Taubenplage
Experte: "Vizebürgermeister Anzengruber verschließt die Augen“

Seit der Übersiedelung des Taubenschlags sind viele Tauben im überdachten Schulbereich. | Foto: Privat
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  • Seit der Übersiedelung des Taubenschlags sind viele Tauben im überdachten Schulbereich.
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Scharfe Kritik am Umgang mit der Taubenplage im Olympischen Dorf übt Vogelexperte Hans Lutsch. Der Taubenschlag am Dach der (Musik-) Mittelschule wurde entfernt und in die Rossau verlegt. Die Tauben werden nicht übersiedeln, sondern nun die Balkone der Anrainer heimsuchen, meint der Experte.

INNSBRUCK. Seit dem Jahr 2015 gab es am Dach der (Musik-) Mittelschule im Olympischen Dorf einen Taubenschlag, der ehrenamtlich von Anton Zung betreut wurde. Dort fand ein Teil der in der Gegend ansässigen Tauben Futter und Brutplätze. Die Vogeleier wurden hier regelmäßig durch Attrappen ausgetauscht, um eine Regulierung der Taubenpopulation zu gewährleisten. "In den ersten drei bis vier Jahren hat der Taubenschlag gute Arbeit geleistet", sagt Taubenexperte und Obmann der ARGE Stadttaube Salzburg, Hans Lutsch, der den Taubenschlag im O-Dorf im Jahr 2015 mit initiierte. "Ich habe aber von Anfang an immer dazu gesagt, dass dieser Taubenschlag zu klein ist, für die gesamte Taubenpopulation, die im O-Dorf erhoben wurde. Das hat zwar für eine kurzfristige Entspannung gesorgt, die Tauben, die im Taubenschlag keinen Platz fanden, haben sich aber in der bekannten Dynamik vermehrt."

Hans Lutsch entfernt Taubeneier aus der Brutstelle unter einer Terrasse.  | Foto: Klaus Heimlich/ARGE Stadttaube Salzburg
  • Hans Lutsch entfernt Taubeneier aus der Brutstelle unter einer Terrasse.
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Umzug verschärft Problem

Im Zuge der Installation einer Freiluftklasse, also einer überdachten Terrasse am Dach der (Musik-) Mittelschule musste der Taubenschlag weichen. Taubenexperte Hans Lutsch kritisiert die Verantwortlichen rund um den ressortverantwortlichen Vizebürgermeister Anzengruber stark: "Herr Anzengruber verschließt die Augen vor der Taubenproblematik und streitet eine Plage ab. Der neue Standort in der Rossau bringt gar nichts, wo noch nie eine Taube einen Fuß hingesetzt hat, wird sie auch nicht hingehen. Bei den Tieren handelt es sich um verwilderte Haus- und Brieftauben, die werden ihren Standort nicht verlassen, sondern sich im O-Dorf neue Brutplätze suchen." Diese Einschätzung deckt sich zumindest aktuell auch mit Anrainerberichten. Seit etwa drei Jahren werden viele der Balkone im Olympischen Dorf, aber auch im benachbarten Neu-Rum von Tauben heimgesucht und speziell seit der Entfernung des Taubenschlags wurden noch mehr Beschwerden gemeldet.

2015 wurde der Taubenschlag mit Platz für 100 Brutplätze und 200 Tiere im O-Dorf eröffnet, jetz wurde er umgesiedelt.  | Foto: BezirksBlätter Innsbruck
  • 2015 wurde der Taubenschlag mit Platz für 100 Brutplätze und 200 Tiere im O-Dorf eröffnet, jetz wurde er umgesiedelt.
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Planungs- und Gesundheitsfrage

Das Büro des Vizebürgermeisters erklärt, dass mit der Eröffnung der Terrasse im Nahbereich des Taubenschlags das pädagogische Personal und der Direktor im Nachgang eine "nicht-optimale" Situation gerade in Pausen- und Jausenzeiten urgiert hätten. "Das Gesundheitsamt hat aus hygienischer und gesundheitlicher Sicht ein vernichtendes Urteil gesprochen und auch eine externe Evaluierung ist zum selben Ergebnis gekommen." In weiterer Folge wurden sechs Standorte im Olympischen Dorf geprüft, die einerseits aus technischer Sicht und andererseits aufgrund der Eigentümer nicht infrage kamen. Außerdem habe man die Baurechtsbehörde und die Oberbehörde des Landes konsultiert: "Beide kamen zum Ergebnis, dass ein Taubenschlag nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz § 38 nicht zulässig wäre", so Büroleiter René Wex. Auf dem Dach der Schule sei dies damals aus widmungsrechtlicher Sicht möglich gewesen. Für einen Alternativstandort im Wohngebiet gäbe es diese Lücke jedoch nicht.

Der Taubenschlag übersiedelte vom O-Dorf in die Rossau. | Foto: pixabay
  • Der Taubenschlag übersiedelte vom O-Dorf in die Rossau.
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Konträre Ansichten

"Der neue Standort liegt im Nahbereich des Olympischen Dorfs und des neuen Campagne-Areals, und nach Gesprächen mit Experten des Alpenzoos rechnet man damit, dass sich die Tauben dort langfristig ansiedeln. Es gibt ein Nachfütterungskonzept, wir stellen aber vermehrt fest, dass das illegale Füttern um die Schule zugenommen hat, weshalb sich die Tauben nicht auf die Suche nach dem neuen Standort machen. Überdies sei das Problem auch hausgemacht, da die Tauben auch vereinzelt an den Balkonen gefüttert werden. Da können wir nur versuchen aufzuklären", führ Wex aus. Taubenexperte Lutsch sieht die Lage anders: "Die Tauben, die ja keine Wildtauben sind, sind dort, wo Menschen sind, da müsste man eine Futterspur legen, aber das geht ja über den Inn nicht", belächelt Lutsch den Versuch, die Tauben über den Inn zu treiben. 

Hans Lutsch berät mehrere Städte in Taubenfragen.  | Foto: Hans Lutsch
  • Hans Lutsch berät mehrere Städte in Taubenfragen.
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Zur Person:

Der Salzburger Hans Lutsch ist sachkundig im Bereich Taubenpflege und berät Städte und Stadtvereine in Österreich und Deutschland in Taubenfragen. Er veranstaltet zudem Seminare, die sich dem Thema der Taubenschlagsbetreuung widmen.  

Das Tiroler Raumordnungsgesetz

§ 38Wohngebiet
(1) Im Wohngebiet dürfen errichtet werden:
a) Wohngebäude,
b) Gebäude, die der Unterbringung von nach § 13 Abs. 1 lit. c zulässigen Ferienwohnungen oder der Privatzimmervermietung dienen,
c) Gebäude, die neben Wohnzwecken im untergeordneten Ausmaß auch der Unterbringung von Büros, Kanzleien, Ordinationen und dergleichen dienen,
d) Gebäude für Betriebe und Einrichtungen, die der Versorgung der Bevölkerung des betreffenden Wohngebietes mit Gütern des täglichen Bedarfs oder der Befriedigung ihrer sozialen und kulturellen Bedürfnisse dienen und die unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten die Wohnqualität in diesem Gebiet, insbesondere durch Lärm, Geruch, Luftverunreinigungen oder Erschütterungen, und dessen Charakter als Wohngebiet nicht wesentlich beeinträchtigen.

(2) Im Wohngebiet können Grundflächen als gemischtes Wohngebiet gewidmet werden. Im gemischten Wohngebiet dürfen neben den im Abs. 1 genannten Gebäuden auch öffentliche Gebäude, Geschäfts- und Verwaltungsgebäude, Gebäude für Gastgewerbebetriebe zur Beherbergung von Gästen mit höchstens 40 Betten und Gebäude für sonstige Kleinbetriebe errichtet werden, die unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten die Wohnqualität im betreffenden Gebiet, insbesondere durch Lärm, Geruch, Luftverunreinigungen oder Erschütterungen, und dessen Charakter als Wohngebiet nicht wesentlich beeinträchtigen.

(3) Bestehen auf Grundflächen, die als Wohngebiet oder gemischtes Wohngebiet gewidmet sind, rechtmäßig bereits Gebäude für andere als die im Wohngebiet bzw. im gemischten Wohngebiet zulässigen Betriebe oder Einrichtungen, so dürfen darauf auch Gebäude für diese Betriebe oder Einrichtungen errichtet werden, wenn dadurch

a)gegenüber dem Baubestand im Zeitpunkt der Widmung als Wohngebiet bzw. gemischtes Wohngebiet die Baumasse mit Ausnahme jener von Nebengebäuden um insgesamt nicht mehr als 20 v. H., höchstens jedoch um 400 m³, vergrößert wird und die betriebliche oder sonstige Tätigkeit gegenüber diesem Zeitpunkt höchstens geringfügig erweitert wird und

b)die Wohnqualität im betreffenden Gebiet, insbesondere durch Lärm, Geruch, Luftverunreinigungen oder Erschütterungen, und dessen Charakter als Wohngebiet nicht wesentlich oder, sofern vom betreffenden Betrieb bzw. von der betreffenden Einrichtung solche Beeinträchtigungen bereits ausgehen, nicht mehr als bisher beeinträchtigt wird.

(4) Im Wohngebiet und im gemischten Wohngebiet dürfen unter den gleichen Voraussetzungen wie für Gebäude auch Nebengebäude und Nebenanlagen errichtet werden. Weiters dürfen sonstige Bauvorhaben, die einem im jeweiligen Gebiet zulässigen Verwendungszweck dienen und die unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten die Wohnqualität im betreffenden Gebiet, insbesondere durch Lärm, Geruch, Luftverunreinigungen oder Erschütterungen, und dessen Charakter als Wohngebiet nicht wesentlich beeinträchtigen, ausgeführt werden.

(5) Die Wohnqualität gilt in Bezug auf Lärm durch ein Bauvorhaben jedenfalls dann nicht als wesentlich beeinträchtigt, wenn der nach dem Stand der Technik ermittelte Beurteilungspegel an den jeweiligen Grundstücksgrenzen in den Zeitabschnitten Tag, Abend und Nacht

a)die nach § 37 Abs. 4 entsprechend der Widmung maßgebenden dB-Werte nicht übersteigt oder

b)unter Zugrundelegung der örtlichen Gegebenheiten um nicht mehr als 1 dB angehoben wird.

Die Fotostory zur Taubenplage im Olympischen Dorf sehen Sie hier. 
Weitere Nachrichten aus Innsbruck lesen Sie hier. 

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