Premiere Theaterforum Humiste
Das große Schemenspiel – emotionale lyrische Tragödie auf neuer Bühne

Das Stück besticht durch intensive Szenen und dem tiefgründigen Spiel mit symbolischen Elementen.
107Bilder
  • Das Stück besticht durch intensive Szenen und dem tiefgründigen Spiel mit symbolischen Elementen.
  • hochgeladen von Alexandra Rangger

IMST(alra). Gleich eine zweifache Premiere beging das Theaterforum Humiste am 15. Oktober. Erstmals wurde am neuen Aufführungsort in der Stadtbühne Imst gespielt, die ab jetzt fixe Spielstätte für das Ensemble ist. Erstmals gab es die lyrische Tragödie „Das große Schemenspiel“ des Tiroler Autors Hermann Kuprian in Imst zu sehen. Vor ausverkauften Reihen wurde anspruchsvoller Stoff geboten – Akteur*innen und Ambiente überzeugten das Publikum.

Rund um eine geplante Hochzeit am Tage des Schemenspiels nimmt eine Verkettung von dramatischen Ereignissen ihren Lauf. Der junge Bräutigam, eindrücklich stark gespielt von Maximilian Heiß, drängt voller Leidenschaft vor den Altar – auf seinen Wunsch hin sollen bei den Feierlichkeiten die Masken der Väter als besondere Zeichen der Ehre getragen werden. Mit diesem Begehren löst er, der die Maske des Schellers trägt und für seine zukünftige Frau, dargestellt von Lilli Timmes, die Maske der Laggerollerin vorsieht, jedoch düstere Vorahnungen bei seiner Mutter aus. Roswitha Matt verkörpert die Frau, die von den dunklen Schatten und Geheimnissen der Vergangenheit rund um den Tod ihres Mannes eingeholt wird.

Schicksalshafte Verflechtungen

Neben den Brautleuten ist plötzlich ein weiteres Paar im Zentrum des Geschehens. Andreas Flür als Brander, der frühere Verlobte der Braut – mittlerweile selbst in einer Ehe – hegt noch starke Gefühle für die ehemalige Geliebte. Er tritt mit der Maske des Laggeschellers bedeckt zu allem entschlossen den Weg zur Braut an, um sein Innerstes zu offenbaren. Seine Frau Rosalia, in deren Rolle Julia Eiter zu sehen ist, zeigt sich anfänglich als Laggerollerin maskiert. Auch sie bricht in Richtung Hochzeitsgesellschaft auf und es stellt sich heraus, dass die junge Frau noch in einer früheren Liebe mit dem Bräutigam festhängt. Zugleich ist Rosalia jedoch auch mit dem Schicksal und dem Unglück, das vom Vater des Bräutigams ausging, zutiefst verwoben.

Dramatische Eskalation

Die bevorstehende Heirat sickert zunehmend in die gesellschaftlichen Kreise enger dörflicher Strukturen und Klischees. „Die Schemen“ beziehen wechselnde Stellungen und treten als Gruppe der Scheller, Gruppe der Rollerinnen – später Laggerollerinnen – sowie Hexen und Friedhofswärter auf. Mit Kalkül werden Masken vertauscht und Tatsachen vorgetäuscht. Verschwiegenes und Verdrängtes wühlt sich durch die Köpfe und Herzen der Protagonist*innen und treibt die immer enger gewundenen Handlungsstränge in unausweichliche und endgültige Tragik.

Verwirrungen - Verirrungen

Die Laberafrau alias Irene Zoller führt sowohl das Publikum wie auch im Dialog mit den Darsteller*innen durch den komplex gesponnenen Erzählfaden des tiefemotionalen Spiels rund um gesellschaftlich auferlegte Zwänge, unerfüllte Sehnsucht und Liebe, erdrückende Pflichten, Schuld und Scham. Die Figuren beziehen stoische Positionen und nicht hinterfragte Meinungen, um diese ebenso radikal wieder zu wechseln und zu verwerfen. Im Spiel des Lebens werden Rollen und Masken vertauscht – Masken, die Wahrheiten verdecken und Gesichter verstecken. Das Abnehmen der Maske und das Verlieren des Gesichts liegen nah beieinander.

Autor und Lokalkolorit

Das Stück stammt aus der Feder von Hermann Kuprian (geb. 12. April 1920 in Tarrenz, gest. 12. Jänner 1989 in Völs). Kuprian war Pädagoge, Schriftsteller und Kulturpolitiker und mit zahlreichen Auszeichnungen für sein umfassendes Schaffen geehrt. „Das große Schemenspiel“ wurde 1965 im spanischen Cáceres uraufgeführt, die deutsche Uraufführung fand 1986 in Regensburg statt. Nach Imst holte das tiefgründige Werk Martin Flür, der für die Regie der aktuellen Inszenierung verantwortlich ist. Er hat das Stück in Buchform vor Jahren von seinen Eltern als Geschenk erhalten. Anlässlich der Einweihung der neuen Spielstätte in der Stadtbühne Imst lag für Flür der Gedanke nahe, dem kaum bekannten alten Werk mit zeitloser Aussage einen großen Rahmen zu geben:

„Imst hat sich durch die Tradition des Schemenlaufens mit den im Stück präsenten und weltweit vertretenen kulturellen Elementen der Masken und Schemen eingängig beschäftigt. Die Fasnacht lebt durch und mit ihren Protagonisten, sie ist auch durch Entwicklungen und Veränderungen gewachsen – dies gilt ebenso für das Theater. „Das große Schemenspiel“ stellt zu beidem Bezüge her und spiegelt zudem soziale Prozesse. Durch die zeitgemäße Interpretation bietet sich Raum für Perspektivenwechsel und neue Betrachtungsweisen.“

Die Masken wurden vom jungen Künstler Leonhard Knabl gestaltet.

Tiefgründige Botschaft stark aufbereitet

In seiner Regieanweisung hat Kuprian einst festgehalten, dass die im gleichnamigen Buch abgebildeten Figuren die Masken des Schemenlaufens von Imst darstellen, er jedoch jedem Regisseur volle Freiheit und eine vollkommen abstrakte und lokal unabhängige Gestaltung gewährt. Das große Schemenspiel verlangt großes Spiel und ein spürbares emotionales Beben, das von der Bühne ins Publikum rollt. Das Theaterforum Humiste hat sich dem mit Metaphern und subtilen Botschaften zwischen den Zeilen und Ritualen schwer angereicherten Stoff überzeugend angenommen. Im Stück wird in den bekannten Elementen und Rollen eine vielschichtige symbolische Aussage ersichtlich, die sich weit über die traditionelle Bedeutung hinaus auf gesellschaftliche Mechanismen bezieht und zum Nachdenken anregt.

Termine: Premiere So 15.10. um 18 Uhr, Fr 20.10. um 20 Uhr, So 22.10. um 18 Uhr, So 5.11. um 18 Uhr, Sa 11.11. um 20 Uhr, So 12.11. um 18 Uhr, Mi 15.11. um 20 Uhr, Sa 18.11. um 20 Uhr, So 19.11. um 18 Uhr, Mi 22.11. um 20 Uhr

Infos unter: www.humiste.theater

Ensemble:
Regie und Bearbeitung Martin Flür
Regieassistenz Claudia Sager
Darsteller*innen:
Julia Amprosi
Julia Eiter
Andreas Flür
Maximilian Heiß
Nina Kiechl
Anneliese Krabacher
Roswitha Matt
Bettina Sonderegger
Wolfgang Sturm
Lilli Timmes
Irene Zoller

Roller- und Schellerchor:
Mateo Bombardelli
Hartwig Ladner
Katrin Raffl
Daniela Timmes
Mathias Walch

Masken: Leonhard Knabl

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.