"Ich lasse mich nicht länger für einen Narren halten" - eine Ausstellung auf den Spuren vergessener Schicksale

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Eine Ausstellung auf den Spuren vergessener Schicksale in der Theodor von Hörmann Galerie

IMST(alra).Das ambitionierte Kulturprogramm der Stadt Imst, wird derzeit durch stark historische Elemente erweitert und präsentiert mit der aktuellen Ausstellung „Ich lasse mich nicht länger für einen Narren halten“, einen tiefen Einblick in die Psychiatriegeschichte Tirols, Südtirols und dem Trentino.

GR Kulturreferentin Sandra Friedl-Dablander, entdeckte im Rahmen des Gesamttiroler Museumstages 2012, den Bezug der Thematik
zu Imst und Umgebung und die Umsetzung des Projektes in der
Theodor von Hörmann Galerie, stieß auf große Unterstützung von Seiten, BGM Stefan Weirathers und der zuständigen Kulturverantwortlichen.

Der Grundstein für diese Ausstellung wurde bereits vor Jahren gelegt,
als eine Fülle von Archivmaterial der psychiatrischen Anstalt Hall gesichtet
wurde und die Überlegung für die weitere Verwendung anstand.
Im Rahmen des Interreg IV-Projektes wurde vom Institut für Geschichts-
wissenschaften u. Europäische Ethnologie und dem Institut für
Erziehungswissenschaften der Uni IBK, die vom Südtiroler Landesarchiv
getragene Ausstellung, konzipiert.

Während eines mehrjährigen Arbeitsprozesses, ist ein am Patienten orientiertes, forschungsbasiertes Vermittlungsprojekt entstanden, mit der Zielsetzung eine nachhaltige Weitergabe der Forschungsergebnisse zu erreichen.
Anhand von 31 biographischen Fallgeschichten, die aus drei Archiven, aus
der K.K. Irrenanstalt zu Hall, der psychiatr. Klinik Innsbruck und der Landesheilanstalt Pergine, zusammengetragen wurden, gelang es einen Einblick auf die Unheil bringenden Entgleisungen der Psychiatrie und der Medizin im Zeitraum zwischen den 1830er und 1970er Jahren, zu richten.
Einer jahrzehntelangen Verweigerung dieses menschenfeindlichen Denkens und Handelns, folgte die Mahnung, Tendenzen zu entdecken und die
Psychiatrie vollkommen zu überdenken.

Die gezeigte Ausstellung ist ein begehbarer Ort, der sich aus den Quellen, Krankenakten, Patiententagebüchern, Briefen, Zeichnungen und persönlichen Gegenständen, entwickelt hat. Der Blickwinkel konzentriert sich auf die perspektivische Wahrnehmung des Patienten in Form von acht thematischen Stationen. „Begutachten, Arbeiten, Essen, Behandeln, Verwahren, Töten, Erziehen“, sind die Szenarien, die den Besucher erwarten. Durch die räumliche, teilweise körperliche Erfahrung, in Kombination mit den visuellen Eindrücken, wird die bleibende Wirkung im Besucher verstärkt, die Nachhaltigkeit gefördert.
Man braucht Zeit, um den Rahmen einer Station zu betreten, die Unrichtigkeit der Situation durch ein bewusst herbeigeführtes Missempfinden nachzuvollziehen.

Man braucht Zeit um die einzelnen Bücher, die scheinbar in Leichtigkeit, an
Fäden in der Luft zu schweben scheinen, in all ihrer Schwere zu lesen.
Dem tiefen Hineintreten in die Thematik, folgt aber durch die gegebene
Balance in der Darstellung, auch die Möglichkeit wieder aus der
Situation herauszugehen. Dem Wunsch der Ausstellungsmacher zu
folgen und das erlangte Wissen als veränderte Sichtweise auf die
Schwächen in unserer Gesellschaft zu reflektieren.

Für einige Besucher ist die Ausstellung mit dem Schicksal von Angehörigen oder Bekannten verbunden, so auch in Imst, sind doch im Frühjahr 1941
13 psychisch Kranke aus dem Versorgungshaus nach Hartheim gebracht
worden, wo ihr „lebensunwertes“ Dasein ausgemerzt wurde, weitere
20 Menschen aus dem Versorgungsheim Nassereith und 21 aus Ried.

Ein Team von 10 HistorikerInnen, 3 AusstellungsmacherInnen, schuf
eine anspruchsvolle, moderne, zeitgemäße Art der thematischen
Vermittlung als sichtbare Ausstellung, aber auch in Buchform, im Rahmen eines Filmes über die Pflege, sowie in einem Konzeptentwurf für einen
Gedenkort in Hall. Dr. Elisabeth Dietrich-Daum, Dr. Maria Heidegger, Mag. Lisa Noggler-Gürtler, sowie Dr. Eric Sidoroff, sprachen im Rahmen der Eröffnung über den Weg und das Ziel, der Wanderausstellung, die seit Juni 2011 bereits
an mehr als 10 Stationen präsentiert wurde und nun in der Theodor
von Hörmann Galerie einen kulturellen Impuls in Richtung gesellschaftlicher
Verantwortung und Nachhaltigkeit setzt.

Die Ausstellung ist noch bis 11. Mai 2013 zu sehen, Neue Öffnungszeiten: DO,FR,SA 14-18 Uhr u. nach Vereinbarung mit Frau Andrea Schaller 05412 6980-40, 0664 606 98 205.

Rahmenprogramm:
Ort: Städtische Galerie Theodor von Hörmann, Stadtplatz 11, 6460 Imst

am 4.4.2013 um 19 Uhr liest Annemarie Regensburger (Literatin, Imst) aus ihrer im Herbst erscheinenden Autobiographie "Der Tate aß aus diesem Napf".

am 11.4.2013 um 19 Uhr hält Mag. Oliver Seifert (Historiker, Landeskrankenhaus Hall) den Vortrag: "Nun haben Sie Ihre größte Tat vollbracht und das arme Mädel vernichten lassen". Die "Euthanasie"-Transporte aus Tirol in der Zeit des Nationalsozialismus.

am 25.4.2013 um 19 Uhr hält Maria Heidegger (Historikerin, Universität Innsbruck) den Vortrag: "Zur Erklärung kann allein meine Geschichte dienen..."
Das Seelenleiden der Notburga K. aus Imst und die Psychiatrie um 1830

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