Interview: Klima- und Umweltschutz
Hitzeperioden sind belastend für Jung und Alt

Umweltgemeinderat Florian Motlik und Stadträtin für Nachhaltigkeit Daniela Trauninger mit ihrer Tochter | Foto: zVg
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Der Klimawandel führt zu erdrückender Wärme und hat Auswirkungen auf unser soziales und wirtschaftliches Leben.

HERZOGENBURG (bw). Umweltgemeinderat Florian Motlik und Stadträtin für Nachhaltigkeit Daniela Trauninger im Bezirksblätter-Gespräch über den Klimawandel und was sich in Herzogenburg ändern muss.

Bezirksblätter: Wieso ist Ihnen Klima- und Umweltschutz ein Anliegen?
Daniela Trauninger: Für mich stellt der Klimawandel die größte je dagewesene Bedrohung der Menschheit dar. Wenn wir nicht jetzt sofort handeln, dann wird ein friedvolles Zusammenleben zukünftiger Generationen nicht mehr möglich sein. Wetterextreme, Dürren und Migration werden zu Armut, Hunger und Konflikten führen. Wir sind mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die letzte Generation die ein Kippen des globalen Klimas noch verhindern kann. Dieser Verantwortung müssen wir uns stellen um unseren Kindern und Enkelkindern eine lebenswerte Zukunft hinterlassen zu können.
Florian Motlik: Klima- und Umweltschutz betrifft jeden Lebensbereich. Es betrifft uns wenn wir mit unseren Kindern und Großeltern manche Orte nicht mehr aufsuchen können vor lauter Hitze und es betrifft uns wenn wir die Entwicklung von Zukunftstechnologien verschlafen. Die Diskussion zu Klima und Umweltschutz hat zu oft noch einen Wohlfühlcharakter wo es so klingt als ob wir hier Bäume, Almen, kleine Nager und Tiere die man sonst im Zoo sieht schützt. Klimaschutz ist aber so wie gute Sozialpolitik ein extrem wichtiges Werkzeug um sozialen Frieden zu bewahren und die Friedens und Verteilungspolitik der letzten Jahrzehnte nicht ganz schnell wieder kaputt zu machen.

"Klimaschutz geht uns alle an": Wie könnte man den Menschen die Problematik bewusst machen und welchen Beitrag könnte jeder Herzogenburger selbst dazu leisten?
Florian Motlik: Die mit Abstand wichtigste Maßnahme die alle Herzogenburger machen können ist von ihren politischen Vertreten zu fordern, und zwar konstant und energisch, dass auf unserer Ebene aber auch Land, Bund, EU und International die Regeln geändert werden nach denen wir wirtschaften. Jeder einzelne Beitrag von mehr Bäumen, ökologischen und regionalen Lebensmitteln oder Wege nicht mit dem Auto zu erledigen ist wichtig und muss gemacht werden um unseren Beitrag zu leisten, aber der mit Abstand wichtigste und effektivste ist der Politik konstant Druck zu machen dass etwas passieren muss und zwar heute. Nur so schaffen wir konkrete Reduktionsziele die sich dann auch auf die Wirtschaft und Herstellung unserer Produkte durchschlägt. Dazu braucht es aber auch konkrete Informationen was wir auf lokaler Ebene machen und was die Ebenen über uns erreichen und erreichen müssen. Dazu wollen wir mit mehr Information gemeinsam beitragen und auch der Bevölkerung mehr Möglichkeiten geben uns zu sagen was die Erwartungen an uns sind.

Was wären die ersten notwendigen Schritte seitens der Politik in Herzogenburg um ein Zeichen für den Klimaschutz zu setzen?
Daniela Trauninger: ´Obwohl vor allem auf der internationalen politischen Bühne große Paradigmenwechsel stattfinden müssen, können wir in den Gemeinden nicht mehr länger auf derartige Entscheidungen und Rechtsgrundlagen hoffen und warten weil wir an vorderster Front stehen. Stattdessen ist es wichtig, dass wir den Klima- und Umweltschutz ab sofort in all unseren Entscheidungen und Projekten einfließen lassen. Meine Vision wäre, dass es keine Stadträtin für Nachhaltigkeit mehr braucht weil das Thema Nachhaltigkeit in ALLEN Ressorts als oberstes MUSS-Kriterium gelebt wird.

Wie kann man es für die Menschen in Herzogenburg lukrativer gestalten, dass sie öfter ihr Auto stehen lassen und stattdessen auf Fahrrad oder öffentliche Verkehrsmittel umsteigen?
Daniela Trauninger: Indem wir in der Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen um allen Herzogenburgern Alternativen zum Individualverkehr anzubieten: sichere, kurze und attraktive Rad- und Fußwege, öffentliche Verkehrsangebote vor allem zur Lösung der letzten Meile etc.

Hitzeperioden sind Folgen des Klimawandels. Gibt es in Herzogenburg "Hitze-Hotspots" und wie könnte man diesen entgegenwirken?
Daniela Trauninger: Auch im ländlichen Bereich gibt es unzählige Hitzeinseln nur fallen sie uns nicht so auf weil wir meistens im klimatisierten Auto sitzen. Jeder asphaltierte Straßenzug ohne Beschattung stellt für Fußgänger und Radfahrer und hier gerade für Kinder und ältere Menschen im Hochsommer eine enorme Temperaturbelastung dar. Die konsequente Schaffung von Grünräumen mit klimaresilienter Bepflanzung und einem Wasserspeichersystem kühlt die Umgebung erstens durch die Beschattung der Baumkronen und zweitens durch die Verdunstungskühlung der Blätter. Statt Grüninseln den Parkplätzen zu opfern muss es für eine lebenswerte Umgebung umgekehrt sein. Zusätzlich braucht es genügend schattenspendende Plätze zum Rasten und Verweilen mit Sitzgelegenheiten und Spielmöglichkeiten.

Wirkt sich die Hitze in der Stadt auch auf das soziale Leben aus?
Daniela Trauninger: Ja und ich glaube auch umgekehrt, dass die Schaffung von öffentlichen Erholungszonen zu einer Aufwertung des sozialen Lebens führt. Eine gesamtheitliche Betrachtung ist dabei notwendig weil eine Zunahme des Verkehrs zu einer Zunahme der Versiegelung und damit einer Zunahme der Hitzeinseln führt. Eine menschenwürdige Stadt, die nicht auf den Autoverkehr ausgerichtet ist, braucht hingegen eine kleinräumige Struktur mit kurzen Wegen und vielen Plätzen. Derartige Strukturen schaffen Treffpunkte und Orte mit hohen Aufenthaltsqualitäten. Bestes Beispiel sind die italienischen Städte, wer trifft sich dort nicht gerne auf einen Espresso?
Florian Motlik: Ganz konkret, ich habe zwei Kinder mit zwei und vier Jahren und einen Großvater mit 90. Dass wir als Familie in einem Hitzesommer den Rathausplatz aufsuchen ist unvorstellbar da sowohl für jüngste als auch älteste Generation unangenehm bis gefährlich. Wenn wir uns mit Freunden treffen ist auch aufgrund der Angebote und Hitze der Rathausplatz mit Kindern keine Option. Das ist neben den sozialen Einschränkungen auch ein wirtschaftliches Problem. Deswegen Klima- und Umweltschutz ist keine Wohlfühlthematik sondern auch ganz direkte und harte Wirtschaftspolitik.

Das Worst-Case-Szenario für Herzogenburg, wenn sich die nächsten 30 Jahre nichts ändert?
Florian Motlik: Wir ruinieren uns unsere Gesundheit und wir verkürzen unsere Lebenserwartung dramatisch da ein extremeres Klima und damit Wetter eine schwere Belastung für vulnerable Gruppen ist. In einer alternden Gesellschaft schließen wir so ganz schnell eine noch größere Gruppe als heute vom sozialen Leben aus. Kleinbäuerliche Strukturen wie es sie bei uns noch gibt kann man sich dann auch schnell abschminken weil die Risiken alleine nicht mehr tragbar sind. Wir ruinieren uns aber auch unsere restliche Wirtschaft da wir den Anschluss in Schlüsseltechnologien verlieren. Im Dreieck zwischen Krems, St Pölten und vor allem Wien mit vielen Pendlern in diese Städte und einer generell Export orientierten Wirtschaft können wir als kleines Land nicht einfach hinten anstehen. Wenn wir Jobs und eine boomende Wirtschaft wollen müssen wir hier international führend sein und da auf jeder Ebene investieren.

Sie wollen die Bevölkerung in Ihre Entscheidungen miteinbeziehen. Wird es - sobald sich die Corona-Situation entspannt hat - Veranstaltungen für einen direkten Austausch geben?
Daniela Trauninger: Die Bürger mehr in die politischen Entscheidungen einzubeziehen ist mir und auch unserem Bürgermeister ein großes Anliegen. Sie selbst wissen am besten wo der Schuh drückt und bringen oft viele Ideen ein an die man selbst nie gedacht hätte. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig die Bürger über die Grundlagen und Hintergründe von politischen Entscheidungen zu informieren.
Florian Motlik: Absolut. Deswegen investieren wir jetzt auch noch mehr Zeit in Kommunikation, Interviews und Aufklärung. Sobald das auch wieder möglich ist wollen wir auf jeden Fall auch in mehr persönlichen Kontakt zu Herzogenburger kommen. Als Beispiel hier das KEM Fest bei dem schon eine super Idee an uns herangetragen wurde die wir derzeit besprechen und Umsetzung für nächstes Jahr planen. Der große Vorteil in der politischen Arbeit in der Gemeinde ist dass wir uns einfach aufs Rad setzen können und vorbeikommen wenn Bürger ein Anliegen oder eine Idee haben um uns selbst ein Bild zu machen. Deswegen freuen wir uns auch wirklich sehr wenn uns Bürger direkt kontaktieren und Vorschläge geben. Wir können uns dann um die Umsetzung kümmern aber je mehr Ideen wir von unterschiedlichen Seiten bekommen desto besser und desto mehr geht weiter.

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