Analyse von Moosen
Neue Erkenntnisse über Ötzis letzte Reise

Blick durch das Mikroskop auf ein 5300 Jahre altes Glattes Neckermoos (Neckera complanata), das ua bei der Gletschermumie gefunden wurde.
 | Foto: Klaus Oeggl
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  • Blick durch das Mikroskop auf ein 5300 Jahre altes Glattes Neckermoos (Neckera complanata), das ua bei der Gletschermumie gefunden wurde.
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INNSBRUCK. Die Gletschermumie Ötzi ist wohl der am besten erforschte Leichnam der Welt. Trotzdem gelingt es Wissenschaftlern immer noch, neue Erkenntnisse zu gewinnen. Ein Forscherteam rund um Prof. Klaus Oeggl bringt nun Licht in die letzte Reise des Eismannes.

Das Team um Prof. Klaus Oeggl vom Institut für Botanik der Universität Innsbruck beschäftigte sich eingehend mit der Frage, welche Route Ötzi vor 5300 Jahren bei seinem Aufstieg in die Ötztaler Alpen wählte. Dabei analysierte das Team Moose, die in und bei der Mumie gefunden wurden. Die Ergebnisse dieser Analysen legen nahe, dass Ötzi eine südliche Route wählte und über die Schlucht am Eingang des Südtiroler Schnalstals aufstieg.

„Für die Bryologie, also für die Wissenschaft von Moosen, ist der Fundort von Ötzi und natürlich die Gletschermumie selbst einzigartig in der Geschichte des Quartärs bis heute. In unserer aktuellen Arbeit haben wir uns mit den um, auf und in Ötzi gefundenen Pflanzenresten beschäftigt. Dazu wurden aus den Sedimenten des Fundortes, aber auch aus der Kleidung und dem Magen-Darm-Inhalt der Gletschermumie Moose isoliert und analysiert“, erklärt Klaus Oeggl die Vorgehensweise.

Drittel der Moose nicht ortsüblich

Die Wissenschaftler konnten 75 verschiedene Moose identifizieren. Heute wachsen an der Fundstelle 21 verschiedene Moosarten. „Zwei Drittel der gefundenen Arten sind in der nivalen Zone – also auf über 3000 Metern – heimisch. Ein Drittel allerdings nicht, da sie nur in niederen Gebieten gedeihen. Jene Arten, die eigentlich am Fundort gar nicht wachsen können, sind für uns natürlich von besonderem Interesse, da sie uns Rückschlüsse auf die Route ermöglichen. Wir wissen, wo diese Moose üblicherweise vorkommen“, verdeutlicht Oeggl. Der Archäobotaniker geht davon aus, dass Ötzi auf seinem Weg auf das Tisenjoch die für die Höhe nicht zuordenbaren Moose mitgenommen hat. „Das kann auf seiner letzten Wanderung sowohl absichtlich als auch unabsichtlich passiert sein. Mein Kollege Jim Dickson dokumentiert bereits seit Jahrzehnten die Vorkommen und geografische Verbreitung der Moose in diesem Südtiroler Gebiet. Daher können wir rekonstruieren, durch welche Gebiete Ötzi gewandert ist.“ Besonders der Nachweis des Glatten Neckermoos (Neckera complanata) und einer Art der Torfmoose (Sphagnum) ist für das Forscherteam ein Beleg für die Theorie, dass der Mann aus dem Eis seine letzte Reise in den Norden über die Schlucht am Eingang des Südtiroler Schnalstales wählte – also aus dem Süden aufbrach.

Publikation: Dickson JH, Oeggl KD, Kofler W, Hofbauer WK, Porley R, Rothero GP, et al. (2019) Seventy-five mosses and liverworts found frozen with the late Neolithic Tyrolean Iceman: Origins, taphonomy and the Iceman’s last journey. PLoS ONE 14(10): e0223752.
https://doi.org/10.1371/journal.pone.0223752

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Blick durch das Mikroskop auf ein 5300 Jahre altes Glattes Neckermoos (Neckera complanata), das ua bei der Gletschermumie gefunden wurde.
 | Foto: Klaus Oeggl
Die Fundstelle von Ötzi auf dem Tisenjoch mit einem Denkmal für die Eismumie, Blick Richtung Süden.
 | Foto: Foto: Jim Dickson
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