"Was ist mit den Ausländern?"

- hochgeladen von Bezirksblätter Archiv (Johannes Gold)
Früher Türke, heute St. Pöltner: Wir begleiteten Ekrem Arslan durch die Schau "Angeworben – Hiergeblieben".
ST. PÖLTEN (jg). "Das war die Oma", sagt Ekrem Arslan und zeigt auf ein Foto einer hübschen Dame im Kostüm. "Sie ist immer zu türkischen Familien gekommen oder hat zu sich nach Hause eingeladen. Für die Kinder gab es immer Schokolade." An den Namen der Dame kann sich Arslan nicht mehr erinnern. Sie sei aber ein erfreuliches Beispiel, wie sogenannten "Gastarbeitern" früher in St. Pölten begegnet wurde.
Arslan selbst kam 1978 nach Österreich. Zuvor waren schon dessen Vater und einige seiner Onkel nach St. Pölten gekommen. Die Arbeiter aus der Türkei wurden damals gebraucht, unter anderem in der Glanzstofffabrik, wo Arslans Vater schließlich 30 Jahre gearbeitet hat und wie die Ausstellung "Angeworben – Hiergeblieben. 50 Jahre Gastarbeit in St. Pölten" im Stadtmuseum zeigt.
Als Arbeitskraft gekommen
"Es gab keine Deutschkurse", erinnert sich Arslan, der schon als Kind in türkischer Tracht durch die Stadt zog. St. Pöltens Bürger zeigten damals Interesse und begegneten dem Jungen freundlich.
In den 1990er Jahren war der heute 52-Jährige aber nicht mehr willkommen. Auf Wohnungstüren wurden damals Sticker mit dem Slogan "Ausländer raus" geklebt. "Manchmal hat man auch Prügel bekommen", so Arslan. Das Argument: Ausländer hätten Österreichern die Arbeit weggenommen. "Doch man hat uns als Arbeitskräfte geholt", sagt Arslan und knüpft damit an Max Frisch an, dessen Zitat „Wir riefen Arbeitskräfte, und es kamen Menschen“ auf einer der Schautafeln zu lesen ist.
Nicht zuletzt um dahingehend Verständnis zu schaffen, gab Arslan den Anstoß zu der Schau: "Als St. Pölten Landeshauptstadt geworden ist, hat der Bürgermeister Willi Gruber eine Rede gehalten", erzählt er über die Entstehungsgeschichte.
Als Mensch hiergeblieben
Der Stadtchef habe damals vielen Gruppen gedankt, dass sich St. Pölten so entwickelt habe. Zu den Gastarbeitern habe er aber nicht "Danke" gesagt. "Ich habe gerufen: Was ist mit den Ausländern?", erzählt Arslan, während er zwischen Fotos, die den Werdegang von Ausländern in St. Pölten dokumentieren, steht. Trotz mancher Anfeindungen habe Arslan aber nie überlegt, wieder zurück in die Türkei zu ziehen. 1994 erhielt er die österreichische Staatsbürgerschaft. Die Ausländerfeindlichkeit, die damals herrschte, sei heute vorüber. Stattdessen wird auf Integration gesetzt, wobei, wie Arslan sagt, sich für manche ein Türke nie integrieren könne.
50 Jahre Gastarbeit
"Angeworben – Hiergeblieben. 50 Jahre Gastarbeit in St. Pölten" ist noch bis 3. August im Stadtmuseum der Landeshauptstadt zu sehen. Die Schau gibt etwa Einblick in die Tätigkeit des Vereins für österreichisch-türkische Freundschaft und erzählt die Geschichten einiger "Gastarbeiter" in St. Pölten.


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