Kirche Am Hof
Wenn der Blick in die Unterwelt verwehrt bleibt
Die Kirche Am Hof birgt ein Geheimnis: ihre Chorgruft. Sie wurde 1662 errichtet. Erst in den 1930er-Jahren wurde die Gruft wieder geöffnet. Bisher war sie auf Anfrage zugänglich, jetzt nicht mehr. Warum? MeinBezirk.at ist dem nachgegangen.
WIEN/INNERE STADT. Die Innere Stadt ist das historische Zentrum Wiens. Viele prunkvolle Gebäude prägen das Ambiente im Ersten. Doch was oft vergessen wird: Der Untergrund birgt ebenfalls viele Schätze. Etwa Kellergewölbe, Kapellen, Gänge und vor allem: Gruften.
Zu den bekannteren zählen etwa die Kapuzinergruft unter der Kapuzinerkirche, die Michaelergruft unter der Michaelerkirche sowie die Herzogsgruft unter dem Stephansdom. Doch die "Kirche zu den neun Chören der Engel", die von den Wienerinnen und Wienern wegen ihrer Lage schlicht “Kirche Am Hof” genannt wird, verfügt ebenso über eine Gruftanlage.
150 Jahre lang verschlossen
Die "Chorgruft" wurde 1662 angelegt. Sie geriet in Vergessenheit und wurde ab Mitte des 18. Jahrhunderts für rund 150 Jahre verschlossen. Erst in den 1930er-Jahren wurde sie wieder geöffnet. In der Gruft finden sich unter anderem ein Steinaltar mit dunklen, eindrucksvollen Ornamenten sowie ein versiegelter Holzsarg. Sie wurde renoviert und mit elektrischem Licht versehen, um sie für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Gruftaltar mit den darauf platzierten Totenschädeln genauso wie die bunten Fresken mit Szenen aus Fegefeuer und Höllenfahrt hinterließen bei vielen bleibenden Eindruck.
Bis jetzt jedenfalls: Denn als die Pensionistin Christine Hallady zuletzt im Pfarrbüro um Zutritt zur Gruft bat, wurde dieser verwehrt. "Mir wurde telefonisch relativ forsch mitgeteilt, dass eine Besichtigung derzeit nicht möglich ist", erzählt sie im Gespräch mit MeinBezirk.at. Hallady organisiert für ihre Pensionistengruppe immer wieder Ausflüge in Wien. Dabei haben sie auch einige Grüfte besichtigt. Ihr Favorit: die Kapuzinergruft. "Grüfte sind wahre Schätze. Sie müssen erhalten bleiben und für die Öffentlichkeit zugänglich sein", beklagt die ältere Dame.
Verfall historischer Schätze?
Der Fotograf Lukas Arnold vom Verein "Unter Wien" befasst sich bereits seit sieben Jahren mit dem Untergrund des 1. Bezirks. Auch er hat bereits versucht, in die Chorgruft zu gelangen – vergeblich. Gruftanlagen sind für ihn "zeithistorische und kulturelle Anlagen", die es zu erhalten gilt. "Die historischen Objekte im Untergrund verfallen, etwa durch die Feuchtigkeit, immer mehr, wenn man nicht auf sie achtet", warnt Arnold.
Wird die Chorgruft vernachlässigt? Die Kirche Am Hof dient heute als Gotteshaus der kroatischen Gemeinschaft Wien. Auf Nachfrage beim Leiter der kroatischen katholischen Mission, Josip Koren, meint dieser: "Die elektrischen Leitungen sind verrostet und funktionieren nicht mehr. Generell muss die Gruftanlage renoviert werden. Im Moment hat aber das Dach der Kirche Vorrang. Für beides zugleich fehlt uns das Geld." Irgendwann möchte man die Gruft wieder auf Vordermann bringen, aber: "Wann, wissen wir noch nicht", so Koren.
Im Jahr 2005 rief die Michaelerkirche zur Rettung der Michaeler Gruft zu Spenden auf. Mithilfe des Wiener Altstadterhaltungsfonds und privaten Sponsoren konnte sie schließlich restauriert werden. Einen solchen finanziellen Plan und mehr Engagement braucht es nun wohl auch für die Chorgruft, um sie als kulturelles Erbe für die Nachwelt zu erhalten.
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