GPA-djp-Geschäftsführer Michael Pieber

„Ohne Sozialpartnerschaft wäre es nicht möglich, eine Krise zu überstehen“

Interview mit Michael Pieber, Geschäftsführer der Gewerkschaft GPA-djp (Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier) Burgenland.

BEZIRKSBLÄTTER: Wie hat sich die Corona-Krise für die Gewerkschaft bemerkbar gemacht? Gab es mehr Beratungsaufwand?
MICHAEL PIEBER: Ja, es war und ist eine große Herausforderung. Im Burgenland hat es – mit über 3.000 – eine extrem hohe Zahl an Kurzarbeitsanträgen gegeben. Wir sind – vor allem im März – rund um die Uhr im Einsatz gewesen.
Wir konnten – als eines der wenigen Bundesländer – alle Kurzarbeitsanträge erledigen.
Und wir sind natürlich auch trotz Corona unter Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen in den Betrieben, damit wir in der Krise rasch zu Regelungen für die Kurzarbeit kommen.

Ich denke, dass auch die Betriebsräte viel zu tun hatten …
Absolut. Wir haben ungefähr 400 Betriebsrätinnen und Betriebsräte im Burgenland und für die war es eine extrem herausfordernde Zeit. Man hat dabei wieder gesehen, wie gut es mit Betriebsräten funktioniert, weil man sich kurz abstimmen und gemeinsam mit der Geschäftsführung mit den Mitarbeitern kommunizieren kann.

Stimmt der Eindruck, dass die Sozialpartner in der Corona-Krise wieder enger zusammengerückt sind?
Bei allen Unkenrufen gegen die Sozialpartner muss man ganz ehrlich sagen: Ohne Sozialpartnerschaft wäre es nicht möglich, eine Krise zu überstehen. Und ohne Wirtschaftskammer und Gewerkschaft würde es keine Kurzarbeit geben.

Welche Themenbereiche wurden von den Arbeitnehmern während der Corona-Krise am meisten nachgefragt?
Zum einen waren es viele arbeitsrechtliche Fragen, wie etwa das Thema Kündigungen und einvernehmliche Auflösungen. Hier raten wird dringend davon ab, vorgefertigte einvernehmliche Auflösungen sofort zu unterschreiben, sondern sich vorher beraten zu lassen.
Und dann gibt es natürlich das große Thema Kurzarbeit: Was heißt Kurzarbeit, wieviel verdiene ich während der Kurzarbeit? Die Einkommenssituation im Burgenland ist ja nicht so, dass es egal ist, wenn man 20 Prozent weniger bekommt.

Hat sich das Kurzarbeitsmodell bewährt?
Ja, es konnten dadurch viele Arbeitsplätze gerettet werden. Das aktuelle Kurzarbeitsmodell wurde viel deutlicher an die praktischen Herausforderungen der Betriebe angepasst. Positiv daran ist vor allem, dass man es für eine mittelfristige Überbrückung von Produktionsausfällen nutzen kann. Probleme hat es mit der Abrechnung gegeben, die aber mittlerweile behoben sind.
Und was ganz wichtig ist: Kurzarbeit bedeutet soziale Sicherheit und sozialen Frieden. Kurzarbeit zahlt sich auch deshalb aus, weil keine sozialen Unruhen entstehen.

Im Mittelpunkt einer aktuellen Kampagne steht das Urlaubsgeld – warum eigentlich?
Wir machen jedes Jahr auf das Urlaubsgeld aufmerksam, weil viele Menschen glauben, dass man automatisch Anspruch darauf hat. So ist es aber leider nicht. Das Urlaubsgeld ist nur im Kollektivvertrag abgesichert.

Derzeit wird über die Erhöhung des Arbeitslosengeldes diskutiert. Beschlossen wurde nun eine Einmalzahlung von 450 Euro. Ich nehme an, Sie sind damit nicht zufrieden …
Wir fordern eine nachhaltige Lösung. Und zwar muss das Arbeitslosengeld unbedingt auf 70 Prozent plus die Zuschläge erhöht werden, damit die Menschen mit ihrem Einkommen auch auskommen. Die Arbeitnehmer, die den Löwenanteil an Steuern in diesem Land bezahlen, dürfen gerade in einer solchen schwierigen Zeit nicht benachteiligt werden und sollen nicht in das finanzielle Aus fallen.

Ein weiteres – heiß diskutiertes – Thema ist die Forderung nach Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich. Allerdings gibt es in der SPÖ dazu nicht nur Zustimmung …
Wir haben ja sehr viele Fraktionen in der Gewerkschaftsbewegung. Die SPÖ ist eher auf das Thema „1.700 Euro Mindestgehalt“ fokussiert, das auch unserer Position entspricht.
Wir sagen aber auch, dass vor allem durch die Digitalisierung, die jetzt noch beschleunigt wurde, Arbeitsplätze wegfallen. Und es hilft der beste Kollektivvertrag und die beste sozialrechtliche Absicherung nichts, wenn es keine Arbeitsplätze gibt. Deshalb muss man die Arbeitszeit verkürzen, damit wieder mehr Menschen in Beschäftigung kommen.

Wie viele Mitglieder hat die GPA-djp im Burgenland?
7.300 Mitglieder – wir sind damit die zweitgrößte Gewerkschaft im Burgenland. Was mir aber ganz wichtig ist: Alle Gewerkschaften im Burgenland und alle 50.000 Mitglieder kämpfen miteinander und ziehen an einen Strang.

Sind Sie auf der Suche nach neuen Mitgliedern?
Wir sind ständig auf der Suche. Wir wollen als Gewerkschaft Partner, Berater und Servicestelle für die Arbeitnehmer sein. Neuerdings bieten wir auch Hilfe bei der Abgabe der Arbeitnehmerveranlagung an.