"Wir würden gerne selbst mehr entscheiden"
Das Geld wird immer knapper, die Aufgaben komplexer. Was wünschen sich die neuen Bürgermeister?
HIRSCHBACH, GRÜNBACH (hel). Wolfgang Schartmüller aus Hirschbach und Stefan Weißenböck aus Grünbach waren beide schon als Vizebürgermeister engagiert und wussten in etwa, was auf sie zukommt. Kürzlich wurden sie zu Bürgermeistern gekürt. „Es ist aber schon ein gewaltiger Schritt vom Vize zum Bürgermeister. Schließlich muss man die endgültigen Entscheidungen treffen und die Verantwortung dafür tragen“, so Schartmüller. Diese Verantwortung ist einige Gemeindeoberhäupter in der Region bereits teuer zu stehen gekommen. Sie standen beziehungsweise stehen noch vor Gericht. Viel Arbeit, so manche Kritik, hoher Zeitaufwand: Warum tut man sich dieses Amt überhaupt noch an? Was können und dürfen sich die Bürgermeister an Unterstützung erwarten? Die Amtsgeschäfte neben dem Beruf zu führen, ist kaum mehr möglich. Wolfgang Schartmüller hat seine Stunden in der Raiffeisenlandesbank um zehn reduziert. Im Hause Weißenböck wird die Frau den Hof alleine führen, damit sich der Lichtenauer ganz der neuen Funktion widmen kann. Beide haben auch Glück mit ihren Gemeinde-Mitarbeitern, auf die sie
sich verlassen können.
Viele Herausforderungen
Schartmüller: „Das Bild, das manche von einem Bürgermeister haben, irritiert mich ein wenig. Sie glauben, dass man überall dabei sein und mitreden muss.“ Dabei sind angesichts wichtiger und großer Projekte Manager-Qualitäten gefragt. Herausforderung in beiden Gemeinden: Wohnraum für Junge und altersgerechte Lösungen für Senioren zu schaffen. Gerade in Sachen Wohnbau plagen die Bürgermeister Sorgen. Das Korsett der derzeitigen Raumordnung sei viel zu eng. Viele junge Familien sind gezwungen, wegzuziehen. Manche Hofbesitzer würden außerdem gern leerstehende Hallen an Unternehmer vermieten – womit beiden gedient wäre und die Firmenchefs nicht neu bauen müssten. Auch das ist derzeit nicht möglich. Schartmüller: „Natürlich muss auf eine ordentliche Raumordnung geachtet werden. Mir als Bürgermeister ist es wichtig, über die Hintergründe Bescheid zu wissen, damit ich das auch den Bürgern erklären kann.“ Aber die derzeitigen Bestimmungen seien einfach zu streng.
In Sachen Bebauung und auch in vielen anderen Angelegenheiten wünschen sich die Bürgermeister mehr Entscheidungsfreiheit. Jede Gemeinde hat andere Probleme und Bedürfnisse. „Wir planen ohnehin nicht aus dem Bauch heraus, sondern überlegen uns genau, welche Projekte wichtig sind. Wir würden gerne selbst mehr entscheiden.“
Auch die Bürokratie macht den Kommunen zu schaffen. Weißenböck: „Manches ist schwierig umzusetzen. Und es muss nicht sein, dass alles doppelt und dreifach geprüft wird!“ Die Kritik an manchen Ausgaben kann er nicht nachvollziehen. „Die Vereinsförderung lasse ich mir sicher nicht nehmen. Die Vereine sind einfach wichtig für das soziale Leben im Ort!“
Trotz mancher Hürden und noch unerfüllter Wünsche bereuen es beide nicht, sich für dieses Amt entschieden zu haben: „Die schönen Momente überwiegen!“
Wolfgang Schartmüller:
HIRSCHBACH. Der neue Bürgermeister heißt Wolfgang Schartmüller (40), ist ledig und arbeitet als Versicherungsberater bei der Raiffeisenlandesbank in Linz. Der Ingenieur ist im Ort besonders kulturell engagiert, etwa bei der Schuhplattlergruppe oder, wenn es sich zeitlich ausgeht, bei einem Chor. Einen Großteil seiner Freizeit verbringt er auf der Baustelle – sein neues Haus möchte er noch heuer beziehen. Infos: www.facebook.com/hirschbach.at
Stefan Weißenböck:
GRÜNBACH. Der neue Bürgermeister Stefan Weißenböck (47) wohnt in Lichtenau, ist mit Margit verheiratet, die jetzt den Milchviehbetrieb führt, und hat zwei Töchter (14 und 22 Jahre alt). Stefan Weißenböck ist seit Jahren im bäuerlichen Bereich engagiert – Umwelt und Hackschnitzel sind ihm ein besonderes Anliegen. So ist er Obmann der Bioenergie Grünbach und Obmann der Biomasse Region Freistadt. Infos: http://www.gruenbach.ooe.gv.at
Kommentar:
Mehr Manager als „Gemeindevater“
¶ Manche Bürger wollen alles – und das sofort! Der Wind, der den Gemeindeverantwortlichen entgegenbläst, wird immer rauer. Wer sich ungerecht behandelt fühlt, fackelt nicht lange, sondern klagt. Einige Bürgermeister der Region standen in den vergangenen Monaten oder Jahren vor Gericht. Umso erstaunlicher, dass sich trotzdem immer wieder engagierte Menschen finden, die sich an die Spitze einer Gemeinde stellen und ihren Ort weiterentwickeln wollen. Das sollten die Bürger honorieren und ihren Ortschefs etwas mehr Respekt entgegenbringen. Auch das Amtsverständnis hat sich grundlegend geändert: Es muss nicht sein, dass die Ortschefs bei jedem Festl dabei sind oder überall mitreden müssen. Managerqualitäten sind gefragt.
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