datenverarbeitung die Rechte aller Betroffenen gewahrt bleiben", heißt es im Bericht.
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