Ali Mahlodji
"Ein Kind darf nicht denken, es sei ein Sorgenfall"

Ali Mahlodji: Flüchtling, Putzhilfe, Schulabbrecher, Lehrer, Manager, Jugendbotschafter. | Foto: Mahlodji
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Vom Flüchtling zum Top-Unternehmer und Mutmacher: Ali Mahlodji am Freitag beim "Familienfreitag".

KLAGENFURT. Er floh aus dem Iran, wohnte im Flüchtlingsheim Traiskirchen. Er gründete die Jobplattform "Whatchado", die heute Millionen von Menschen erreicht und ist Jugendbotschafter der EU: Ali Mahlodji (40) wird am Freitag (23. 7.) im Rahmen der "Familienfreitage" des Landes Kärnten einen kostenlosen Online-Vortrag halten. Die WOCHE bat ihn vorab zum Interview.

Herr Mahlodji, Corona bedeutet für viele Menschen Veränderung. Es ist alles anders, die Routine weg. Warum haben wir Menschen solch große Angst vor Veränderung?
Ali Mahlodji: Der Mensch an sich hat keine Angst vor Veränderung. Ein Neugeborenes weiß ja zum Beispiel nicht, wo es geboren ist, welche Sprache es lernen muss. Die Angst kommt erst später in unserem Leben. Sehr viel davon ist vererbte Angst von unseren Eltern. Was wir dann tun ist, unsere Kinder sollen was Sicheres machen, eine Routine, die man kennt. Werde Arzt, Anwalt, dann hast du einen sicheren Job. Innerhalb der letzten 70 Jahre haben wir unglaublich viel Zeit damit verbracht, ein Leben voller Wohlstand aufzubauen. Jetzt haben wir das erreicht und dann kommt Corona. Wohlstand ist der größte Gegner von Veränderung, weil wir auch geistig gesättigt sind und uns eingeredet haben, es wird immer nur besser, und da kommt nichts anderes.

In Ihrem Buch „Entdecke dein Wofür“ schildern Sie die Scheidung Ihrer Eltern und offenbaren Ihren Lesern, dass sie aufgrund dieser Situation zu Stottern begannen. Zehn Jahre lang. Heute stehen Sie auf Bühnen, sind ein viel gebuchter Keynote-Speaker. Woher nahmen Sie die Kraft für diesen Wandel?
Ich muss zugeben, dass ich mir das – im Gegensatz zu den meisten Menschen, die im Wohlstand geboren sind – nicht ausgesucht habe. Ich war von Anfang an gezwungen, dass ich die Unsicherheit als die normale Konstante meines Lebens wahrnehme. Bis zu meinem zehnten Lebensjahr sind wir zum Beispiel dreizehnmal umgezogen. Ja, ich habe gestottert. Aber in dieser Zeit habe ich den Traum entwickelt, einmal der größte Lehrer aller Zeiten zu werden. Jetzt bin ich auf dem Weg dorthin. Ich halte Vorträge vor Kindern, Erwachsenen, Führungskräften, Politikern. Die Kraft für den Wandel ist bei mir dadurch entstanden, dass ich verstanden habe, dass alle Sachen, die einem passieren, gerade die negativen Dinge, eigentlich unsere größte Stärke darstellen.

Am 23. Juli reden Sie im Rahmen der „Familienfreitage“ des Landes Kärnten zum Thema: "Wie man im Leben seinen Weg findet oder warum es neben Plan B auch noch C, D, E, … gibt". Wir wollen noch nicht zu viel verraten, aber Ihr Tipp an Eltern, die sich Sorgen machen, dass Corona die Karrieren ihrer Kinder verhaut hat?
Corona schafft es, dass Kinder das lernen, was ihnen weder Schule, Eltern noch die besten Unis je mitgegeben hätten. Durch Corona waren Kinder teils gezwungen, sich selbst zu organisieren. Die Kinder, die jetzt Corona erlebt haben, die werden für den Rest ihres Lebens so schnell nicht umzuhauen sein. Kinder, die verstehen, dass es gerade Veränderungen gibt, das sind Kinder, die für die Zukunft resilient sind. Den Eltern sage ich: Wenn ihr euch um die Entwicklung eures Kindes Sorgen macht, dann schadet ihr dem Kind viel mehr, als es Corona jemals machen würde. Denn wenn man sich Sorgen um ein Kind macht, zeigt man ihm, wir trauen dir nicht zu, dass du mit der Situation später im Leben umgehen kannst. Wenn man aufhört sich Sorgen zu machen, und sagt, wir schaffen das gemeinsam, dann zeigt man dem Kind, du brauchst dich nicht sorgen, weil du deinen Weg einmal selber gehen können wirst. Und darauf kommt es an. Ein Kind muss das Gefühl haben, gut genug zu sein und nicht denken, es sei ein Sorgenfall.

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