Welltag des Buches: Interview mit Willi Giuliani
„Highnoon in der Höttinger Au“

Autor Willi Giuliani | Foto: Wagner'sche
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Soeben ist im Verlag der Wagner’schen Buchhandlung ein neuer Band der Erinnerungsreihe erschienen. Der Innsbrucker Willi Giuliani erzählt vom Stadtteil Höttinger Au.

Die Höttinger Au ist ein junger Stadtteil in Innsbruck. Wie entstand die Idee, dieses Buch zu schreiben?

Willi Giuliani: Meine Großeltern gehörten 1950 zur Gründergeneration in der Heilig-Jahr-Siedlung. Meine Mutter ist dort aufgewachsen, und ich habe einen Teil meiner Kindheit hier verbracht. In den 1990er Jahren hatte ich einen Proberaum im Schutzkeller des Kindergartens am Mitterweg. Seit gut zehn Jahren wohne ich selbst in der Höttinger Au, habe den Stadtteil also in verschiedenen Lebensphasen erlebt: als Kind, als Jugendlicher und später als Vater. Während dieser ganzen Zeit hat sich viel getan. Ich war mit meinen drei Kindern oft auf Spielplätzen unterwegs, habe Menschen und Geschichten kennengelernt, die ich irgendwann aufschreiben und genauer recherchieren wollte.

Wie haben Sie die Zeit als Kind in den 1980er Jahren dort erlebt?

Giuliani: Wir haben an Wochenenden häufig im Garten meiner Großeltern gespielt. Die Atmosphäre war oft merkwürdig, meine Großeltern streng. Ich habe als Kind gespürt, dass hier auch über vieles geschwiegen wird. Ich wollte mehr wissen. Meine Mutter und andere Zeitzeugen haben mir erzählt, dass sich in der Nachkriegszeit hinter den Fassaden viel Negatives abgespielt hat. Einerseits war die Heilig-Jahr-Siedlung in den 1950er Jahren ein idyllischer Ort mit vielen Kindern, andererseits gehörte – wie überall – Gewalt in der Familie zum Alltag dazu.

Warum heißt das Buch „Ein Innsbrucker Western“

Giuliani: Wenn man am Abend durch den Stadtteil spaziert, wirkt alles so ausgestorben. Fast wie eine Geisterstadt oder wie „Highnoon“ in einem Western, wo der Wind die Blätter durch die Straßen fegt. Gleichzeitig herrschte bereits in den 1970er Jahren eine „Goldgräberstimmung“. Zu dieser Zeit erlangte auch der Flughafen Bedeutung und viele, meist private Wohnanlagen wurden gebaut. Diese Eigentumsmentalität ist heute auch aufgrund der hohen Immobilienpreise spürbar. Es wird viel gebaut, Anlegerprojekte und Kleinwohnanlagen verdrängen die letzten alten Einfamilienhäuser.

Was ist für Sie das Besondere an diesem Stadtteil, der an vielen Ecken eher gesichtslos wirkt.

Giuliani: Ich frage mich, ob dieser Stadtteil ein Dorf, eine Vorstadt oder einfach nur ein riesiger asphaltierter Autoabstellplatz ist. Es gibt wenig charmante Infrastruktur, Restaurants oder Bars. Man merkt an jeder Ecke, dass die Höttinger Au in den 1970er Jahren geplant wurde – Autos und Verkehr galten damals als gesellschaftlich prägendes und positiv bewertetes Statussymbol.

Was ist trotzdem reizvoll an dieser Gegend?

Giuliani: Der hohe Anteil an Grünflächen ist städtebaulich schön, die Weitläufigkeit. Es gibt Parks, die Innpromenade. Die Höttinger Au hat eine gewisse Offenheit, die es nur im Westen der Stadt gibt. Der Flughafen ist außerdem ein zentraler Ort für die Höttinger Au, der den Stadtteil sehr geprägt hat.

Welche besonderen Geschichten kommen in diesem Band vor?

Giuliani:
Ich habe als Kind den spektakulären Millionendiebstahl miterlebt, der sich am Flughafen in einer anrollenden Tyrolean-Maschine abgespielt hat. Der Fall wurde nie aufgeklärt, ich wollte ihn möglichst genau nachzeichnen. Viel Platz im Buch ist aber auch Unspektakulärem gewidmet, wie der Geschichte des ehemaligen Kulturzentrums Haven, später besser als Hafen bekannt. Das war eine Art bunte Kommune. Aber auch die Verbauung und Regulierung des Inns ist interessant: Studierende schätzen ja das sogenannte Sonnendeck, aber sonst? Auch die Freundschaft zu meinen Nachbarn beschreibe ich. Letztlich wollte ich den Stadtteil besser kennenlernen. Ein Buch darüber hat es aber noch nicht gegeben, also musste ich es selbst schreiben.

Das Interview führte
Gerlinde Tamerl

Buchpräsentation:
Willi Giuliani: Ein Innsbrucker Western
20. April 2022, Beginn: 19.30 Uhr
Wagner'sche Buchhandlung, Museumstraße 4, Innsbruck

„Eine Veranstaltung zum Welttag des Buches, unterstützt vom Hauptverband des Österreichischen Buchhandels“
Eintritt frei!

Link zum Buch: https://www.wagnerscheverlag.at/eininnsbruckerwestern

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