Viel mehr als "nur" Unterricht
Hinter dem Beruf einer Lehrerin steckt mehr Arbeit, als so mancher Politiker glauben mag.
Mit seiner Bemerkung, mit den 22 Wochen-Arbeitsstunden eines Lehrers wäre er selber schon dienstags fertig, hat der Wiener Landeshauptmann Michael Häupl zuletzt die ganze Lehrerschaft gegen sich aufgebracht.
Auch Roswitha Stranzl-Babos, Klassenlehrerin an der Volksschule Gerersdorf, fühlt sich gründlich missverstanden. "Es ist traurig und menschenverachtend, über einen Berufsstand so herzuziehen."
Ihre Arbeit beschränkt sich längst nicht auf die 22 Stunden, die sie die 1. und 2. Klasse unterrichtet. Mit Vor- und Nachbereitungen, Elterngesprächen, Korrekturarbeiten und Gesprächen mit Kolleginnen verbringt sie bis mindestens 15.00 Uhr den Tag in der Schule. Dazu kommen - je nach Notwendigkeit - zwischen zwei und fünf Stunden Arbeit im Büro daheim.
Lehrerin als Schulsekretärin
"In den Sommerferien beginnt die Vorbereitung gut zwei Wochen vor Schulbeginn", weiß Stranzl-Babos aus 33-jähriger Berufserfahrung. Eine Schulsekretärin gibt es in Volksschulen nicht. Jeder Anruf und jede Terminkoordination landet bei ihr als Klassenlehrerin.
Auch ihre Kollegin Sabine Meier von der Neuen Mittelschule (NMS) Rudersdorf mit ihren 22 Unterrichtsstunden kommt mindestens auf eine 40-Stunden-Woche. "Die Arbeit in der NMS ist sehr vorbereitungsintensiv, weil sie auf das individuelle Leistungsvermögen der Kinder abzielt. Viele Materialien erstellen wir selber", erzählt Meier. Dazu kommen umfangreiche Dokumentationsarbeiten, die den Lernfortschritt jedes Kindes festhalten.
Das Büro zu Hause
Von außen sehe man vieles an der Arbeit der Lehrer nicht. "Ich komme auf 80 Stunden Fortbildung pro Jahr. Die Sonntagabende, an denen ich nicht daheim für die Schule arbeite, gibt es de facto nicht", so Meiers Erfahrung. Auch sie hat sich daheim ein Büro eingerichtet. "In der Schule habe ich nur einen halben Schreibtisch und ein kleines Kastl."
Unterrichtsmaterial in zwei Sprachen
In der teilweise bilingual geführten NMS Stegersbach kommt ein spezifischer Mehraufwand hinzu. "Vieles von unserem Lernmaterial müssen wir erst auf Englisch erstellen, weil es anders gar nicht vorhanden ist", erzählt Hannes Decker, der Geschichte, Geographie und Musik sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch unterrichtet.
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