Armut
Corona verschärft Geldnöte massiv

- Der Großteil des Geldes geht für Mieten drauf
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FREISTADT, PREGARTEN. Eine 48-jährige Frau verlor ihren Job. Die Firma, in der sie seit ihrem 16. Lebensjahr arbeitete, musste als Folge von Corona zusperren. Die Frau war noch nie arbeitslos, hat noch nie einen Lebenslauf oder eine Bewerbung schreiben müssen. "Jetzt fürchtet sie natürlich, nie mehr einen Job zu finden", sagt Renate Leitner. Die Geschäftsführerin des Sozialservice Freistadt ist in diesen Tagen oft mit solchen oder ähnlichen Fällen konfrontiert. Viele Menschen, die nicht mehr ein und aus wissen. Die nicht wissen, wie sie mit der plötzlichen und zwangsbedingten Freizeit umgehen sollen. Die keine Arbeit, keine Perspektive und wegen der Covid-19-Pandemie keine sozialen Kontakte haben. "Die Einsamkeit macht alles noch viel schwieriger und bedrückender", sagt Leitner.
Delogierungen drohen
In den Beratungsgesprächen, die sie und ihre Kolleginnen in Freistadt und Pregarten führen, stehen finanzielle Sorgen neben pflegerischen Anfragen ganz oben auf der Liste. Corona hat die Situation zusätzlich verschärft. "Der Großteil des Einkommens wird für die Miete verwendet", sagt Leitner. Zu Beginn der Krise wurde von der Regierung die Möglichkeit gegeben, dass die Miete vorerst nicht bezahlt oder nur ein Teil bezahlt werden musste. "Manche Mieter hatten kein Einkommen, daher war dies eine gute Möglichkeit, in der Mietwohnung zu bleiben und einer Delogierung zu entgehen." Die Mietrückstände sind jedoch offen. Zum Jahresende, fürchtet Leitner, könnten etliche Zwangsräumungen daherkommen. "Wir hatten auch früher Klienten, die von Delogierung bedroht waren. Da waren die Kosten jedoch weit geringer und wir konnten durch diverse Ansuchen und Ratenzahlungen die Wohnung erhalten." Dies sei bei den hohen Rückständen, die sich jetzt angehäuft hätten, kaum mehr möglich.
Es fehlt an Know-how
Da Ämter und Behörden nur eingeschränkt Termine vergeben, hat das Sozialservice Freistadt momentan einen großen Zulauf. Viele Menschen sind auf derartige Einrichtungen angewiesen. Ihnen fehlt das Know-how, mit Wohnbeihilfe-Formularen umzugehen oder einen Pflegeantrag für einen Angehörigen zu stellen. Oft fehlt es auch an der Hardware: kein Computer, kein Drucker, kein Internet. Für sie ist es besonders schwierig – und auch hier helfen die Expertinnen des Sozialservice weiter.
Verlorene Rituale
Theresa Schinnerl-Leitner, Mitarbeiterin der Beratungsstelle in der Freistädter Hessenstraße, stellt fest, dass viele Menschen zu Hause vereinsamen. Der Pensionist, der sich früher mit seinen Bekannten regelmäßig am Würstlstand getroffen hat, kann sein Ritual nicht mehr ausführen. "Manchmal kommen die Leute zu uns, um einfach nur zu plaudern", sagt Schinnerl-Leitner.
Sozialtopf für ärgste Nöte
Um die ärgsten Nöte zu lindern, verfügt das Sozialservice über einen Sozialtopf. Ein Aufruf auf YouTube hat einiges an Spendengeldern eingebracht. "Diese gaben wir während der vergangenen Wochen und Monate an Familien, Alleinerzieherinnen und Pensionisten weiter", sagt Geschäftsführerin Leitner. Der Fonds muss jetzt wieder dringend gefüllt werden. Gemeinsam mit der Volkshilfe und der Pfarre Freistadt wurde außerdem die Aktion "Kindern Freude schenken" ins Leben gerufen. Ziel ist es, dass sich jedes Kind, egal in welcher Familie es aufwächst, über ein kleines Weihnachtsgeschenk freuen soll.
IBAN für Spenden in den Sozialtopf:
AT75 1860 0001 1101 0550


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