Frauenberatung
"Psychische Gewalt nimmt zu"
ENNS (up). Weihnachten: Das Fest der Liebe, Familienidylle unter dem Christbaum. Doch die Zeit um den Jahreswechels ist auch Hochsaison für häusliche Gewalt. "Alkohol, Stress und zu hohe Erwartungen an die Familie und sich selbst sind unter anderem Auslöser für Gewalt in der Familie. Es gibt immer wieder rund um die Weihnachtsfeiertage vermehrt Nachfrage an Beratung, allerdings kommen die meisten Damen erst im Jänner, um über Erlebtes zu erzählen beziehnungsweise um Wege und Möglichkeiten zu erfahren", weiß Christine Baumgartner, Leiterin und Beraterin beim Frauennetzwerk Linz-Land. "Ein weiterer Faktor ist auch, dass sich die Gesellschaft in den letzten Jahren geändert hat, es gibt fast kein Miteinander mehr und auch die Form des in Kontakt Tretens hat sich geändert. Es ist eine Distanzierung zur eigenen Person bemerkbar, dadurch spüren manche die Grenzen des Gegenübers nicht. Wahrscheinlich eines der größten Themen derzeit ist die Respektlosigkeit anderen gegenüber. Respektlosigkeit kann im täglichen Leben sehr rasch in Gewalt abgleiten."
Seit 2010 gibt es die Frauenberatungsstelle in Enns. Heuer nahmen von Jänner bis Ende Oktober bereits 312 Frauen das Angebot in Anspruch, 1004 Beratungen wurde persönlich, telefonisch und per Mail durchgeführt.
"Grundsätzlich betrifft Gewalt Frauen aller Altersklassen. Die jüngste betroffene Klientin in unserer Beratungsstelle war 16 Jahre alt und die zwei ältesten Damen waren 83 Jahre. Gewalt in den verschiedensten Formen – psychisch, physisch oder auch Missbrauch – passiert hauptsächlich innerhalb der Familie, aus unterschiedlichen Abstammungen oder Gesellschaftsschichten, es sind immer noch viele Frauen und Kinder, aber auch Männer davon betroffen", erzählt Baumgartner aus der Praxis.
Psychische Gewalt nimmt zu
"In den letzten Jahren nehme ich vermehrt eine Zunahme an psychischer Gewalt wahr, diese ist leider auch am schwierigsten nachweisbar. Frauen, die vom Partner unter Kontrolle gehalten werden, finden oft nur schwer den Weg nach außen, um Hilfe in Anspruch zu nehmen. Meist sind diese Klientinnen so eingeschüchtert und kommen mit einem ganz anderen Thema in die Beratung. Oft sind sie noch nicht dazu bereit, aus dieser Beziehung
auszusteigen. Meist kommen sie dann ein paar Jahre später, um konsequente Schritte zu setzen", weiß Christine Baumgartner. "Ein weiterer Anstieg ist in der Online-Kriminalität festzustellen und allgemein nehmen die Fälle mit
extremer Gewalt zu und auch die Aggressivität steigt. Gewalt an Frauen ist in den letzten Jahren sichtbarer geworden, ein Faktor ist unter anderem die verstärkte medialen Berichterstattung, das Ausmaß an Gewalt nimmt aber trotzdem zu. Es gibt zum Glück schon mehr Frauen, die den Mut haben und in die Beratungsstellen kommen, aber ich bin der Meinung, dass immer noch viel geheim gehalten wird und viel mehr in die Prävention gesetzt werden
muss."
Den Frauen fehle trotz vieler Maßnahmen zum Teil Informationen. "Gewalt in allen Formen ist immer noch Tabuthema in unserer Gesellschaft. Viele empfinden das auch normal, da sie in ihrer Familie seit Kindestagen nichts anderen gesehen und gelernt haben", sagt die Beraterin.
Leistbares Wohnen als Thema
Neben Unterstützung für Frauen die von Gewalt betroffen sind, bietet die Frauenberatungsstelle in Enns auch Bildungs-, Berufs- und Laufbahnberatung, Beratung in schwierigen Lebenssituationen, Besuchsbegleitung, Erziehungsberatung und Scheidungsberatung an. "Frauen können sich grundsätzlich mit allen möglichen Problemen an uns wenden. Berufs- und Bildungsberatung wird sehr häufig in Anspruch genommen, das heißt Unterstützung bei der Arbeitssuche und bei der Erstellung von Lebenslauf und Bewerbungsschreiben. Die Themen leistbares Wohnen, Armut/Finanzen, Trennung/Scheidung und Alleinerzieherin kommen öfters vor", erklärt Baumgartner.
Hilfe in Notlagen
Polizei: 133 oder 112
SMS Polizei: 0800/133 133 (auch Notruf für Gehörlose)
Frauenhelpline: 0800/222 555(Anonym, kostenlos und rund um die Uhr)
Frauennetzwerk Linz-Land/Frauenberatungsstelle Enns
telefonische Erreichbarkeit
0664 / 731 751 73
Montag, Dienstag und Donnerstag 09 - 13 Uhr
Mittwoch 14 - 18 Uhr
persönliche Erreichbarkeit
4470 Enns, Kirchenplatz 3
Montag 11 - 15 Uhr
Mittwoch 14 - 18 Uhr
Gewaltschutzzentrum Oberösterreich
Information, Beratung und Unterstützung
kostenlos und vertraulich
Stockhofstraße 40 (Eingang Wachreinergasse 2), 4020 Linz
Tel.: 0732/60 77 60, Fax: DW 10
ooe@gewaltschutzzentrum.at
Öffnungszeiten:
Mo - Fr 9 - 13 Uhr, Di und Do 9 - 20 Uhr;
Termin nach Vereinbarung
autonomes Frauenzentrum
Starhembergstraße 10, Ecke Mozartstraße, 2. Stock,
A-4020 Linz
Telefon: 0732/60 22 00
Fax: 0732/60 22 00 60
E-Mail: hallo@frauenzentrum.at
Facebook: aFz autonomes frauenzentrum
Gemeinnütziger Verein, unabhängig, anonym und parteilich für Frauen. Beratungen sind kostenfrei. Beratungen nur nach vorheriger telefonischer Terminvereinbarung.
Frauenhaus Linz
Notruf rund um die Uhr:
0732.606700
e-mail: office@frauenhaus-linz.at (während der Bürozeiten)
Postfach 1084
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