"Diplomierte Pflegekräfte sollen künftig Leistungen wie ein Arzt verrechnen können"

Karl Schwaiger, Vizepräsident des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes und Vorsitzender der Vereinigung der Pflegedirektoren Österreichs im Interview zum Bezirksblätter-Schwerpunkt "Pflege – das ist mein Beruf"
  • Karl Schwaiger, Vizepräsident des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes und Vorsitzender der Vereinigung der Pflegedirektoren Österreichs im Interview zum Bezirksblätter-Schwerpunkt "Pflege – das ist mein Beruf"
  • hochgeladen von Stefanie Schenker

Krankenschwestern rangieren in Österreich laut Reader's Digest an dritter Stelle, wenn es um die vertrauenswürdigsten Berufe geht. Nur Feuerwehrleute und Apotheker liegen noch besser. Ist das nicht ein gutes Zeichen?
KARL SCHWAIGER:
Ja, das finde ich schon. Dieses hohe Vertrauen der Bevölkerung ist aber irgendwo auch logisch, weil Pflegekräfte ja ganz nahe bei den Menschen sind.

Ab wann soll die Ausbildung der diplomierten Pflegekräfte österreichweit
an Fachhochschulen stattfinden? Was ist der Vorteil im Vergleich zu jetzt – für Pfleger und für Patienten?
KARL SCHWAIGER:
Nach Wunsch der Landesgesundheitsreferenten soll es noch heuer zu dieser Gesetzesänderung kommen. Wir sind gerade in der Phase der Stellungnahmen zum Curriculum der Pflegeassistenz – dieser neue Beruf wird mit der Ausbildungsreform aus dem der jetzigen Pflegehilfe hervorgehen. Das wird eine viersemestrige Ausbildung mit dann erweiterten Tätigkeitsbereichen. Diese Tätigkeitsbereiche werden denen der jetzt diplomierten Pflegekräfte sehr nahe kommen. Diese wiederum werden künftig einen Bachelor-Abschluss erhalten.

Was ist der Vorteil der neuen Ausbildung im Vergleich zu jetzt – für Pfleger und für Patienten?
KARL SCHWAIGER:
Die zunehmende Komplexität im Pflegebereich erfordert einfach ein Studium. Die künftigen Pflegekräfte erhalten so fundiertes Fachwissen, mithilfe dessen sie ihre Aufgaben lösen können. Gleichzeitig werden die praktischen Kenntnisse aber gleichwertig in der Ausbildung bleiben. Das alles wird zu mehr Qualität am Patienten führen. Und für die Pflegekräfte werden die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten deutlich verbessert. Nach dem Bachelor kann man eine Spezialisierung etwa in der Intensivpflege, für Diabetes oder in vielen anderen Bereichen machen. Die nächste Stufe ist dann der Master, zum Beispiel im Wundmanagement. Zudem wäre damit die Anbindung an die internationalen Gegebenheiten endlich vorhanden. Bisher sind Österreich, Deutschland und Liechtenstein EU-weit die einzigen, die keine tertiäre Pflege-Ausbildung anbieten. Zudem

Es gibt ja bereits eine Ausbildung an der FH Puch.
KARL SCHWAIGER:
Ja, und dort wird dann auch die neue Ausbildung stattfinden. In einem ersten Schritt ist geplant, 40 Ausbildungsplätze von der Krankenpflegerschule am Landeskrankenhaus dorthin zu transferieren.

Wie sieht es mit der künftigen Ausbildung in den Regionen aus?
KARL SCHWAIGER:
Wir brauchen sicher ein System, in dem die FH Puch mit den bestehenden Ausbildungsstandorten wie im Pongau oder im Pinzgau kooperiert. Dort soll dann nach dem Curriculum der FH direkt vor Ort unterrichtet werden.

Wie viele Pflegekräfte braucht Salzburg in den kommenden Jahren und wie gut sind wir dorthin unterwegs?
KARL SCHWAIGER:
Bis 2020 benötigen wir 630 zusätzliche diplomierte Pflegekräfte und 280 Pflegehelfer. Dazu braucht es zusätzliche Ausbildungsplätze und die müssen finanziert werden. Die Kosten für einen Jahrgang belaufen sich auf rund 20.000 Euro pro Person. Da werden wir schauen müssen, wer bisher noch nicht mitfinanziert und trotzdem jetzt schon mitnascht: Rechtsträger von Seniorenheimen etwa oder Anbieter von Hauskrankenpflege, aber auch Privatkliniken. Da wäre eine Form der solidarischen Finanzierung schon sinnvoll.

Welche Rahmenbedingungen müssen verändert werden, damit Pflege besser funktionieren kann?
KARL SCHWAIGER:
Im Bereich der Gehälter gibt es noch Optimierungspotenzial. Wir brauchen nicht unbedingt generelles neues Lohnschema, aber das Karrieremodell der Pflegekräfte in den SALK könnte man für den ganzen Pflegebereich übernehmen. Dort gibt es Zulagen für zusätzliche Ausbildungen, die zusätzliche Übernahme von speziellen Pflegetätigkeiten mit höherer Komplexität und Verantwortung mit sich bringen. Die neue Pflegeausbildung an der FH wird zusätzliche Aufgaben mit sich bringen, daher wäre das nur fair.

Wie gut funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pflegekräften? Gibt es da Optimierungsbedarf?
KARL SCHWAIGER:
Hier gibt es derzeit noch extremen Widerstand der Ärztekammer, was Aufgaben angeht, die Pflegekräfte von den Ärzten übernehmen sollen. Eine gute Zusammenarbeit bedeutet nämlich nicht, dass die Pflegekräfte nur zuarbeiten und abgerechnet wird vom Arzt, sondern gemeinsames Arbeiten am Patienten. Und da sollte es keine Tabus geben. Ich denke da zum Beispiel an Pflegepraxen oder Teams, die aus Allgemeinmedizinern, diplomierten Pflegekräften und Ordinationshilfe bestehen. Dort muss man schauen, dass Pflegekräfte als Selbstständige arbeiten und ihre Leistungen eigenständig verrechnen können. Da muss man dann den Verrechnungskatalog der Sozialversicherungsträger auch für diplomierte Pflegekräfte aufmachen.

Was bringt die Pflegegeldeinstufung durch die Pflegekräfte?
KARL SCHWAIGER:
Eine höhere Qualität für die Patienten – das sehen wir jetzt bei der Pflegestufe vier anhand der vielen positiven Rückmeldungen, und wir arbeiten daran, dass das auch für Pflegestufe drei möglich wird. Der Vorteil für die Patienten liegt darin, dass die Pflegekräfte mit der Pflegeberatung ein gewisses Extra bieten, das die Ärzte nicht bieten können. Für eine ärztliche Diagnose etwa von Demenz wird man freilich immer einen Arzt brauchen, aber wenn es um normale, altersbedingte Einschränkungen geht, dann stehen ja pflegerische Fragen im Vordergrund wie: Wo kann man einen Haltegriff im Bad montieren? Wie kann ich Stolperfallen in der Wohnung ausschließen? Wo gibt es in der Nähe einen ehrenamtlichen Besuchsdienst? Denn das hilft den Patienten weiter.

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