Keine rosigen Zeiten für Dorfwirtshäuser

Der letzte Tag des Jahres 2015 war in Rohr auch der letzte Tag für das das Gasthaus Peischl. Das Traditionshaus hat mit Jahresbeginn 2016 seinen Gastbetrieb beendet. "Wir haben das Gasthaus 44 Jahre lang geführt. Jetzt ist mein Mann in Pension, und von den Jungen macht keiner weiter", erzählt Erna Peischl.

Während es in Rohr noch das Gasthaus Supper gibt, ist der Nachbarort Bocksdorf seit Jahresanfang komplett wirtshauslos. Das von der Feuerwehr betriebene Florianistüberl hat zugemacht, nachdem sich innerhalb der Feuerwehr niemand mehr zur Weiterführung gefunden hat.

Ohne Dorfwirtshaus ist mittlerweile auch Schallendorf. Das Gasthaus des verstorbenen Wirts Walter Lagler steht seit dem Vorjahr leer.

In Deutsch Kaltenbrunn hat "Lindenwirt" Josef Reinprecht mit Jahresbeginn die Pforten seiner Gastwirtschaft geschlossen. Allerdings hat wenige hundert Meter weiter Helfried Reichl im Vorjahr ein neues Lokal eröffnet.

In Stegersbach hat Gerti Wagner den Gastro-Betrieb im traditionsreichen Landhotel Novosel-Wagner zu Jahresbeginn beendet. Zumindest der Hotelbetrieb läuft noch weiter.

In der Stegersbacher Gastronomie sind aber noch weitere Lücken entstanden. Zuletzt haben die Heurigenbetreiber Novosel und Heigl das Handtuch geworfen. Für die im Vorjahr geschlossenen Cafés Nati und Lima gibt es noch keine Nachfolger.

In Wörterberg wird Helga Gradwohl nur noch bis August ausschenken und ihre Gäste bekochen. "Ich gehe mit September in Pension. Ob sich ein Übernehmer findet, kann man jetzt noch nicht sagen." Am Standort des Familienbetriebs ist ein Gasthaus seit über 300 Jahren dokumentiert.

Zum Verkauf

Wer ein Dorfwirtshaus erwerben will, hat derzeit eine reiche Auswahl vor sich. Zum Verkauf ausgeschrieben auf Internet-Foren und über Immobilienagenturen sind unter anderem Gasthäuser in Mühlgraben, Bonisdorf, Maria Bild, Gerersdorf und Rauchwart. In Rohrbrunn sucht die Gemeinde seit Monaten vergeblich einen Pächter für ein neues Lokal im früheren Kindergarten.

Übernehmer gesucht

"Übernahmen von Dorfwirtshäusern werden immer schwieriger", so Thomas Novoszel von der Wirtschaftskammer Güssing. "Die Kinder der Gastronomen haben oft andere Berufe und wollen den Betrieb nicht weiterführen. Außerdem wären in vielen Betrieben größere Investitionen notwendig."

Auch habe sich das Kundenverhalten geändert. "Die Laufkundschaft unter der Woche ist weniger geworden, jüngere Leute besuchen andere Arten von Lokalen. Und wenn dann die Ertragslage eines Betriebs immer schlechter wird, sind die gestiegenen gesetzlichen Auflagen und Vorgaben der Sargnagel", weiß Novoszel.

Die Situation dürfte sich in den kommenden Jahren nicht verbessern. "Viele Gastwirte im Bezirk Jennersdorf kommen in den nächsten Jahren ins Pensionsalter. In den meisten Fällen ist derzeit kein Nachfolger in Sicht", blickt Christoph Bagdy von der Wirtschaftskammer Jennersdorf voraus.