Frei im Theater: Geierwally
Starkes Volkstheater in der Schlucht

Atmosphärisch dichtes Drama: Elke Hartmann hat Felix Mitterers "Geierwally" als aufwühlenden Alpenwestern angelegt, in dem die selbstbewusste Titelheldin letztlich keinen wirklichen Lebensspielraum hat.  | Foto: Markus Brandmayer
  • Atmosphärisch dichtes Drama: Elke Hartmann hat Felix Mitterers "Geierwally" als aufwühlenden Alpenwestern angelegt, in dem die selbstbewusste Titelheldin letztlich keinen wirklichen Lebensspielraum hat.
  • Foto: Markus Brandmayer
  • hochgeladen von Christine Frei

Der Bach rauscht und übertönt so den Regen, der auf das große, über Tribüne und Schlucht gespannte Segel prasselt. Im Publikum sitzen hunderte Menschen in Wintermontur und eingehüllt in Decken. Es hat unfassbare 7 Grad an diesem Aufführungsabend der Geierwally auf der genau so titulierten Freilichtbühne in Elbigenalp, die 2023 ihr sagenhaftes 30-Jahr-Jubiläum feierte. Mit genau jenem Stück, mit dem die Erfolgsgeschichte dieser Volksbühne begründet wurde. Eine Auftragsarbeit damals für den schriftstellerischen Doyen des Volkstheaters Felix Mitterer, ohne den ja auch die Volksschauspiele nie in Telfs angekommen wären. Und gleichzeitig eine Hommage an die berühmteste Tochter dieses Ortes: Anna Stainer Knittel, die durch Wilhelmine von Hillerns Bestsellerroman „Geierwally“ aus dem Jahr 1873 zu einer Art mythischen Figur wurde.

Gnadenlose Abrechnung mit dem Patriarchat
Mitterers Stück war natürlich auch eine überfällige Heimholung, denn von Hillern hatte die Geschichte ja im Ötztal angesiedelt. Für die Jubiläumsinszenierung von Mitterers Geierwally hat Bernhard Wolf, der mittlerweile auch schon seit zehn Jahren die künstlerische Leitung der Bühne innehat und diesseits von Fernpass und Hahntennjoch vor allem als Mitglied des legendären Feinripp-Trios bekannt ist, keine Geringere als Elke Hartmann verpflichtet, die seit 2018 gemeinsam mit Michaela Senn das Theater praesent künstlerisch verantwortet. Hartmann hat Mitterers gnadenlose Abrechnung mit dem Patriarchat, die das Stück letztlich ist, zu einem eindrucksvollen Alpenwestern geformt.

Die Wally in Hosen und mit Rückgrat
Der „Vogel“ (ob nun Geier oder Adler), den die Wally als Jugendliche aus dem Nest holt, wird in ihrer Inszenierung zum lebenslangen treuen Begleiter. Ihre Wally ist eine mutige und unerschrockene junge Frau in Hosen und mit Rückgrat (großartig verkörpert von Hannah Scheidle), die sich eindrucksvoll vom Felsen abseilt und sich den Mann an ihrer Seite natürlich selbst aussuchen will, was der originalen Anna Stainer Knittel tatsächlich erfolgreich gelungen ist. Das schroffe Gelände der Bernhardsschlucht wird in Hartmanns Inszenierung zum Synonym für die unerbittliche Härte und Willkür eines gesellschaftlichen Systems, in dem Frauen und Untergebene einfach nur das „Gscher“ sind. Christof Kammerlanders hierfür eigens komponierte Musik treibt das unaufhaltsame Drama akzentuiert voran. Das Ergebnis: ein atmosphärisch ungemein dichter Theaterabend, der lange nachschwingt.

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