Paukenschlag nach Marathon-Verhandlung
8:0 Schuldsprüche im Wiederbetätigungs-Prozess
Kein Wort glaubten die Geschworenen dem Angeklagten. Ließen sich von seinen „Verharmlosungen und Relativierungen“ nicht beirren. Sprachen ihm jegliche Vertrauenswürdigkeit ab. Und urteilten in dem spektakulären 12-Stunden-Schwurgerichts-Prozess im Landesgericht Eisenstadt eindeutig. „Schuldig in allen zehn Anklagepunkten“. Mit 8 : 0 Stimmen! Die Richterin verdonnerte den 78-jährigen Burgenländer zu 3,5 Jahren Haft. Unbedingt. Nicht rechtskräftig.
EISENSTADT. Seine Ausreden nützten dem Pensionisten aus Eisenstadt-Umgebung nichts. Gar nichts. Zu eindeutig waren die Beweise. Zu klar die Ergebnisse von Hausdurchsuchungen, Erhebungen, Beschlagnahmungen und Verhöre durch das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung sowie vom Landeskriminalamt und der Landespolizeidirektion.
Trotzdem gab sich der Angeklagte über Stunden alle Mühe, den acht Geschworenen klarzumachen, dass er unschuldig ist. Versuchte Vorwürfe schönzureden. Entgegnete konkreten Vorhalten mit fadenscheinigen Begründungen. Hantelte sich mit Bagatellisierungen von Anklagepunkt zu Anklagepunkt.
Vorwurfsorgie der Staatsanwaltschaft
So etwa schrieb er sichergestelltes NS-Material großteils dem Nachlass seiner Mutter und Großeltern zu. Erfand für sich die Rolle des geschichtlich Interessierten - aber ohne jegliche Sympathie für rechtsextremes Gedankengut. Diese Argumentation stand allerdings im krassen Widerspruch mit der Vorwurfsorgie seitens der Staatsanwaltschaft.
Die reichte, wie berichtet, von öffentlichen Facebook-Postings mit Verherrlichung der nationalsozialistischen Ideologie, Sammlung und Besitz von NS-Propagandamaterial und -devotionalien mit Wiederbetätigungstendenz inklusive Hakenkreuz, gerahmten Bildern von Adolf Hitler bis hin zu abgespeicherten Bildern, Videos, Audiodateien, Texten von Liedern der Wehrmacht und der Waffen-SS sowie einem digitalen Schild mit der Aufschrift: „Juden sind hier unerwünscht“.
Verhetzung, Drogen, illegale Waffen, Rohrbomben
Neben dem Verbrechen nach dem Verbotsgesetz waren auch Verhetzung und Drogengeschäfte Teil der Verhandlung. Ergänzt durch den Besitz illegaler Schusswaffen. So hatte der Angeklagte einen Revolver, Kaliber 22, geladen in seinem Bett unter dem Kopfpolster deponiert. Die verniedlichende Argumentation des Angeklagten: Selbstschutz für seine Frau und ihn. Randbemerkung: auf seinem Bürotisch lag eine Pumpgun herum.
Eine „interessante“ Rechtfertigung fand der 78-jährige Pensionist für den Besitz von 400 Stück Schweizer Kracher. Die sollten nämlich nicht zum Bombenbau verwendet werden, sondern Vögel verscheuchen, ganz besonders Stare. Allerdings wurden bei dem Mann auch 10 Stück Rohre mit Verschlusskappen, drei Kilogramm Nitrozellulosepulver sowie eine Detailzeichnung zum Bau von Rohrbomben gefunden... Dass er bereits in Ungarn eine gebastelt und zur Explosion gebracht hatte, war für den Angeklagten nicht gerade von Vorteil.
Profunde Rechts-Finesse der Staranwältin
Obwohl die Wiener Staranwältin Dr. Astrid Wagner sich für ihren Mandanten ins Zeug legte, mit profunder Rechts-Finesse argumentierte und alle juristischen Hebel in Bewegung setzte, konnte sie den einstimmigen Spruch der Geschworenen nicht verhindern: "Schuldig in allen zehn Anklagepunkten".
Die Richterin sprach eine unbedingte Haftstrafe von 3,5 Jahren aus. Während der Angeklagte das Urteil akzeptierte, nahm die Staatsanwaltschaft eine Beratungszeit in Anspruch.
Spektakulärer Prozess in Eisenstadt: Wiederbetätigung, Drogen, Waffen, Rohrbomben
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