Der versiegte Hermagorer Mühlbach
Mühlbach-Wassergenossenschaft in Gründung

Blick vom ersten Teilstück des Mühlbachs, nunmehr privatisiert, in Richtung Wasserfall. Es ist deutlich erkennbar, dass die kleine Wehranlage außer Funktion ist und repariert werden muss, da sonst Wasser, das in den Mühlbach geleitet wird, sofort wieder abfließt.
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  • Blick vom ersten Teilstück des Mühlbachs, nunmehr privatisiert, in Richtung Wasserfall. Es ist deutlich erkennbar, dass die kleine Wehranlage außer Funktion ist und repariert werden muss, da sonst Wasser, das in den Mühlbach geleitet wird, sofort wieder abfließt.
  • hochgeladen von Lygia Simetzberger

Seit den schweren Schnee- und Regenfällen Mitte November ist der Hermagorer Mühlbach restlos versiegt. Immer noch blicken die Anrainer und Passanten auf ein trostloses leeres Bachbett, obwohl schon Wochen seit dieser Wetterkatastrophe vergangen sind. Von Seiten der zuständigen Behörden war vor einigen Tagen zu vernehmen, dass man sich die Lage bei der Wehranlage am Wasserfall angesehen habe und dass etwas geschehen werde. Was genau, darüber zeigte sich der zuständige Bedienstete bedeckt und vertröstete die Anruferin der Bürgerinitiative damit, dass es wichtigere Schäden zu beheben seien und dass der Mühlbach für die Gemeinde nicht von Interesse sei.

Bruder Mühlbach - ein Stiefkind

Dass der Mühlbach schon geraume Weile ein Stiefkind der Stadtgemeinde ist, ist ortsbekannt. Die Wehranlagen im gesamten Verlauf verlangen längst schon dringend nach Wartung und Renovierung. Die Säumnisse werden seitens der Verantwortlichen damit begründet, dass die Republik Österreich Eigentümerin des Mühlbachs sei und kein Abkommen mit der Stadtgemeinde bestehe, die diese dazu berechtigen und verpflichten würde, das Bachgerinne und die damit verbundenen Anlagen, die der Regulierung und dem Hochwasserschutz dienen, zu betreuen und zu handhaben.

Sache der Bürger?

Es habe bis vor einigen Jahrzehnten eine Wassergenossenschaft einiger Bürger und Betriebe gegeben, die sich verpflichteten, den Mühlbach zu pflegen. Mangels Rechtsnachfolgern habe aber diese Wassergenossenschaft aufgehört zu bestehen. Der Hausverstand (oder gesunde Menschenverstand) würde nun wohl sagen, dass es nicht angehe, dass ein Bach, der durch einen Ort fließt, nicht regelmäßig gewartet wird, nur weil die Befugnisse einer privaten Genossenschaft erloschen sind.  Doch genau das ist beim Mühlbach der Fall. Die Gemeinde versuchte sich auf die nicht mehr existierende Wassergenossenschaft herauszureden. Ohne Druck seitens der Bürgerinitiative hätte sie das wohl bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag getan!

Inzwischen, so wurde der Gemeindevertretung abgerungen, habe man wohl das Einsehen, dass der Mühlbach von öffentlichem Interesse sei, und man sei um eine Lösung bemüht. Man könne aber ohne die Einwilligung des Republik nicht handeln und werde deshalb einen Antrag stellen. Dies soll inzwischen erfolgt sein. Näheres ist nicht zu erfahren. Manchmal hat man den Eindruck, unser Staat treibt es mitunter mit der Geheimhaltung zu weit - oder liegt es im Ermessen unsrere Volksvertreter, was sie uns preisgeben wollen oder nicht? Der Hausverstand jedenfalls findet einen solchen Antrag sonderbar, ja mysteriös. Denn die Republik sollte an sich froh über die Wartung durch Gemeindebedienstete sein und die Stadtgemeinde entsprechend entschädigen, und nicht umgekehrt die Gemeinde als Bittstellerin in Erscheinung treten.

Private Interessen vor öffentlichem Interesse?

Den Mühlbach ist ein von der Gössering abgezweigter, einst durch das gesamte Ortsgebiet von Hermagor verlaufender, nach und nach aus baulichen Interessen im Ortszentrum verkürzter Seitenarm des Flusses. Dies lässt sich anhand von alten Aufzeichnungen rekonstruieren. Unsere Vorväter fassten diesen Seitenarm vor Jahrhunderten in ein Gerinne, um sich die Wasserkraft vielfältig nutzbar zu machen. Wenn sie wüssten...!

Der soeben geschilderte unwürdige Zustand war leider erst der Anfang! Vor ungefähr drei Jahren kam es noch dicker. Der Verkauf eines Teilstücks des Gewässers, und zwar einige unmittelbar an der Wasserfallwehranlage angrenzende Meter, an einen Privatmann, der wirtschaftlich an der Gewinnung von Wasserkraft interessiert ist, verschlimmerte sich die eigenartige Situation. Alle wundern sich über den Ehrgeiz, mit dem er sein Ziel verfolgt, sei er doch existentiell gesichert, nicht mehr der Jüngste und habe keine leiblichen Nachfolger...

Dieser peinliche, auf mehreren fatalen Irrtümern beruhende Kaufvertrag ist von Anfang an Ursache nicht enden wollender Querelen zwischen dem Kraftwerksplaner und den Behörden. Der Planer zieht um sein Areal Zäune, bedroht alle, die sich in die Nähe wagen, mit Anzeigen und Besitzstörungsklagen, erklärt, Überwachungskameras postiert zu haben, kurzum, er tut leider alles, um sich unbeliebt zu machen. Die mit Beschwichtigungen genasführten Hermagorer betrachten daher zunehmend die zukünftige Entwicklung im Gösseringgraben und im Ortsgebiet mit großer Sorge. Nebeneffekt: Das sich in die Länge ziehende Verfahren wird von den Behörden als zusätzliche Begründung dafür herangezogen, weshalb nichts geschehen kann und weshalb daher auch nichts geschieht.

Ein malerisches Fließgewässer - ökologisch uninteressant und daher wertlos?

Der Vertrag und der Bewilligungsbescheid basieren auf der unrichtigen und völlig absurden Behauptung, dass kein öffentliches Interesse am Mühlbach bestehe, sowie auf einem dubiosen Gutachten, wonach der Mühlbach keinerlei ökologischen Wert besitze. Da der Mühlbach im Bescheid als Fischgewässer ausgewiesen ist, ergibt sich allein schon daraus ein Widerspruch, ganz zu schweigen von allen anderen Vorzügen eines Biotops.

Obwohl beide Irrtümer auf der Hand liegen, zeigten sich die involvierten Behörden nicht imstande, diesen fehlerhaften Vertrag rückgängig zu machen. Der auf dieser fragwürdigen Grundlage basierende Bescheid zwingt den potentiellen Kraftwerksbetreiber nur dazu, am Mühlbach eine teure Fischsteige zu errichten und dem Mühlbach eine Mindestmenge Wasser zuzuführen. Das wäre doch wohl absurd, wenn man nicht von einem für Fische bewohnbares Gewässer ausgehen würde...

Wie sich Nachlässigkeiten summieren

Mittlerweile sind fast drei Jahre mit viel Gerangel verstrichen. Von einem Kraftwerksbau ist noch keine Spur. Aber der Mühlbach wurde in dieser Zeit zum Rinnsal, und nun rinnt sogar gar ´kein Wasser mehr. Wenn man gründlich beobachtet, kann man eine unglückselige Verkettung feststellen:

Weil der Wasserzulauf gedrosselt wurde, verklausten Schlamm und Gehölz am Wasserfallwehr. Dadurch rann noch weniger Wasser. Wäre das Wehr nicht fast geschlossen, hätte das Wasser Schlammpartikel und kleines Gehölz mitgerissen. Würde man die kleineren Wehranlagen pfleglich instandhalten, so gäbe es keine undichten Stellen, an denen das wertvolle Nass wieder zur Gössering abrinnt. Schließlich boten die Schleusen keinen Durchlass mehr und der Zufluss zum Mühlbach verlandete regelrecht.

Überlegungen, die an sich Sache der Gemeinde wären

Früher begaben sich einige Anrainer selbst mit Gerätschaften zu den Wehranlagen sowie an andere neuralgischen Stellen längs des Baches, um den Wasserlauf von Verklausungen frei zu halten. Die Zeiten haben sich jedoch erstens grundlegend geändert, und zweitens sollte man solche wichtigen Agenden angesichts der immer extremer werdenden Wettergeschehnisse nicht einer Handvoll Bürger überlassen. Allenfalls wäre eine Kooperation oder ein Auftrag gegen Aufwandsentschädigung angebracht und zeitgemäß. Es ist richtig und wichtig, dass Hochwasserschutz neu geplant und verstärkt wird. Der Mühlbach sollte darüber aber nicht gänzlich vernachlässigt werden.

Der Hausverstand wundert sich, dass sich keine einzige politische Partei für den Bach einsetzt, obwohl an alle Parteien appelliert wurde. Ja, auch jene, die sich ansonsten für Umweltschutz, Klimaschutz und Ökotourismus stark machen. Es ist unverständlich. Auch die Umweltschutzbeauftragten von Ämtern und Vereinen bleiben stumm und inaktiv. In keiner Weise wurde auch nur erwogen, den unrechtmäßig entstandenen Kaufvertrag anzufechten bzw. aufzuheben. Nun beginnt man zögerlich und mit vielen Vertröstungen etwas zu tun. Da darf schon einmal das Wort "Skandal" in den Mund genommen werden!

Jeder einigermaßen des Projektmanagements Kundige wüsste, was dringend zu tun wäre. Nämlich gute, vertrauenswürdige Öffentlichkeitsarbeit zu leisten, Engagement zu zeigen und - durchaus im Sinne der EU-Richtlinien erwünscht - eine übergreifenden Arbeitskreis zu bilden, der mit Einbindung der kooperations- und unterstützungswilligen Kräfte der Bürgerinitiative eine gemeinsame, zukunftsweisende Lösung erarbeitet. So könnte die Stadt Hermagor im Nu vom ökologischen Schlusslicht Kärntens zum ausbaufähigen Modell eines Wohlfühlortes avancieren.

Es wäre alles möglich, wenn man es nur will

Der neue Bachteilstückeigner kann dem Mühlbach nicht alles Terrain abgraben, auch wenn er den aufgrund von tragischen Fehlinformationen zustandegekommenen Vertrag in der Tasche hat. Es hatte bisweilen nur den Eindruck. Dieser falsche Eindruck wurde durch mangelnde Informationen und daraus resultierende Ängste genährt.

Unsere Recherchen ergaben, dass alle Maßnahmen, den Zufluss zum Mühlbach frei zu halten, außerhalb der Einflussbereichs dieses Herrn vorgenommen werden und seine Drohungen wirkungslos sind. Ganz im Gegenteil droht ihm gerade Mehraufwand, weil er auf seine Kosten die Anlage in seinem Abschnitt instandsetzen muss, damit der Wasserzufluss zum Mühlbach gewährleistet ist, zu dem er sich ja verpflichten musste. Angesichts der häufiger werdenden Wetterkapriolen stellt sich überhaupt die Frage, wann sich sein ehrgeiziges Projekt jemals rechnen wird...

Es regiert die Angst

Groteskerweise ist jedoch in Hermagor ständig von einer Atmosphäre der Angst und Bedrohung die Rede, als hätte der Kraftwerksplaner mächtigen Einfluss auf die Behörden. Er ist selbst in leitender Funktion an einer dieser Behörden tätig. Die Inhaberin der Fischereirechte am Mühlbach ist nach eigenen Angaben eine Nachbarin des Kraftwerkplaners. Sie erschien nicht zur Verhandlung über den erstinstanzlichen Bescheid. Von Befangenheit oder anderen Handlungseinschränkungen soll aber nicht die Rede sein.

In der Bürgerinitiative herrscht nach den inständigen Bemühungen um Information und um Problemlösungen sehr niedergeschlagene Stimmung. Angebote zu konstruktiver Kommunikation und zur Kooperation verhallten im Wind. Auch einzelne Politiker scheinen dieses heiße Eisen nicht anfassen zu wollen. Sympathisanten, die den Mühlbach erhalten wissen möchten, finden sich auch in den Ämtern. Aber sie wagen sich nicht mit ihrer Meinung nach außen. Es regiert die Angst...

Hermagor ist ein Hoffnungsgebiet für Mentaltrainer!

Mehr als nur Wasserkraft - ein herrliches Naherholungsgebiet

Die Vernachlässigung dieses Kultur- und Naturjuwels ist unfassbar. Der Anblick eines kahlen Bachbetts inmitten der Adventzeit, die lebendig, freudig und hoffnungsvoll begangen werden soll, schmerzt doppelt. Wie kann man in Zeiten, in denen die Themen Wasser, Lebensqualität,  Nachhaltigkeit, Artenvielfalt und Klimaschutz in aller Munde sind, diesen Bach, in dem sich noch vor kurzem stattliche Forellen tummelten und Wildenten schwammen und der von kräftigem Pflanzenwuchs umgeben ist, ignorieren?

Der Stocksteinerwandweg längs vom Mühlbach, der Schützenpark, umsäumt von Mühlbach und Gössering, und der erfrischende Gösseringgraben sind die einzigen für Alt und Jung gut begehbaren Naherholungsgebiete in Hermagor. Mit dem Rad, mit dem Rollstuhl wird durch den Graben gewandert, mit Kinderwägen zum Spielplatz gefahren. Hundebesitzer sind glücklich über diesen idealen Spazierweg. Das kühlende, klare Wasser des Mühlbachs, sein Glucksen und Rauschen haben jahrhundertelang den Ort belebt. Es kann nicht angehen, dass dieser schöne Bach, der einen Stolz und eine Zierde des Ortes darstellt, weiterhin so vernachlässigt wird!

Ein Bach als Naturdenkmal - unerwünscht

Eine Anregung, den Mühlbach zum Naturdenkmal zu erklären, wurde nach Information der Bürgerinitiative von der Stadtgemeinde bearbeitet, doch über den weiteren Verlauf ist nichts bekannt. Eine Nachfrage ergab, dass man der Gedanke an eine Ernennung des Mühlbachs zum Naturdenkmal Angst auslöst. Das könnte möglicherweise schreckliche Belastungen die Folge haben, raunte mir ein Angestellter zu, also sollte man ja doch besser die Finger davon lassen.

Dass es im Bezirk Hermagor auch anders gehen kann, zeigt uns das Bergsteigerdorf Mauthen vor. Im Zuge eines Leader-Projektes für die erste Slow Food Region der Welt wurde auch die Revitalisierung des Mauthener Mühlbaches gewährleistet. Dieser schmückt nun mit seiner Vitalität das Ortsbild Mauthens und ist ein beliebtes Fotomotiv für die Touristen - wie es bisher auch der Hermagorer Mühlbach war.

Künstler und Kulturschaffende befürworten den Hermagorer Mühlbach

Moralische und aktive Unterstützung wird der Bürgerinitiative "Rettet den Mühlbach" mittlerweile auch aus der Künstlerszene zuteil. Namhafte Künstler sprachen sich motivierend zugunsten einer Erhaltung des Mühlbachs aus. Bilder, Filme und Erzählungen wurden dem Mühlbach und der Gössering gewidmet. Eine Broschüre über die Geschichte des Mühlbachs wurde veröffentlicht und soll digital frei zugänglich gemacht werden. Ein "Mühlbachlied" wurde komponiert und soll in Bälde uraufgeführt werden.

Gründung einer Wassergenossenschaft für den Mühlbach

Einige Anrainer sind nun bereit, eine Wassergenossenschaft zu gründen, die sich darum kümmern wird, dass der Mühlbach so lebhaft wie noch vor wenigen Jahren im Ortsbild erhalten bleibt. Vorgespräche werden nach den Feiertagen erfolgen, um die rasche Realisierung des angedachten Vorhabens vorzubereiten. Mitmachen ist erwünscht und Anregungen sind willkommen!

Nachtrag

Dieser Artikel versucht in geraffter Form die Lage zu schildern. Er beruht auf Beobachtungen und intensiven Recherchen. Er drückt die Meinung der Verfasserin aus und wurde nicht mit der Bürgerinitiative "Rettet den Mühlbach" abgesprochen, und auch nicht mit anderen Personen.

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