Zehn Jahre „Wiederlesen“ in Imst
Die besten Seiten der Menschheit
Als Imster Secondhand-Buchhandlung feiert das „Wiederlesen“ sein zehnjähriges Bestehen – und bleibt besonders.
IMST. Vor zehn Jahren, da war noch alles besser. Zumindest kostete ein Wurstsemmerl da noch nicht die Augen. Nein, 2013 ließ das Leben noch Luft zum Atmen. Selbst einem Zivildiener, der sich deshalb in diesem neuen Secondhand-Buchladen in der Imster Innenstadt zu stöbern traute. Gefunden hat er „Große Erwartungen“ – geschrieben von Charles Dickens, gekauft für schlanke fünf Euro.
Das Herz hinter der Kassa
Ein Vermögen lässt sich bei solchen Preisen wohl nicht verdienen. „Uns ist's auch nie ums Geld gegangen“, sagt Dieter Blümel, der heute noch so lächelt wie vor zehn Jahren.
Gemeinsam mit vier Gleichgesinnten – darunter Nini Zangerle, Manfred Schramm und Gabi Köninger – hat er diesen außergewöhnlichen Buchladen, das „Wiederlesen“, gegründet. In diesen Tagen sind’s sieben Menschen, die ehrenamtlich die vielen Bücherspenden annehmen, in die Regale sortieren und der Literatur zum günstigen Preis ein neues Leben geben.
Zu ihnen zählt seit Anbeginn auch Simone Grissemann, deren Familie hier, in diesem Haus in der Pfeiffenbergerstraße 7, zuvor 70 Jahre lang schon Bücher verkaufte. Sie strahlt ebenso nach diesem ersten „Wiederlesen“-Jahrzehnt: „Ich bin begeistert, was daraus geworden ist.“
Ein Traum, mit vielen geteilt
Gewiss sehen's die heutigen, weiteren Mitglieder der „Wiederlesen“-Truppe – also auch Maria Ruetz-Pechtl, Tanja Neurauter, Luca Pixner und Erna Puri – ganz ähnlich. Grissemann spricht damit wohl auch aus vielen Herzen in und außerhalb der Stadt, die das „Wiederlesen“ als Bereicherung schätzen.
Viele von ihnen feiern am vergangenen Donnerstag das zehnjährige Jubiläum mit. Wenn sie aber die Regale mit rund 30.000 Büchern entlang streifen, ist es jedes Mal ein Wandeln im Traum. Denn das sei das „Wiederlesen“ schon immer für ihn gewesen, sagt Blümel: „Dass der Laden aber so angenommen, so unterstützt wird, das hätten wir niemals erwartet.“
Die Menschen seien es, die's am Leben erhalten und über das Jahr kleine, schwarze Zahlen schreiben lassen. „Das reicht uns völlig“, sagt Grissemann. Wichtiger wären die Begegnungen: Etwa mit einem alten Mann, der in der Auslage ein altes Kinderbuch entdeckt, den Schatz aus eigener Kindheit nur noch einmal in Händen halten möchte. Das Büchlein aber lässt er da, damit es ein anderes Kind verzaubern kann. Ein anderer Herr hat einmal Ähnliches getan, erinnert sich Grissemann schmunzelnd – mit einem Buch von Günter Grass, damit sich jemand anderer darüber ärgern darf.
Der einstige Zivildiener, der in diesen, teuren Tagen umso mehr in Wurstsemmerln rechnet, hat auch wieder ein Buch gefunden. „Kein Platz für Idioten“ – geschrieben von Felix Mitterer, gekauft für schlanke fünf Euro. Schön, dass manches so bleibt, wie's ist: Wie das „Wiederlesen“.
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