Dealer erfand Räubermärchen

ST. PÖLTEN (ip). Einen aufwendigen Prozess verursachte die Aussage eines Dealers aus Afghanistan. In drei Einvernahmen vor der Polizei hatte Ali – so sein Spitzname – angegeben, dass ihn ein türkischer Graskäufer aus St. Pölten mit einer Pistole bedroht habe.

Mit Pistole bedroht
Staatsanwalt Karl Wurzer stützte sich auf die Aussage des Afghanen, wonach er im Mercedes des Türken 22 Gramm Suchtgift übergeben habe. Als der Kunde nicht zahlen konnte, wollte er das Gras zurück. Der Türke und sein Beifahrer hätten ihm schließlich Pistolen an die Schläfe gehalten und ihn aus dem Auto getreten. Der elfmal vorbestrafte Türke, vertreten von Verteidiger Christian Reiter, bekannte sich beim Prozess in St. Pölten nicht schuldig. Er habe das Gras Anfang Dezember 2013 zwar bekommen, habe aber versprochen erst zu bezahlen, wenn er sein Arbeitslosengeld erhalte. Von Gewalt sei keine Rede gewesen und die bei einer Hausdurchsuchung sichergestellte Gaspistole gehöre nicht ihm, ergänzte der Angeklagte seine Aussage.

Keine Waffe, nur Angst

„Er hat also anschreiben lassen“, wunderte sich Richter Slawomir Wiaderek, der sich so eine Geschäftspraktik im Suchtgiftmilieu nicht vorstellen kann. Nachdem Ali seine Aussage vor Gericht zunächst teilweise wiederholt hatte, änderte er plötzlich alle strafrelevanten Aspekte. Keine Waffen, keine Gewalt – er habe nur Angst gehabt, weil es so dunkel war und sei davon gelaufen.

Falschaussage

„Er möchte sich beim Angeklagten entschuldigen“, übersetzte der Dolmetscher. Immerhin saß der Türke wegen des Verdachts des schweren Raubes, jetzt freigesprochen, seit Wochen in Untersuchungshaft (nicht rechtskräftig). Ihm droht jetzt noch ein Prozess wegen des Drogendelikts, während auf Ali neben dem Dealer-Prozess noch eine Anklage wegen Falschaussage zukommt.

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