Frei im Theater: Späte Gegend
Ein aufwühlender Abend wider das Vergessen

Lassen die dramatischen Wendepunkte in ihrem  Leben aus den Trümmern der Geschichte auferstehen: Beate Palfrader und Madeleine Weiler in Markus Plattners symbolstarker Inszenierung von Lida Winiewiczs Erinnerungsstück „Späte Gegend“. | Foto: Sylvia Sivi
  • Lassen die dramatischen Wendepunkte in ihrem Leben aus den Trümmern der Geschichte auferstehen: Beate Palfrader und Madeleine Weiler in Markus Plattners symbolstarker Inszenierung von Lida Winiewiczs Erinnerungsstück „Späte Gegend“.
  • Foto: Sylvia Sivi
  • hochgeladen von Christine Frei

Fast zehn Jahre lang war „Späte Gegend“ von Lida Winiewicz in der Kultbesetzung Ruth Drexel und Christine Ostermayer stets krönender Abschluss der Tiroler Volksschauspiele. Für das erstmals 1993 am Volkstheater uraufgeführte Stück hatte Winiewicz ihren gleichnamigen Roman, in dem sie eine Kleinhäuslerstochter aus ihrem Leben zwischen Erstem Weltkrieg bis herauf in die Sechzigerjahre erzählen lässt, noch um den Text einer Städterin erweitert. Darin hat sie vermutlich ihre eigene Geschichte verarbeitet, denn auch Winiewiczs Vater wurde in Auschwitz ermordet, sie selbst als sogenannter „Mischling“ ausgegrenzt.

Erinnerungen aus den Trümmern der Geschichte
Markus Plattner hat diesen aufrüttelnden Theatertext, dessen Sub-Botschaft dringlicher nicht sein könnte, nun im Schwazer Lendbräukeller mit Beate Palfrader und Madeleine Weiler umgesetzt. Aus den Trümmern der Geschichte und vor dem Sujet eines einsamen Begräbnisses im Regen lässt Plattner die so gänzlich unterschiedlichen Lebensläufe der beiden Frauen fast wie Schimären auferstehen - effektvoll untermalt respektive konterkariert von den Hymnen und Gassenhauern der jeweiligen Zeit.

Fühl- und greifbar gemachte Wendepunkte

Man lebt und leidet mit beiden mit, wenn sie noch einmal in zentrale Momente ihres Lebens hineingehen und sie so für uns fühl- und begreifbar machen. Ist zutiefst bewegt, wie sich das Leben der einen durch etwas Glück plötzlich sogar zum Besseren und jenes der anderen durch systematische Verfolgung und Vernichtung auf dramatische Weise wendet. Kann verstehen, dass sie sich zuletzt beide irgendwie „übrig“ fühlen. Und so ein Schirm, auch das wird einem schmerzlich bewusst, mag vielleicht vor ein paar Regentropfen schützen, aber gegen die von Menschen initiierten Zerstörungsstürme ist er machtlos. Ein Abend, der aufwühlt und lange nachwirkt.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.