„Ich bin kein Tausendfüßler“

- hochgeladen von Clemens Perktold
AK-Vizepräsident Reinhold Winkler im BB-Interview zum sozialen Klima im Bezirk Imst
Reinhold Winkler aus Karrösten ist Betriebsrat, AK-Vizepräsident und Landesvorsitzender der Pensionsversicherungsanstalt. Im BB-Interview nimmt er zur Situation in der Arbeitswelt kein Blatt vor den Mund.
BEZIRKSBLATT: Die Arbeiterkammer führt derzeit eine große Kampagne durch. Wird auch vor Ort derart engagiert ans Werk gegangen?
REINHOLD WINKLER: „Selbstverständlich. Wir haben alle Bezirkskammern personell aufgestockt. Hunderte Interven-tionen und Beratungen werden täglich in den Bezirkskammern durchgeführt. Gemeinsam mit dem ÖGB bemühen wir uns, in Oberländer Firmen Betriebsräte zu installieren. Das ist immer eine Gratwanderung für alle Beteiligten, aber sicher ein großer Vorteil für die Beschäftigten.“
BB: Welche Themen brennen Ihnen besonders unter den Nägeln?
WINKLER: „Die Verteilungsgerechtigkeit! Die Reichen werden reicher und die Armen werden ärmer. Die arbeitende Bevölkerung hat in der Krise durch Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und Lohnkürzungen ihre Zeche bezahlt. Die Krisenverursacher werden verschont. In Österreich gibt es die höchste Besteuerung der Lohnsumme in Europa, dafür sind wir bei den vermögensbezogenen Steuern Schlusslicht. Die AK verlangt eine sozial gerechte und wirtschaftlich vernünftige Art der Budgetsanierung. Wir von der Arbeiterkammer sind ganz klar gegen höhere oder neue Massensteuern.“
BB: Sind unsere Pensionen gerecht finanziert?
WINKLER: „Die ArbeitnehmerInnen sollten schon wieder als Erster zum Friseur, wenn es um Einsparungen im Pensionsbereich geht. Es wird behauptet, die ASVG- Pensionen wären zu hoch und nicht finanzierbar. Das ist nicht wahr! Die ArbeitnehmerInnen zahlen ihre Pension zu einem großen Teil selbst. Der Staat muss für ASVG- Versicherte „nur“ 17,25 % von den gesamten Pensionskosten zuschießen. Für Gewerbetreibende muss der Staat schon 51,63 % zuzahlen. Die Bauern zahlen ihre Pension nur zu einem ganz geringen Teil selbst, hier muss der Staat 81,03 % finanzieren.“
BB: Immer noch fallen aber viele Arbeiter und Pensionisten durch das soziale Netz. Warum?
WINKLER: „Durch Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Scheidung tappen viele in die Armutsfalle. Nicht zu vergessen sind die niedrigen Einkommen und die hohen Lebenshaltungskosten im Bezirk. Auch die atypischen Beschäftigungsverhältnisse sind problematisch, hier kommt es oft zum bösen Erwachen. Das soziale Netz sollte aber keine bequeme Hängematte sein!“
BB: Gibt es positive Beispiele in der Privatwirtschaft? Betriebe, die anderen als Vorbild dienen?
WINKLER: „Und ob es diese gibt. Im Tourismus, aber auch in anderen Bereichen sind viele Führungskräfte dazu übergegangen, die Mitarbeiter zu schulen, und menschenwürdig zu behandeln. Dies dient ja einer besseren Motivation und Arbeitsleistung.“
BB: Wie ist ihr Verhältnis zur „Mutterpartei“ ÖVP? Die Forderungen der Kammer werden von der Politik ja oft nur zögernd umgesetzt.
WINKLER: „Ich bin Arbeitnehmervertreter und deshalb nur den arbeitenden Menschen verpflichtet. Insofern bin ich kein Parteigänger, habe aber eine christlich soziale Einstellung. Meine Arbeit versuche ich in allen Bereichen ordentlich zu machen, bin aber sicher auch kein Tausendfüßler.“
BB: Was gibt es für Wünsche an die Zukunft?
WINKLER: „Mehr Solidarität und Humanismus, weniger Bonzen und weniger Egoismus. Die Arbeitslosigkeit muss von allen Seiten massiver bekämpft werden, um das soziale Klima im Land zu verbessern. “
Das Interview führte
Clemens Perktold
Zur Sache
Streitbarer Geist im Dienste der Arbeiter
Reinhold Winkler, geb. am 29.1. 1957, verheiratet mit Martina, drei Kinder, wohnt in Karrösten. Winkler ist gelernter Elektriker und wurde 1986 als Vorsitzender in den Betriebsrat von Liebherr Telfs gewählt. 1989 erfolgte die Wahl zum Kammerrat, 1994 wurde der Oberländer zum Vizepräsidenten der Arbeiterkammer gewählt. Er bekleidet diese Funktion mittlerweile in der vierten Periode. 2003 wurde Winkler zudem zum Landesvorsitzenden der Pensionsversicherungsanstalt gewählt. Seine Kernkompetenz sieht der als waschechter Gewerkschafter bekannte Karröster aber weiterhin als Betriebsrat und Arbeitnehmer-Vertreter. Besonderen Wert legt er auf die persönliche Beratung, auch außerhalb der üblichen arbeitsrechtlichen Themenbereiche. Winkler ist als streitbarer Geist im Dienste der Arbeiter und Angestellten bekannt und von so manchem Gegner gefürchtet.
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