Coworking soll die Gemeinde beleben
Mit dem Projekt "ReWir" würden flexible Arbeitsflächen in Hartkirchen geschaffen werden.
HARTKIRCHEN (jmi). Aufbruchsstimmung herrscht in Oberösterreich: 4.500 Unternehmen werden pro Jahr neu gegründet. Im Bezirk Eferding waren es 127 Firmen seit Mitte 2015, darunter etwa Desino Werbeagentur in Eferding und Claudia Knolls Motivtorten in Scharten. Der Trend geht bei vielen Selbstständigen und Start-ups zu "Coworking Spaces": Arbeitsplätze, die zeitlich befristet zur Verfügung gestellt und gemietet werden. In der Praxis sind das meist Großraumbüros mit entsprechender Infrastruktur wie Drucker, Telefon und Beamer. Diese "Bürogemeinschaften auf Zeit" finden sich bereits als "Workspace" in Wels, "Daxbau" in Linz und "CoWo" in Ried im Innkreis. Hartkirchen ist vielleicht bald in dieser Liste zu finden: August Anton Wurm will mit seinem Projekt "ReWir" (Regionaler Wirtschaftsraum) einen "Coworking Space" im Gebäude des ehemaligen Installateurs König am Kirchenplatz eröffnen. Geplant ist, auf rund 140 Quadratmetern zehn Arbeitsplätze mit Besprechungsraum und Küche zur Verfügung zu stellen. Ein Arbeitsplatz koste im Monat 149 Euro, pro Tag 19 Euro.
"Für den Ort ist es eine Riesenchance, weil Unternehmen so wachsen können."
August Anton Wurm
"Zuerst war ich skeptisch, ob die Idee auch andere überzeugt. Aber dem Wirtschaftsbund hat sie gefallen, und ich habe dann mit unserem Bürgermeister darüber gesprochen", erklärt Wurm über das von den Grünen initiierte Projekt. Von den Vorteilen, besonders für Gründer und Ein-Mann-Unternehmen (EPUs), ist er überzeugt: Privates und Berufliches wären getrennt, und die Möglichkeit zum Netzwerken bestehe. "Auch die Infrastruktur mit Drucker, Internet und Besprechungsraum ist besser als zuhause. Hinzu kommt, dass das König mitten im Ortszentrum ist. Banken und Verköstigungsmöglichkeiten sind in Fußnähe.“ Vom geplanten "ReWir" soll Hartkirchen profitieren: "Für den Ort ist es auch eine große Chance, weil sich so Unternehmen ansiedeln können", so Wurm. Hartkirchens Bürgermeister Wolfram Moshammer sieht die Idee nüchtern: "Für die Gemeinde als Vermieter der Räumlichkeiten ist es in erster Linie wichtig, dass das König vermietet wird. An wen? Da bin ich offen. Ich halte es aber für eine gute Idee, in dieser Richtung Räume anzubieten – etwa als Ausweichmöglichkeit bei ‚Home Offices‘." Ob Hartkirchen geeignet ist, wird sich noch herausstellen: "Erste Interessenten haben sich schon gemeldet, die Nachfrage wird sich erst zeigen", so Max Rumpfhuber von Wirtschaftsbund und Junge Wirtschaft Eferding.
"Es wird spannend, ob Coworking in einer kleinen Gemeinde umsetzbar ist."
Michael Pecherstorfer, WKO Eferding
Eine Prognose will auch die Wirtschaftskammer noch nicht abgeben: "Es wird spannend, ob diese Bemühungen in einer kleineren Gemeinde wie Hartkirchen umsetzbar sind", erklärt Michael Pecherstorfer, Obmann der WKO Eferding. "Sinnvoll und positiv ist das auf jeden Fall. Die Nahversorgung wird durch Arbeitsplätze in den Regionen gestärkt. Auch die regionale Wirtschaft profitiert von Ideen von Jungunternehmern, die oft einen sehr innovativen und mutigen Zugang zu Wirtschaftsthemen haben." Abhängig von der Anzahl der Interessenten wird Mitte Jänner 2017 entschieden, ob das "ReWir" umgesetzt wird. Interessenten können sich bereits bei August Anton Wurm unter Telefon 0664/5272 398 melden.
Kommentar: Chance für Start-ups und Gemeinden
von Julia Mittermayr
114 Unternehmen gehen jeden Tag in Österreich an den Start, informiert der WKO-Gründerservice. Diese Zahl machen vor allem Selbstständige und Ein-Personen-Unternehmen aus. Die wenigsten von ihnen haben ein eigenes Büro und ein Netzwerk an Kontakten. Ganz klar, weshalb viele die flexiblen Arbeitsplätze in "Coworking Spaces" nützen. In der Theorie profitieren Gemeinde und Unternehmer: Junge Firmen erhalten günstige Arbeitsflächen mit passender Infrastruktur und die Möglichkeit, unkompliziert zu netzwerken. Für den Ort bedeutet es eine stärkere Wirtschaftskraft. Das kann sich auch längerfristig auszahlen – gerade wenn Unternehmen wachsen und in dem Ort ausbauen. Ob das auch in der Praxis so sein wird, gerade in der 4.160-Seelen-Gemeinde Hartkirchen mit dem "ReWir", wird sich erst herausstellen.
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