Der Politik auf die Sprünge helfen – für mehr Lebensqualität in den Regionen
Regionen Österreichs wollen bei einer Tagung in Salzburg ihre Anliegen bündeln und für Politik umsetzbar machen.
BEZIRKSBLÄTTER: Herr Keuschnigg, Sie sind Geschäftsführer des Vereins "regionen.österreich". Was ist der Zweck Ihres Vereins?
GEORG KEUSCHNIGG: "Wir wollen wie eine NGO – also losgelöst von jeder Parteipolitik – die Anliegen der Regionen aufgreifen und für die Politik umsetzbar machen."
BEZIRKSBLÄTTER: Was kann das zum Beispiel sein?
GEORG KEUSCHNIGG: "Zum Beispiel trägt der Markt es nicht, dass die Breitbandausstattung bis ins letzte Tal ausgedehnt wird. Aber genau das brauchen wir auch in den entlegensten Tälern, denn das ist Basisinfrastruktur, die die den Ballungsräumen vorbehalten bleiben darf. Gerade für Ein-Personen-Unternehmen etwa in der Kreativwirtschaft ist das ein entscheidender Punkt. Und wir wollen nicht, dass diese Unternehmer alle in die Zentralräume abwandern müssen. Oder denken Sie an ein vier- oder fünf-Sterne-Hotel am Land, da wollen die Gäste mit ihren Tablets online sein, auch dazu braucht es die technischen Voraussetzungen. Und das muss von der Politik gefördert werden."
BEZIRKSBLÄTTER: Sie haben die Abwanderung aus den Regionen angesprochen. warum ist das so ein wichtiges Thema?
GEORG KEUSCHNIGG: "Laut Statistik Austria werden bis 2050 eine zusätzliche Million Menschen in den Großraum Wien ziehen, knapp drei Viertel aller Bezirke Österreichs werden dafür mit Abwanderung zu kämpfen haben. Das liegt auch an der zentralistischen Politik. Und diese Entwicklung wollen wir umkehren, es ist höchste Zeit für eine ausgewogene, dezentrale Politik."
BEZIRKSBLÄTTER: Die wichtigsten politischen Entscheidungsträger sitzen aber alle in Wien, wo es genügend Infrastruktur gibt, egal ob im Datenverkehr oder im öffentlichen Verkehr.
GEORG KEUSCHNIGG: "Das ist ja das Dilemma. Nur ein Beispiel: Deutschland hat seine Bundesdienststellen, also Ministerien und andere politische Institutionen, auf 35 Standorte verteilt, sogar die kleine Schweiz hat dafür acht Standorte, nur in Österreich ist alles in einer einzigen Stadt. Wer sagt denn, dass zum Beispiel die Veterinärmedizin unbedingt in Wien stehen muss? Und das gilt natürlich für viele andere Einrichtungen auch."
BEZIRKSBLÄTTER: Gilt das auch für die Frage, warum in Wien unverhältnismäßig viele Bundesmittel für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs eingesetzt werden?
GEORG KEUSCHNIGG: "Ja, selbstverständlich, in Wien lebt ein Fünftel aller Österreicher, aber in Wien werden mehr als die Hälfte (54%) der Verkehrsgelder des Bundes ausgegeben. Das heißt, die Pinzgauer, die vielleicht nicht einmal eine ordentliche Busverbindung in irgendein Tal haben, zahlen mit ihren Steuern den U-Bahn-Ausbau."
BEZIRKSBLÄTTER: Und wie wollen Sie das ändern?
GEORG KEUSCHNIGG: "Wir wollen diese negativen Entwicklungen aufzeigen und der Politik verständlich machen. Was wir fordern, ist eine gezielte Dezentralisierung."
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