CORONA
Ängste, Sorgen, Hoffnungen und die "neue Normalität"

Von links: Johanna Jachs (ÖVP), Michael Lindner (SPÖ) und Peter Handlos (FPÖ). | Foto: Parlament/SPÖ/Land OÖ
  • Von links: Johanna Jachs (ÖVP), Michael Lindner (SPÖ) und Peter Handlos (FPÖ).
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BEZIRK FREISTADT. Die Nationalratsabgeordnete Johanna Jachs (ÖVP) sowie die beiden Landtagsabgeordneten Michael Lindner (SPÖ) und Peter Handlos (FPÖ) vertreten die Interessen des Mühlviertels auf Bundes- bzw. Landesebene. Wir haben die drei Politiker zum Thema Corona befragt. Was sind ihre Sorgen und Ängste? Was gibt ihnen Hoffnung? Und was verstehen sie unter "neuer Normalität"?

Wie beurteilen Sie den Umgang der Bundesregierung mit der Corona-Pandemie?

JOHANNA JACHS: "Die Corona-Krise stellt uns alle vor bisher ungeahnte Herausforderungen. Die aktuellen Fallzahlen und Neuinfektionen zeigen, dass wir in Österreich auf einem guten Weg sind. Unsere Bundesregierung hat schnell und konsequent mit den richtigen Maßnahmen reagiert und auch der überparteiliche Schulterschluss hat funktioniert. Natürlich konnte das nur funktionieren, weil die Bevölkerung die Maßnahmen konsequent und diszipliniert mitgetragen hat. Ich bitte wirklich alle, sich auch weiterhin an die Maßnahmen zu halten, damit der schrittweise Weg in die 'neue Normalität' gelingen kann."

MICHAEL LINDNER: "Ich habe vor allem Respekt vor den Menschen in unserem Land – so viel 'aufeinander schauen' und die Disziplin sind der Grund, warum wir derzeit verhältnismäßig gut durch die Krise kommen. Gute Vorsorgemaßnahmen zum Schutz unserer Gesundheit unterstütze ich, da haben wir gerade noch rechtzeitig reagiert. Angesichts der Situation in Tirol wird man aber schon noch einige Fragen stellen müssen. Jetzt geht es mir aber darum, dass aus der Gesundheitskrise in den nächsten Monaten keine Sozialkrise wird."

PETER HANDLOS: "Ich denke speziell am Anfang der Krise wurde zu lange zugewartet, bis Maßnahmen ergriffen wurden. Das Aufzeigen von Horrorszenarien anhand von Beispielen etwa aus Italien trug nicht zur Beruhigung der österreichischen Bevölkerung bei. Die Maßnahmen für die Wirtschaft haben einen zehnmal höheren Anstieg der Arbeitslosen in Österreich nach sich gezogen als zum Beispiel in Deutschland. Was wurde da falsch gemacht? Fast schon tägliche Pressekonferenzen ohne nennenswerte Inhalte helfen weder der Bevölkerung noch der Wirtschaft. Der Themenbereich Schule ist immer noch ungeklärt. Schüler, Eltern und Lehrer brauchen endlich Klarheit über die weitere Vorgangsweise."

Was bereitet Ihnen Sorgen, was gibt Ihnen Hoffnung?

JOHANNA JACHS: "Keiner von uns hat jemals so eine Situation erlebt und natürlich kann man schwer abschätzen, wie sich die Infektionszahlen weltweit entwickeln und was das für Österreich im internationalen Verbund bedeutet. Alle von uns haben Angehörige oder Freunde, die zur Risikogruppe gehören und natürlich macht man sich um diese Menschen Sorgen. Die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen im Zuge der Krise sind dramatisch. Auch stellt sich die Frage, wie lange die beim Großteil der Bevölkerung wirklich vorbildliche Disziplin in dieser Form anhält. Diese Disziplin und die Entwicklungen bei den Infektionszahlen sind aber auch genau jene Punkte, die Hoffnung geben. Außerdem zeigt sich in dieser Krise ein irrsinniger Zusammenhalt in der Gesellschaft, wie man zum Beispiel an den 3.500 außerordentlichen Zivildienern sieht, die mit 1. April ihren Dienst angetreten haben oder auch an den vielen Freiwilligen, die für Risikogruppen einkaufen gehen. Ich bin überzeugt, dass uns durch den gemeinsamen Zusammenhalt der Weg aus der Krise gelingt und sich auch unsere Wirtschaft schneller erholen wird als die anderer Länder."

MICHAEL LINDNER: "Mir bereiten die vielen Arbeitslosen, Menschen in Kurzarbeit mit Einkommensverlusten und die vielen Kleinunternehmer, die ums Überleben kämpfen, wirklich große Sorgen – damit verbunden sind große Zukunftsängste und Unsicherheit. Da werden wir noch viel mehr finanzielle Unterstützungen brauchen, weil die Hilfe für viele Kleinbetriebe und Ein-Personen-Unternehmer bei weitem nicht ausreicht. Es zeigt sich, dass es einen starken Staat braucht, der den Menschen unter die Arme greift – und da stehen wir in Wahrheit noch am Anfang. Hoffnung gibt mir, wie viele Menschen in unserer Region jetzt aktiv zusammenhelfen – Junge unterstützen Ältere, Nachbarn rücken zusammen. Das zeigt, dass das 'Wir' immer größer und stärker ist als das 'Ich'. Das sollten wir uns für die Zukunft gut merken. Stark sind wir als Gesellschaft nur, wenn wir zusammenhalten und niemanden zurücklassen."

PETER HANDLOS: "Sorge bereitet mir die Situation der vielen Arbeitslosen auf der einen Seite, genauso wie die Situation tausender Kleingewerbetreibender, der Gastronomie wie auch der Reise- und Hotelbranche. Ich befürchte, dass – wie so oft – die 'Kleinen' sowohl auf Arbeitnehmer- als auch auf Arbeitgeberseite auf der Strecke bleiben. Eine wirkliche Bilanz kann hier erst in einigen Monaten gezogen werden. Hoffnung macht mir die Disziplin der Bevölkerung und die langsame Rückkehr zu einer möglichst weitgehenden 'Normalität'."

Wie stellen Sie sich die „neue Normalität“ vor?

JOHANNA JACHS: "Die 'neue Normalität' zeichnet sich bereits jetzt ab. Abstand ist die neue Nähe. So lange es kein wirksames Medikament oder gar eine Impfung gibt, werden wir lernen müssen, mit dem Virus zu leben. So groß die Herausforderungen sind, so groß sind auch die Chancen. Es zeichnet sich schon jetzt ab, dass die Corona-Krise der Digitalisierung in vielen Bereichen den Weg geebnet hat. Vor kurzem noch wurde immer viel von der Zukunft der Arbeit und Home-Office gesprochen, die Umsetzung ging schleppend voran. Unter dem Einfluss der Corona-Krise gab es hier plötzlich einen Turbo. In vielen Bereichen funktioniert Home-Office bereits jetzt – davon können wir sicher für die Zeit danach profitieren. Wenn man etwas Positives aus dieser Krise mitnehmen will, dann auch die Erkenntnis, dass eine gewisse Entschleunigung in unserer Vollgas-Welt ein Stück mehr Lebensqualität für uns alle bringen kann. Auch die Umwelt wird es uns danken, wenn wir unsere Lieferketten überdenken, die Abhängigkeiten von internationalen Lieferketten kritisch hinterfragen und auch Geschäftsreisen auf das Nötigste beschränken. Denn das Reisen wird sicher noch längere Zeit nicht mehr in dem Ausmaß funktionieren, wie wir es davor kannten.

MICHAEL LINDNER: "Die Bundesregierung muss jetzt bald einmal Klartext reden und den Menschen sagen, wie es weitergehen soll – vor allem viele Familien mit Kindern wissen noch immer nicht, wie es mit dem Schuljahr und im Kindergarten ausschaut, das geht so nicht! Diese Unsicherheit und die Isolation tun den Menschen auf Dauer nicht gut, es fehlen die sozialen Kontakte untereinander. Wir müssen natürlich die Risikogruppen, die Pflegekräfte und Ärzte gut schützen – aber möglichst bald brauchen wir mit entsprechenden Schutzmaßnahmen trotzdem einen 'normalen Umgang' mit dem Virus. Und 'neue Normalität' heißt für mich nicht, dass wir verstärkt mit Handy-Überwachung oder anderen Ideen eingeschränkt werden, da bin ich entschieden dagegen."

PETER HANDLOS: "Zum jetzigen Zeitpunkt weiß man noch viel zu wenig wie diese 'neue Normalität' aussehen wird. Wir brauchen in Österreich kein Denunziantentum, wir brauchen keine Einschränkung unserer persönlichen Freiheit unter dem Deckmantel 'Coronaschutz'. Wir brauchen auch keine Hysterie. Die Situation muss ernst genommen werden, selbstverständlich, oberstes Ziel muss aber eine schnellstmögliche Rückkehr zur 'alten Normalität' sein. Der Tipp von Minister Anschober, das Begräbnis enger Angehöriger mittels Livestream mitzuverfolgen, ist definitiv nicht die 'neue Normalität', wie ich sie mir vorstelle. Der mündige Bürger muss mündig bleiben, das macht zu einem großen Teil unsere liberale, wunderbare Gesellschaft aus."

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