Frei im Theater: Alltagsg'schichtn
Die österreichische Seele
Wenn die Hintern Platz haben, dann haben es die Köpfe auch, pflegte meine Großmutter immer zu sagen. So richtig verstanden hab ich ihren Spruch nie – bis ich diese vier zur Kenntlichkeit mit nackt-überquellender Körper(schaumstoff)fülle und blonder Waschen-Legen-Perücke ausgestatteten Einheitswesen am Abend des Dreikönigstags – gewissermaßen zur besten Sendezeit - zusammengepfercht auf einer roten Parkbank auf der Treibhausbühne sah.
Alltagsrassismus und Lebenshunger
Wo sie sinnigerweise gleich neben dem ebenfalls roten Müllkübel ihre Einsichten und Überzeugungen vor uns ausbreiteten, ihren längst in Fleisch und Blut übergegangenen Alltagsrassismus, der sich in einer fortwährenden Abwertungs-Suada entlädt. Auf die da oben, sprich die Politiker, die ersehnten oder gewesenen Gesponse, die Migranten, die noch dazu über einem wohnen. Gleichzeitig spricht aus jeder der vier Figuren, die Oliver Burkia, Carmen Gratl, Ute Heidorn und Frederick Redavid zum Niederknien überzeichnet und gerade deswegen so wahrhaftig verkörpern, ein monströser unstillbarer Lebenshunger, eine nur leidlich mit einer Datingblume kaschierte Gier, welche sich nur um sich selbst schert und wo allenfalls das eigene Haustier auf Empathie hoffen darf.
Grandiose Verdichtung von Spiras Alltagsgeschichten
In dieser vom Staatstheater mit Regiekönnerin Susi Weber und ihrer kongenialen Ausstattungsmeisterin Esther Frommann realisierten grandiosen Verdichtung von Elizabeth T. Spiras Alltagsgeschichten wird mutig offengelegt, was man häufig reichlich verbrämend als österreichische Seele bezeichnet. Letztlich, auch das wird in diesem irrwitzig-komischen Theaterabend offensichtlich, verbirgt sich hinter all dem ein großer Welt- und Menschenekel. Doch selbst in dieser entlarvenden Wahnsinns-Szene bleiben alle vier – wenn auch mit entsprechenden Verrenkungen - auf der Bank sitzen. Besser und aufrüttelnder kann man tatsächlich nicht ins neue Theater- und Superwahljahr starten.
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