Verein BIN: 7000 Glücksspielsüchtige in Tirol

Univ. Prof. Dr. Christian Haring, Obmann des Vereins BIN.
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„Rein statistisch gibt es in Tirol rund 7000 Menschen mit einem pathologischen Umgang mit Glücksspielen. Es ist aber zu befürchten, dass weit mehr Tirolerinnen und Tiroler ein problematisches Suchtverhalten bei Spielautomaten, Casinobesuchen, in Wettbüros sowie bei Spielen und Wetten im Internet an den Tag legen. Auch ein hoher Anteil der Tiroler Jugendlichen hat Kontakt zu Glücksspielen“, erklärt Univ. Prof. Dr. Christian Haring, Obmann des Tiroler Vereins BIN.

„Der Gesetzgeber muss angesichts des Ausmaßes des Spielsuchtproblems in Tirol an die Legitimierung von Glücksspielen auch den Aufbau von klaren Hilfsstrukturen für Spielsüchtige knüpfen. Es braucht eine bessere Information über die Gefahren des Glücksspiels und es braucht Präventionsprogramme an den Schulen. Bei bestimmten Glücksspielen braucht es ein höheres Alterslimit, ein Werbeverbot, eine strengere Einsatzbeschränkung und deutlichere Warnhinweise“, erklärt Univ. Prof. Dr. Christian Haring, Obmann des Tiroler Vereins BIN.

„Spielsucht ist lange Zeit völlig unsichtbar. Der durchschnittliche Spielsüchtige ist männlich, zwischen 30 und 45 Jahre alt, verheiratet, hat zwei Kinder und besitzt ein Haus. Erst wenn die psychischen Belastungen unerträglich werden, der Arbeitsplatz verloren und die Familie ein Scherbenhaufen ist, wird das Problem für Außenstehende sichtbar. Gerade neue Glücksspiele im Internet bieten immer mehr versteckte und anonyme Spielmöglichkeiten“, berichtet Christoph Hannemann, Leiter der Contra-Gambling-Gruppe und Mitarbeiter an der Universitätsklinik in Innsbruck.

„Der Einstieg in die Suchtspielkrankheit ist meistens ein Gewinnerlebnis. Spielgewinne haben als leicht verdientes Geld eine hohe Anziehungskraft. Das Glücksspiel bietet ein hohes Anspannungs- und Entspannungspotential. Spieler glauben, dass sie das Spiel, die Maschine, den Roulettetisch beherrschen. Es steigen Einsätze und Spielfrequenz. Erzielte Gewinne werden sofort wieder eingesetzt und verspielt. Das Spielen wird zum zentralen Lebensinhalt. Familie, Beruf und andere Interessen werden völlig in den Hintergrund gedrängt. Bestimmte Verhaltensmuster vor und während des Spielens werden zu regelrechten Ritualen. Zum Schluss kommt es zu regelrechten Spielexzessen, zu Verschuldung, Suizidgedanken und Kriminalität“, berichtet Christoph Hannemann.

„Meist gibt es einen Auslöser, der die Betroffenen dazu bewegt, bei uns professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Fast in allen Fällen besteht dieser Auslöser in einem sehr hohen Spielverlust und den daraus entstandenen schwerwiegenden (drohenden) Konsequenzen. Somit liegt beim Erstgespräch die Priorität in Stabilisierungsmaßnahmen und Sicherung der Lebenssituation. Darunter fallen z.B. Regelungen mit den Bankberatern, Umgang mit den Gläubigern oder auch die Durchführung einer Sperre bei legalen Spielanbietern. Im weiteren Beratungsverlauf müssen sowohl die Suchterkrankung selbst als auch die Folge- und die möglicherweise schon lange bestehenden Hintergrundprobleme bearbeitet werden“, so Hildegard Seebacher von der BIN-Beratungsstelle in Innsbruck.

„Eine Besonderheit des BIN-Angebotes besteht darin, dass wir auch Angehörige intensiv in die Gespräche einbinden können, was ganz besonders bei der GSS ein wichtiger Punkt ist. Neben der Aushandlung der Finanzverwaltung geht es dabei auch um Information über die Spielsucht einerseits und den sog. Co-Abhängigkeitsprozess andererseits. Dadurch sollen die suchtspezifischen Dynamiken in der Beziehung klarer und somit verstehbarer gemacht werden, um Veränderungen in der Kommunikation, den Einstellungen und Verhaltensweisen aller Beteiligten möglich zu machen“ berichtet Hildegard Seebacher.

Der Verein BIN (Beratung, Information und Nachsorge) hilft und berät bei Abhängigkeitskrankheiten wie Spielsucht. Er bietet in Tirol Beratung und Nachsorge an elf Standorten an. Kontaktmöglichkeit: 0512/580040. www.suchtberatung-tirol.at

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