Rettungsaktion für Ziegenherde
Ein allzu später Almabtrieb im Ötztal

Alles andere als Idylle, sondern ein Vernachlässigen und Zurücklassen: Ein Bild der Ziegenherde, deren Ötztaler Almwinter nach erfolgtem Einfangen ein Ende gefunden hat. | Foto: Privat
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  • Alles andere als Idylle, sondern ein Vernachlässigen und Zurücklassen: Ein Bild der Ziegenherde, deren Ötztaler Almwinter nach erfolgtem Einfangen ein Ende gefunden hat.
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Vom Halter zurückgelassen, war eine Ziegenherde über Monate allein im Ötztaler Gebirge. Gestern gelang der Rettungsversuch.

SÖLDEN. Mitten im tiefsten Winter, bei Schnee und Eis, sind Ziegen in den Bergen, auf über 2.000 Metern Seehöhe, selbst in Tirol ein seltener Anblick: Besonders dann, wenn sie sich allein durchschlagen müssen – bei teils zweistelligen Minusgraden, ohne Unterstand und ohne Futtersicherheit.

Die Behörden hielt die vom Halter zurückgelassene, dreizehnköpfige, teils nicht mit den vorgeschriebenen Ohrmarken versehene Herde auf der Windachalm hoch über Sölden jedenfalls seit Wochen auf Trab – und mit ihr jene, die um ein Einfangen der äußerst scheuen Ziegen, um deren sichere Heimkehr ins Tal bemüht waren. 

Männer, die Ziegen fangen

Während nicht zuletzt eine jagdliche Wildfütterungsstelle in unbeabsichtigter Weise das Überleben der zähen Ziegen zu sichern schien, sind die Bemühungen, ihrer habhaft zu werden, immer wieder gescheitert – bis zum gestrigen Freitag, dem Tag einer durchaus waghalsigen, aber von Erfolg gekrönten Rettungsaktion, wie eine Stimme aus dem Ötztal preisgibt: Zusammengestellt von Bauernbundbezirksobmann Andreas Gstrein, sollen es vier örtliche Bauern gewesen sein, denen es gelang, zehn von den 13 Ziegen (drei sind zwischenzeitlich verschwunden) einzufangen und in einen Stall auf der Windachalm zu bringen. Für die Herde geht's nun zurück ins Tal – ins Agrarzentrum Imst allerdings, nicht zurück zu ihrem eigentlichen Besitzer.

Die schaurigen Details im Tal

Ihr Besitzer ist nämlich der Mann, dessen Tiere – wie berichtet – von der Behörde allesamt beschlagnahmt wurden. Wie die Bilder von erschreckenden Lebensbedingungen für das Vieh über Wochen zuvor, sorgte der Einsatz in Sölden und Längenfeld dabei durchaus für Aufsehen über das Ötztal hinaus. Abtransportiert und auf Betriebe in ganz Tirol verteilt worden seien 22 Rinder, 13 Yaks, sechs Schweine und 40 Schafe, zählt Bezirkshauptfrau Eva Loidhold auf. 

Die Schweine, die in viel zu kleinen Boxen und im eigenen Kot ihr Dasein fristen mussten, wären mittlerweile geschlachtet worden, weil sie schlachtreif gewesen seien. Die Euthanasie, also der Gnadentod aus gesundheitlichen Gründen, hätte derweil noch an Ort und Stelle einem Yak gewährt werden müssen, einem weiteren Yak dann noch nach dem Abtransport.

Ein völliges Rätsel bleibt aber nach wie vor der Grund für das Massensterben der Herde, denen die Yaks entstammen. Untersuchungen der Kadaver hätten keine Hinweise – etwa auf ein Verhungernlassen – zutage gefördert, heißt es von offizieller Seite. Die bis zuletzt noch offene Theorie, dass das Wasser eines vorbeilaufenden Waals schuld sein könnte, hätte das erst kürzlich eingetroffene Ergebnis einer Laboranalyse ebenso widerlegt.

Unterlagen für die Staatsanwaltschaft & Fälle von Räude

Räude in einer Ötztaler Schafherde: Die Behörde bestätigt zwei Fälle, ein Augenzeuge des Abtransports spricht von mehr. | Foto: Privat
  • Räude in einer Ötztaler Schafherde: Die Behörde bestätigt zwei Fälle, ein Augenzeuge des Abtransports spricht von mehr.
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Auf den Tierhalter, der die Kosten für Tierunterbringung und die Bemühungen zugunsten seiner Ziegen zu tragen hat, könnten weitere Konsequenzen zukommen: Nicht nur ein Tierhalteverbot, dessen Möglichkeiten weiter geprüft werden würden, sondern auch ein potenzielles Gerichtsverfahren, vermutlich mit dem Verdacht auf Tierquälerei. Das legt das Zusammenstellen von Unterlagen für die Staatsanwaltschaft Innsbruck durch die Bezirkshauptmannschaft nahe.

Besorgniserregend sind und waren jedenfalls Bilder von den
beschlagnahmten Schafen: Bei ihnen zeigen sich Anzeichen von Räude – einer hochansteckenden, anzeigepflichtigen Seuche, die von Parasiten verursacht wird. Die Behörden bestätigen den Befall zweier Schafe, die nun gegen Räude behandelt würden. Ein Augenzeuge, der die Schafe beim Abtransport gesehen hat, spricht hingegen von sicher
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als bloß zwei räudigen Schafen.

Die Bezirkshauptmannschaft Imst im Internet

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Oben die Ziegen, unten das Elend
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