Ausstellung "Vergessen" im Ferdinandeum
Die nicht erzählte Geschichte – mit Video

Architekturstudierende haben eine interaktive Station entwickelt. | Foto: Rüggeberg
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  • Architekturstudierende haben eine interaktive Station entwickelt.
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INNENSTADT. Kurator Roland Sila hat sich ein schwieriges Thema für die Ausstellung im Ferdinandeum ausgesucht: Das Vergessen. "Die große Frage bei diesem Thema ist: was stellt man aus?", erläutert Sila. "Denn die Dinge sollten ja vergessen sein!" 

Er und sein Team haben dennoch einige Herangehensweisen entwickelt, die vom 13. Dezember bis zum 8. März im Landesmuseum zu erkunden sind. Der erste Eindruck beim Betreten der Ausstellung „Vergessen. Fragmente der Erinnerung“ sind die weißen Archivschachteln, die hoch gestapelt Gänge und Räume bilden. Durch sie hindurch läuft man als Besucher, vorbei am "Giftschrank" mit verbotener Literatur, den kryptischen Kalendereinträgen des Südtiroler Politikers Luis Durnwalder und den Gegenständen, deren Funktion man nur noch erraten kann. 

Viele Objekte kommen nun ans Licht, die bisher im Archiv dem Museums lagerten. Dessen Rolle soll die Ausstellung hinterfragen: Denn mit der Entscheidung, etwas in die Sammlung aufzunehmen, im Museum zu zeigen – oder eben nicht – beschließen die MitarbeiterInnen auch, woran sich zukünftige Generationen werden erinnern können. In der Mitte der Ausstellung öffnet sich in Anspielung darauf ein Raum mit Regalen aus dem Archiv. Alte Bücher stehen darauf. Sila ist gespannt, was hier passieren wird, denn "Bücher sind immer zum Lesen da!", betont er. Die Neugier der BesucherInnen soll angeregt werden – auch zu entdecken, was in den Archivschachteln in dieser Raumöffnung enthalten ist. 

Am Tablet selbst kreativ werden

Mitarbeit ist bei den digitalen Exponaten gefragt, die Architekturstudierende der Universität Innsbruck entwickelt haben. An die Wände projizierte Punkte und Formen können BesucherInnen mit ihren Händen bewegen – digitale Spuren, die wieder verwischen, wenn man den Raum verlässt. Wer mit einem Tablet Aufkleber an Wänden und Boden im ersten Stock einscannt, kann auf dem Bildschirm ein eigenes Denkmal bauen und sich ansehen, wie es im physischen Raum aussehen würde. 

Die digitale Speicherung von Informationen verändere die Bedeutung des Erinnerns und Vergessens, meint Peter Assmann, Direktor der Tiroler Landesmuseen. "Beim heutigen Zugang zu nie gekannter Informationstiefe ist es eine Herausforderung, einen Ordnungspfad zu finden, sich zu orientieren." Während die Menschen früher darum gekämpft hätten, nicht vergessen zu werden, würden sie heute das Recht darauf einklagen. "Man will nicht, dass allen Menschen der Zugang zu intimen Daten geöffnet wird."

Die Macht des Erinnerns

In vergangenen Zeiten hatten überhaupt nur die Herrschenden die Möglichkeit, sich durch Monumente unvergessen zu machen. In das Museumsarchiv gelangten aber auch Zeugnisse einfacher Menschen. Solche Erinnerungsstücke zeigt die Ausstellung ebenfalls: "Die Menschen interessiert oft die nicht erzählte Geschichte", meint Sila. 

Themenführungen, Ausstellungsgespräche und Angebote für Kinder sowie für Menschen mit Demenz finden im Rahmenprogramm statt. Eine Podiumsdiskussion wird sich der Frage widmen, welche Macht das Vergessen und das Erinnern hat. Auf die gesellschaftliche Bedeutung des Erinnerns weist auch ein Schriftzug in der Mitte der Ausstellung: das hebräische Wort für „vergessen“. In kulturellen Institutionen sei man immer mit dem Gedenken an die Zeit des Nationalsozialismus konfrontiert, so Assmann. „Gerade jetzt leben wir in einer Zeit, wo dieses 'niemals wieder' in Frage gestellt wird, wo es heißt, jetzt ist mal gut mit dem Erinnern." Das stelle an jeden die Anforderung, wie man damit umgeht: Was vergessen werden dürfe und was nicht.

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