Kärnten
Telefonische Gesundheitsberatung startet am 4. November

Die Nummer 1450 sollte man sich merken. Am 4. November startet die telefonische Gesundheitsberatung "Wenn's weh tut" in Kärnten | Foto: Pixabay/rawpixel
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Plötzliches Bauchweh? Dem Kind geht es nicht gut? Die Nummer 1450 sollte man sich merken. Die telefonische Gesundheitsberatung startet nun auch in Kärnten und soll Patientenströme sinnvoll leiten, Ambulanzen entlasten.

KÄRNTEN. Im Rahmen der "Zielsteuerung Gesundheit" wurde das Konzept der telefonischen Gesundheitsberatung entwickelt. Das Ziel: Betroffene, die Beschwerden haben, besser an jene Stellen zu leiten, wo sie behandelt werden ("Best Point of Service"). Der reguläre Betrieb der telefonischen Gesundheitsberatung (Nummer 1450) startet in Kärnten nun mit Montag, 4. November.

Wegweiser durchs Gesundheitssystem

Die Nummer 1450 ist täglich 24 Stunden erreichbar. Hat man Beschwerden und ist unsicher, was zu tun ist, ruft man an – was vor allem außerhalb der Ordinationszeiten ein großer Vorteil ist. Es erfolgt ein Gespräch mit speziell ausgebildetem diplomiertem Gesundheits- und Krankenpflegepersonal, das im Hintergrund auch immer ärztlichen Rat parat hat. Anhand von gezielten Fragen wird eruiert, ob Schmerzen selbst behandelt werden können, am nächsten Tag ein Hausarzt aufzusuchen ist oder – bei einem Notfall – gleich die Rettung geschickt wird. 
Die Beratung ersetzt natürlich keine ärztliche Behandlung, sondern fungiert als Wegweiser bzw. Empfehlung.


Ambulanzen entlasten

"Es geht auch darum, Ängste zu nehmen. Bei Kindern wird man ja schnell mal panisch", sagt Gesundheitsreferentin LH-Stv. Beate Prettner. "Das Ziel ist, so die Ambulanzen massiv zu entlasten." Die Krankenanstalten berichten nämlich, dass 40 Prozent der Patienten gar nicht die Ambulanz aufsuchen hätten müssen, sondern woanders besser aufgehoben wären. Und Studien zeigen: Rund 70 Prozent der Menschen schätzen ihre Beschwerden schwerwiegender bzw. dringlicher ein als sie sind. 

Bisherige Erfahrungen mit "1450"

Hierzulande ist man nun gut vorbereitet und profitiert von den Erfahrungen anderer Bundesländer. Die Pilotregionen waren Wien, Niederösterreich und Vorarlberg (seit 2017), am 1. Jänner 2019 startete dort der Regelbetrieb. 
Die bisherige Bilanz zeigt Erfolge: 

  • Rund 60 Prozent der Anrufer wurden in weiterer Folge bei niedergelassenen Ärzten behandelt.
  • Etwa 20 Prozent der Anrufer benötigte letztendlich die Ambulanz.
  • Die restlichen 20 Prozent waren Notfälle.

Prettner: "Das ist eine beträchtliche Reduktion: Ca. 60 Prozent suchten also die Ambulanz nicht auf, die es möglicherweise getan hätten."
Die häufigsten Symptome, wegen denen bisher angerufen wurde, waren Bauch- und Kopfweh, Herzschmerzen, Ohrenschmerzen bei Kindern oder unerklärliche Schwächegefühle. 

LH-Stv. freut sich über das zusätzliche Service der vorgeschalteten Gesundheitsberatung | Foto: LPD Kärnten
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Zusätzliches Personal aus Kärnten

Die "1450" ist eine zusätzliche Nummer. "Die erste, die einem einfallen sollte", so Prettner. Sie ersetzt weder die "144" (Rettung) noch die "141" (hausärztlicher Bereitschaftsdienst).
Das Land Kärnten greift nun auf die Dienste der "Notruf Niederösterreich GmbH" zurück. Nach dem Bestbieter-Prinzip wurde entschieden, erklärt Prettner: "Notruf Niederösterreich bietet auf höchster Qualität das an, was verlangt wird. Man wird zusätzliches Personal benötigen. Im Zwei-Jahres-Vertrag wurde sichergestellt, dass dieses aus Kärnten lukriert wird. Der Aufenthaltsort des Telefonberaters ist nämlich irrelevant."

Finanzierung durch drei Partner

Für die nächsten zwei Jahre wurde auch die Finanzierung (1,54 Mio. Euro) sichergestellt – durch Land, Bund und Sozialversicherung. Den größten Brocken zahlen die Länder – in Kärnten rund eine Millionen Euro für die zwei Jahre, aus dem Kärntner Gesundheitsfonds. Nach den zwei Jahren wird evaluiert: Wo gibt es Probleme oder vielleicht Doppelgleisigkeiten? 
Prettner appelliert: "Ist man unsicher über seinen Gesundheitszustand, sollte man auf alle Fälle anrufen und sich nicht gleich im Auto auf den Weg in die Ambulanz machen!"

Wie funktioniert's?

Die Nummer 1450 rufen (ohne Vorwahl aus allen Netzen).

Eine speziell medizinisch geschulte diplomierte Krankenpflegeperson berät am Telefon und gibt eine Empfehlung.

Ist das Problem akut, wird sofort die Rettung geschickt.

Die Gesundheitsberatung ist kostenlos, man bezahlt nur die Telefonkosten nach eigenem Tarif.

Mehr dazu hier!

Stimmen aus den Bezirken

Klagenfurt: Kapazitätsprobleme im niedergelassenen Bereich 
Es könnte eine Entlastung der Notfallambulanzen erwartet werden, heißt es aus dem Klinikum Klagenfurt. Dazu müsse der Anrufer optimal beraten werden, wenn es sich um keinen medizinischen Notfall handelt.

Im Klinikum Klagenfurt ist die Notfallambulanz meist stark frequentiert – mit durchschnittlich 150 bis 180 Patienten pro Tag und rund fünf Prozent Zunahme an Patienten-Aufkommen jährlich. Vor allem die Notfallambulanz und der Bereich Dermatologie sind betroffen, wenn es um Patienten geht, die im niedergelassenen Bereich besser aufgehoben wären. 

Markus Peck-Radosavljevic ist Leiter der Inneren Medizin im Klinikum Klagenfurt | Foto: Kabeg
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Die Spezialambulanzen verfügen meist über ein funktionierendes Netzwerk mit dem niedergelassenen Bereich. Immer wieder führen aber nicht die akut aufgetretene Erkrankung, sondern mehr die Kapazitätsprobleme im niedergelassenen Bereich zum Aufsuchen der Notfalleinrichtungen – das würde sich auch über eine telefonische Steuerungsstelle nur wenig verändern, heißt es aus dem Klinikum.

Wer tatsächlich in Klinikums-Ambulanzen gehen soll, ließe sich laut Markus Peck-Radosavljevic (Leiter der Inneren Medizin) nicht pauschal sagen. Grundsätzlich aber "Menschen mit akuten schweren Erkrankungen, die meist über den Notarzt kommen, sowie Patienten, die von einem niedergelassenen Mediziner zugewiesen werden".

Villach: Optimale Beratung essenziell
Von einer Entlastung der Ambulanz geht auch die medizinische Direktorin des LKH Villach, Elke Schindler, aus. Schindler: "Damit könnte eine Entlastung der Ambulanzen erwartet werden, vor allem wenn jene Patienten, die keinen Notfall aus medizinischer Sicht darstellen, optimal beraten werden. Die Spitalsambulanzen wären somit frei für die tatsächlich ,medizinische' Notfallversorgung."

Jedoch betont Schindler auch: "Die telefonische Gesundheitsberatung ersetzt keine ärztliche Behandlung und stellt keine Diagnose, sondern ist ein Wegweiser." Der Anrufer erhält über den Service, so Schindler, ein Angebot beziehungsweise einen Überblick über die Gesundheitsdienstleister und es wird mit ihm vorab geklärt, ob es sich um einen medizinischen Notfall handelt. Schindler: "Die Gesundheitsberatung ist die erste Anlaufstelle bei neu aufgetretenen oder akut gewordenen Beschwerden mit der Analyse, welche weitere Vorgehensweise die beste für den Patienten ist. Dazu bedarf allerdings einer dementsprechend ausgebildeten Person."

Im Krankenhaus Waiern ortet man eine Ergänzung zum Ärztenotruf | Foto: Koller/Diakonie
  • Im Krankenhaus Waiern ortet man eine Ergänzung zum Ärztenotruf
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Feldkirchen: Ergänzung zum Ärztenotruf
Im Krankenhaus Waiern sieht man die telefonische Gesundheitsberatung unter der Nummer 1450 als sinnvolle Ergänzung zum Ärztenotruf und natürlich zum Notruf 144. "Erste Ansprechstelle für Gesundheitsfragen sind ja immer die niedergelassenen Ärzte, bei Nichterreichbarkeit der Ärztenotruf", sagt Hansjörg Szepannek von der Öffentlichkeitsarbeit des Krankenhauses.
"Wir können im Krankenhaus keine telefonische Gesundheitsberatung durchführen, deshalb ist dieses neue Angebot wichtig", so Szepannek. "Generell steht für internistische Belange die Ambulanz des Krankenhauses Waiern von Montag bis Freitag von 8 bis 14 Uhr zur Verfügung. Es kommen natürlich auch Patienten mit anderen Beschwerden, wie zum Beispiel einer Schulterverletzung, zu uns. Hier erfolgt eine Erstversorgung mit anschließender Weiterleitung an eine spezifische Fachabteilung", beschreibt Szepannek Situationen im Krankenhaus. "Vielleicht hilft diese neue telefonische Gesundheitsberatung auch, Patienten gleich den richtigen Weg zu weisen.“

Spittal: "Keine spürbare Entlastung"
Gerald Bruckmann, Medizinischer Direktor im Krankenhaus Spittal: „Ich sehe durch die Schaffung einer telefonischen Gesundheitsberatung keine spürbare Entlastung für die Krankenhäuser. Patienten haben Begehrlichkeiten und wollen untersucht werden, um zu wissen, ob eh alles in Ordnung ist. Eine telefonische Gesundheitsberatung ist keine Untersuchung und einen Telefonarzt haben wir bereits. Außerdem müssen wir immer mehr Tätigkeiten der niedergelassenen Ärzte übernehmen. Wir spüren keine Entlastung.“

„Das liegt vor allem daran, dass die Gailtaler lieber direkt den Weg ins Krankenhaus nehmen, um sich untersuchen und beraten zu lassen." Christian Potocnik

Hermagor: Neue Hausärzte eher Entlastung
Der erste Oberarzt und stellvertretende medizinische Leiter des Krankenhauses Laas in Kötschach-Mauthen, Christian Potocnik, rechnet nicht damit, dass die telefonische Gesundheitsberatung die Ambulanz entlasten wird. „Das liegt vor allem daran, dass die Gailtaler lieber direkt den Weg ins Krankenhaus nehmen, um sich untersuchen und beraten zu lassen“, begründet er. Allerdings bekommt das Gailtal mit Jahresanfang zwei neue Hausärzte, die, so Potocnik, eher eine Entlastung für die Ambulanz bringen werden.

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