Frei im Konzert: Komponist:innen unserer Zeit
Musikalische erneuerbare Energien

Eröffneten den InnStrumenti-Uraufführungsabend zum Thema "Erneuerbare Energien" im Haus der Musik mit einer fast zen-haft anmutenden Performance: Schlagzeuger Charlie Fischer und Gunter Schneider in der von Schneider kreierten psychoakustischen Hörpartitur "recycling structures für zwei improvisierende Solisten und Kammerorchester". | Foto: Amir Kaufmann
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  • Eröffneten den InnStrumenti-Uraufführungsabend zum Thema "Erneuerbare Energien" im Haus der Musik mit einer fast zen-haft anmutenden Performance: Schlagzeuger Charlie Fischer und Gunter Schneider in der von Schneider kreierten psychoakustischen Hörpartitur "recycling structures für zwei improvisierende Solisten und Kammerorchester".
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Was für ein Konzertabend! Da sage einer noch, zeitgenössische Musik sei nur sperrig-verkopft und nicht dazu angetan, unsere Vorstellungskraft zu entzünden und uns mit fassbaren Bildern und Gefühlen emotional zu packen. Das mittlerweile 23. InnStrumenti-Uraufführungskonzert der Reihe „Komponist:innen unserer Zeit“ am Samstag, 2. März, im Haus der Musik hat diese Annahme, dieses Vorurteil in jedem der fünf aufgeführten Stücke begeisternd widerlegt. Und das, obwohl hier Komponist:innen dreier Generationen am Werk waren, von denen drei übrigens 2024 einen runden Geburtstag feiern: Ausnahmegitarrist und Klangerkunder Gunter Schneider seinen 70er, Hubert Stuppner, langjähriger künstlerischer Leiter des Busoni-Klavierwettbewerbs, seinen 80er und die im Vorjahr mit dem Hilde-Zach-Stipendium ausgezeichnete Ivana Radovanovic ihren 30er. Das Leitthema des Abends „Erneuerbare Energien“ hätte ebenfalls aktueller und drängender nicht sein können.

Musikalisches Re- und Upcycling
Gunter Schneider und Martin Lichtfuss griffen etwa die Idee des Recyclings von kompositorischen Strukturen auf, denn die ständige Forderung nach etwas Neuem sei ebenfalls Ausdruck und Merkmal einer Wegwerfgesellschaft, erklärte etwa Lichtfuss im Gespräch mit Benedikt Grawe. Während Lichtfuss in seinem Orchesterwerk „Re-Cycle II“ ein Stück weit den Prozess der Stromerzeugung durch Wind, Sonne, Wasserkraft akustisch nachzeichnete, kamen in Schneiders „recycling structures“ (für zwei improvisierende Solisten und Kammerorchester) Perkussionsinstrumente zum Einsatz, die Schneiders Musikerfreund Haimo Wisser mit dem auch performenden Schlagzeuger Charlie Fischer schon 1990 aus Metallabfällen gebaut hatte. Zudem nutzte Schneider für seine eigene Performance in dieser fast zen-haft anmutenden „psychoakustischen Hörpartitur“ ebenfalls Alltagsgegenstände wie Glastuben, Stricknadeln, Miniklammern, um seinen Gitarren unterschiedlichste Klänge zu entlocken.

Von Eros bis Äther
Ivana Radovanovic beschwor in ihrem beeindruckenden Werk „Azure: Five Elements für Orchester und Elektronik“ die unserem Geist und Bewusstsein innewohnende Möglichkeit, Katastrophen und Selbstzerstörung nicht nur herbeizuführen, sondern diese vielmehr im Einklang mit den Elementen abzuwenden und zu einem neuen harmonischen Ganzen zu transformieren. Ein Stück weit hatte ihr Werk gerade zuletzt fast etwas Sakrales. Jedenfalls gelang es ihr damit, ein gleichermaßen aufrüttelndes wie ermutigendes Zeichen zu setzen. Für Grandseigneur Hubert Stuppner ist indes der Eros die bestimmende menschliche Antriebsenergie, die sich sinnbildlich im ekstatisch-rauschhaften Tanz der Salome wie ein Perpetuum mobile ständig zu erneuern scheint. Allerdings ließ er Salome, die er für diesen Abend ebenfalls ein Stück weit motivisch recycelte, dafür nun in unterschiedlichen Klang- und Schleierfarben bis an den St. Nimmerleinstag in der Unterwelt tanzen.

Donnernder Abgesang
Mit Philipp Ossannas „State of Matter“ stand zuletzt noch ein Gitarrist und Komponist der jüngeren Generation auf der Bühne, der mit seinem Werk unseren irreversibel abschmelzenden Gletschern in den Ostalpen ein eindrückliches akustisches Denkmal setzte und dazu auch noch ein von ihm mitproduziertes Video aus den Stubaier Alpen einspielte. Begleitetet von krachenden Donnerschlägen, die sich zuletzt in einem aufbäumend-eindringlichen E-Gitarrensolo entluden, wurden wir so zu Augen- und Ohrenzeugen, wie unsere Wasserspeicher sich zusehends verflüchtigen und melancholisch ausgurgeln. InnStrumenti-Chef Gerhard Sammer stand wie üblich hochzentriert am Pult und führte das Orchester souverän durch diese ebenso anspruchsvollen wie inspirierenden Werke.

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