Brigitte Winkler-Komar
"Die Kunst- und Kulturstrategie hat Priorität"

Brigitte Winkler-Komar will als neue Leiterin der Kulturabteilung (Land Kärnten) mit der Umsetzung der Kunst- und Kulturstrategie fairere Rahmenbedingungen für Kunst- und Kulturarbeitende schaffen. | Foto: MeinBezirk.at
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  • Brigitte Winkler-Komar will als neue Leiterin der Kulturabteilung (Land Kärnten) mit der Umsetzung der Kunst- und Kulturstrategie fairere Rahmenbedingungen für Kunst- und Kulturarbeitende schaffen.
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Die gebürtige Völkermarkterin Brigitte Winkler-Komar ist die neue Kulturamtsleiterin. Im Interview verrät uns die 53-Jährige, wie es zur Rückkehr nach 35 Jahren kam, was sie am ersten Arbeitstag in Kärnten erwartet hat und welche Pläne sie im Sinne der Kunst- und Kulturszene umsetzen möchte.

MeinBezirk.at:Sie haben nach der Matura Abschied von Kärnten genommen, waren in viele verantwortungsvollen Positionen und kehren nun nach 35 Jahren wieder in die Heimat zurück. Was hat Sie an der Leitung der Kulturabteilung des Landes Kärnten gereizt?
Brigitte Winkler-Komar: Zu dem Entschluss kam es, weil ich inhaltlich die Aufgabe hier sehr spannend finde. Ich bin seit 20 Jahren in der Kunst- und Kulturförderung und was bisher immer in sehr speziellen Segmenten tätig. Ich habe die Zeit sehr genossen. Der Abschied vom Bundesministerium fiel mir schwer. Gereizt hat mich an meiner neuen Aufgabe, dass ich die gesamte Breite der Kunst und Kultur betreue. Nach 35 Jahren nach Kärnten zurückzukehren, ist für meinen Lebensentwurf auch ein schöner Bogen, wobei man aber klar festhalten muss, dass ich hier erstmal nur einen Fünf-Jahres-Vertrag habe.

Fünf Jahre ist eine begrenzte Zeit, da Sie schnell in die Gänge kommen.
In die Gänge gekommen bin ich schon am ersten Tag, mich hat gleich eine Rechnungshofprüfung erwartet. Für die Beantwortung hatten wir nur zehn Tage Zeit. Außerdem stand sofort das Auswahlverfahren für die Neubesetzung des Landesmuseums an. Ich habe mein Team sehr schnell und intensiv kennengelernt. Wir führen nach wie vor viele Gespräche, wie man Abläufe verbessern bzw. adaptieren kann, um effizient und gleichzeitg inspiriert zu arbeiten, denn nur so lässt sich etwas bewirken.

Landeshauptmann und Kulturreferenz Peter Kaiser überreicht am 15. Februar Brigitte Winkler-Komar offiziell das Dekret für die Leitungsfunktion in der Kulturabteilung. | Foto: LPD Kärnten/Peter Just
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Welche Veränderungen streben Sie jetzt schon an?
Am 15. Februar habe ich begonnen, am 9. März war schon das Meeting für die Umsetzung des Elektronischen Aktes in dieser Abteilung. Das Land Kärnten wird bis Ende 2024 den Elektronischen Akt ausrollen. Da ich im Bund damit schon gearbeitet habe, wollte ich nicht bis Ende 2024 warten und habe mit meinem Team die Umsetzung schnell auf den Weg gebracht. Weiters strebe ich die Adaptierung der Aufgabenverteilung an, um die Abläufe effizienter zu gestalten. Es wird ein großes Thema sein, eine Kunst- und Kulturstrategie in Kärnten umzusetzen, zu der wichtige Themen gehören wie etwa fairere Rahmenbedingungen für Kunst- und Kulturtätigen zu schaffen. Faire Bezahlung ist beispielsweise ein Thema, das man nur schrittweise in Zusammenarbeit aller Partner lösen kann. Die Kunst- und Kulturstrategie wird sich auch mit dem Thema auseinandersetzen, wie wir Kunst und Tourismus näher zusammenbringen.

Das alles erfordert finanzielle Ressourcen. Kennen Sie Ihr Budget bereits?
Ich habe noch kein fixes Kulturbudget für 2023, wir halten uns an die Zwölftelregelung. Das bedeutet, die Gelder, die im Vorjahr (Anm. 28 Millionen Euro) zu Verfügung standen, sind auch heuer verfügbar, aber vorerst nichts darüber hinaus.

Doch das beste künstlerische Schaffen, sei es auch noch so finanziell gefördert, bringt nichts, wenn der Kreis der Kunstinteressierten gleich groß bleibt oder gar mit der Zeit schrumpft. Wie kann man mehr Menschen von Kunst begeistern, wie kann man Kunst mehr Menschen zugänglicher machen?

Etwa durch Angebote, die für alle Altersstufen existieren, wobei gerade Kärnten schöne Beispiele mit Kindertheater und ähnlichen Angeboten hat. Ein schönes Beispiel ist auch „Komm zur Kultur“, ein Programm, das „Schule im Museum“ abgelöst hat. Wir stellen Kindergärten, Schulen und Hortgruppen Fahrtkostenzuschüsse zur Verfügung, wenn sie sich eine Veranstaltung – egal in welchem Genre, ob Theater, Museum, Konzert, bildende Kunst – ansehen möchten.

Der vielzitierte „Braindrain“ trifft auch die Kunst- und Kulturszene. Wie möchten Sie diese dazu bewegen, hier zu bleiben oder zurückzukommen?
Es gibt durchaus Rückkehrerinnen und Rückkehrer, die auch bewusst zurückkommen, um im ländlichen Raum Kunst und Kultur zu schaffen. Man darf etwas nicht vergessen: Viele Künstlerinnen und Künstler gehen nach Wien, weil es dort eine Vielzahl an Möglichkeiten gibt. Zudem leben in Wien 25 prozent der österreichischen Bevölkerung. Dadurch ist die Wiener Kulturlandschaft jedoch auch wesentlich kompetitiver.Es finden jeden Abend mehrere Hundert Veranstaltungen statt. Dort gesehen zu werden, ist nicht so einfach. Dort wird genauso um Fördermittel gekämpft. Das erkennen viele Kulturtätige: Man kann auch hier in Kärnten genauso experimentell arbeiten. Die Erfahrungen, die sie aber dort sammeln, sind für die Kunstschaffenden und ihre Projekte von enormer Bedeutung. Ich glaube stark daran, dass man gerade im ländlichen Raum wahnsinnig interessante Dinge umsetzen, neues Publikum damit anlocken und etwas verändern kann. Jeder, der nach Kärnten zurückkehrt hat nicht nur meine Hochachtung, sondern auch meine Unterstützung.

Tag der offenen Tür: Feierlicher Auftakt zum Schwerpunktjahr im Haus der Volkskultur in Klagenfurt am 28. April von 11 bis 17 Uhr. | Foto: Kärntner Blasmusikverband
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Der Kärntner Raum ist von Volkskultur geprägt, auch das Land Kärnten widmet sich diesem Umstand indem es das „Jahr der Volkskultur“ ausgerufen hat. Wie stehen Sie selbst zur Volkskultur?
Was mir gefällt, ist dass sich sehr viele junge Menschen mit Traditionen und Bräuchen auseinandersetzen und das mit den Mitteln des 21. Jahrhunderts umsetzen. Die Volkskultur ist zudem vom Ehrenamt geprägt – ein Zeichen für die große Leidenschaft, die dahintersteckt. Man darf nicht vergessen, dass die Volkskultur, insbesondere die Musik, die Chöre, die Blasmusik usw. Quelle der besten Musiker unserer Zeit sind. Viele Philharmoniker und Mitglieder der besten Orchester weltweit kommen aus der Blasmusik. Stolz sind wir darauf, auch slowenische Verbände beim „Jahr der Volkskultur“ begrüßen zu dürfen. Am 28. April um 11 Uhr wird das „Jahr der Volkskultur“ offiziell mit einem Tag der offenen Tür im Haus der Volkskultur eröffnet.

Wie wichtig sind solche Schwerpunktsetzungen von Seiten der Kulturabteilung?
Sie bewirken die Bündelung künstlerischer Kräfte und verstärkte Sichtbarmachung. Das Schwerpunktthema „Jahr der Volkskultur“ wird aus einem Sonderbudget mit rund einer Million Euro finanziert. Die klassische Kunst- und Kulturförderung hat strukturell bedingt keine Mittel für Marketing, was aber ein wichtiges Thema ist. Das Geld wird primär für das künstlerische Schaffen ausgegeben, weil das so gesetzlich geregelt ist. Deshalb sind solche Schwerpunktjahre gut, , um die vielen engagierten Kunst- und Kulturtätigen sichtbar zu machen. Deswegen wäre beispielsweise auch eine verstärkte Kooperation mit dem Tourismus so wichtig.

Warum sind Sie selbst nicht – professionell - künstlerisch tätig?
Diese Frage hat sich mir nie gestellt. Ich war als Kind verliebt in Literatur, habe unglaublich viel gelesen und war an der Auseinandersetzung mit Kultur sehr interessiert. Aber ich habe früh gemerkt, dass die Breite der Kultur mir und meiner Seele einfach guttut. Dass ich dann letztlich über die Studien der Rechtswissenschaften und der Kunstgeschichte idealerweise in der Kunstförderung gelandet bin, ist sehr schön für mich. Auch wenn die Fördergespräche nicht immer einfach sind und man immer mit der Geldknappheit auf beiden Seiten kämpfen muss.

Apropos „nicht einfache Fördergespräche“: Gerade aus der freien Szene gibt es immer wieder Rufe nach mehr Förderung.

Der Ruf nach mehr Fördergeldern kommt von allen Seiten. Die freie Szene ist tatsächlich ein Quell großer Inspiration. Das ist tatsächlich eines der herausforderndsten Themen aktuell. Für eine gelingende Kunst- und Kulturlandschaft ist die freie Szene absolut essenziell und die Rebellion gehört dazu. Eine kleine Theatergruppe darf sich viel mehr Experimente erlauben, weil sie andere Deckungsbeiträge pro Aufführung erzielt als ein großes Theater, das eine bestimmte Anzahl an Zusehern haben muss, um halbwegs kostendeckend zu sein. Hier bessere Rahmenbedingungen zu schaffen, ist ein großer Ansatz der Kunst- und Kulturstrategie.

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