TLP: Fortgesetzte Traumatisierung flüchtender Menschen in Tirol und ihre Auswirkungen

Dr. Verena Berger-Kolb, TLP (li), Gabriele Mantl, Ankyra.
  • Dr. Verena Berger-Kolb, TLP (li), Gabriele Mantl, Ankyra.
  • hochgeladen von Josef Wolf

Der Tiroler Landesverband für Psychotherapie (TLP) und Ankyra, das Zentrum für interkulturelle Psychotherapie in Tirol, weisen darauf hin, wie notwendig neben der Versorgung mit dem Notwendigen und der Unterbringung eine niederschwellig zugängliche, professionelle, dolmetschunterstützte psychotherapeutische Behandlung und eine ebensolche psychologische Krisentintervention für flüchtende Menschen in Tirol sei. Für traumatisierte Kinder und Jugendliche würden in Tirol fast gänzlich die Therapiemöglichkeiten fehlen. Derzeit befinden sich rund 5100 flüchtende Menschen in Tirol, die auf eine Entscheidung im Asylverfahren warten.

„Für Menschen in Kriegs- und Krisengebieten ist chronische Angst der Alltag. Sie sind über lange Zeit von Unterdrückung, Vertreibung, Hunger, Folter oder akuter Lebensgefahr bedroht. Diese Traumatisierung setzt sich durch die oft lebensgefährliche Flucht fort. Bei der Ankunft in ihrem Exilland erleben die flüchtenden Menschen zumindest die Sicherheit, nicht mehr akut bedroht zu sein“, berichtet TLP-Vorsitzende Dr. Verena Berger-Kolb.

„Ein unsicherer Aufenthaltsstatus, die oft über lange Zeit sehr beengte Unterbringungssituation ohne Privatsphäre, die fehlende Arbeitsberechtigung und die damit verbundene materielle Unsicherheit in ihrem Exilland führen bei vielen flüchtenden Menschen nach den traumatischen Erfahrungen in ihren Heimatländern und auf der Flucht allerdings zu einer fortgesetzten (sequentiellen) Traumatisierung. Dadurch steigt bei flüchtenden Menschen die Gefahr von unterschiedlichen psychischen Folgeerkrankungen wie posttraumatischen Belastungsstörungen, Angsterkrankungen, Depression und Suizidgefährdung“, so Dr. Verena Berger-Kolb .

„Um Flüchtlinge bei der Bearbeitung traumatischer Erfahrungen und bei der Bewältigung ihrer aktuellen Lebenssituation zu unterstützen, bietet Ankyra seit 2004 AsylwerberInnen, subsidiär Schutzberechtigten, anerkannten Flüchtlingen und MigrantInnen dolmetschunterstützte, traumaspezifische, kultursensible Psychotherapie im Einzel- und Gruppensetting, sowie flankierend medizinische und psychiatrische Beratung an“, so Ankyra-LeiterinGabriele Mantl. Die Unterstützungsangebote wurden über die Jahre stetig steigend in Anspruch genommen. Pro Jahr erhalten inzwischen in etwa 300 Menschen sowohl Einzelpsychotherapie als auch Gruppenpsychotherapie.

„Trotz extremer Gewalterfahrungen im Krieg, durch Folter und Gefängnis finden Menschen wieder zu ihrer Kraft und erfahren Linderung ihrer Beschwerden. Asylsuchende brauchen, um genesen zu können, Schutz und positive Aufnahme in Österreich. Sie brauchen sinnvolle Tätigkeit und Kontakt zur Bevölkerung“, so Gabriele Mantl abschließend.

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