Not und Elend im Flachgau
Vor hundert Jahren waren die Menschen im Flachgau kriegsmüde, hungrig und verzweifelt. Der Friede brachte etwas Hoffnung.
FLACHGAU (kle). Die Lage war verzweifelt. Von der ehemaligen Kriegsbegeisterung der Bevölkerung war nichts übrig geblieben. Im letzten Kriegsjahr stiegen die Opfer noch an. Am 18. Jänner 1918 war im Flachgau noch die Musterung der 17jährigen. Die Menschen sahen die endlosen Elendszüge von und zur Front. "Fortwährend Militärtransporte, täglich zehn bis fünfzehn, mit 60 bis 70 Waggons" schrieb der Seekirchner Schneidermeister Franz Janka in seinen Aufzeichnungen.
Flüchtlinge
Dazu kamen die vielen Flüchtlinge und Kriegesgefangenen. In Bürmoos, Lamprechtshausen, Dorfbeuern, St. Georgen und den umliegenden Gemeinden waren die letzten Kriegsjahre hindurch viele Leute angekommen, die in ihrer Heimat nicht bleiben oder nicht dorthin zurückkehren konnten. Da waren internierte russisch-polnischen Familien, die in zugigen Baracken der früheren Ziegel- und Torfarbeiter in Bürmoos eingesperrt wurden und dort auch Kinder gebaren. Oder eine Gruppe galizischer Juden, deren Heimat Kriegsschauplatz war. Eine große Gruppe bildeten auch russische Kriegsgefangene, die zum Arbeitseinsatz in Salzburg abkommandiert worden waren.
Hungersnot
Mithilfe der Gendamerie requirierte der Staat auf den Flachgauer Bauernhöfen Getreide und Erdäpfel. Der Viehbestand war auf Grund der Heulieferungen für die Pferde des Heeres nicht mehr zu halten. Die Not zog die Stadt-Salzburger immer weiter auf's Land zu ihren Hamsterzügen. So wurden im Sommer 1918 die zwei Söhne des Redakteurs des Salzburger Volksblatts in Henndorf verhaftet. Die Buben waren beim Diebstahl von fünf Kilogramm Kartoffeln erwischt worden und wurden vom Bezirksgericht Neumarkt zu vier Monaten Haft verurteilt. Es bedurte eines guten Anwalts um die Strafe in einen Freispruch zu verwandeln.
Krankheit und Tod
"Am ersten November wird der große Weltkrieg endlich gar, nachdem noch mein Bruder Hans am Isnonzo gefallen ist" schrieb Janka. Doch nach der Not folgt eine Grippewelle: "Sie wütet furchtbar, auch bei uns stirbt von meiner Schwester ein Mädl. Klara..." Die Todesbilanz war schrecklich. Von den 49.000 Soldaten, die aus dem Land Salzburg in den Krieg zogen, fanden 6.000 den Tod.
Hoher Besuch in Anif
Während in München der Freistaat Bayern ausgerufen wird, sucht der bayrische König Ludwig der Dritte Zuflucht auf Schloss Anif. Er bestellte am zwöflten November 1918 den ehemaligen Vorsitzenden des Ministerrates zu sich, und entband die bayerischen Beamten und Soldaten von dem auf ihn geleisteten Treueid. Mit dieser Anifer Erklärung kehrte dieser nach München zurück.
Quellen: 1300 Jahre Seekirchen, Herausgeber Elisabeth und Heinz Dopsch. Bürmoos im Ersten Weltkrieg – Krise und Niedergang von Wolfgang Bauer. Fernab der Front – dennoch im Krieg von Oskar Dohle und Thomas Mitterecker.
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