HIV: Schick ist nur die rote Schleife

Günther Nagele: "Dass es Zusatzversicherungen für HIV-Positive gibt, ist ein Zeichen, dass das Thema Aids in der Wirtschaft angekommen ist"
  • Günther Nagele: "Dass es Zusatzversicherungen für HIV-Positive gibt, ist ein Zeichen, dass das Thema Aids in der Wirtschaft angekommen ist"
  • hochgeladen von Teresa-Antonia Spari

(tas). "Sie gehören zur Risikogruppe" ist ein Satz, den kein Mensch im Zusammenhang mit dem Thema Aids hören möchte. Und dennoch ist es wichtig, sich dessen bewusst zu sein. Gerade in Kärnten: "Hier gibt es besonders viele 'late presenter'," erklärt Günther Nagele, Geschäftsführer der Aidshilfe Kärnten.
Als "late presenter" bezeichnet man HIV-Infizierte, die lange mit dem Virus leben, ohne es zu wissen. Sie erfahren oft erst durch Zufall im Zusammenhang mit ungeklärten Beschwerden von der Infektion. Die Kärntner seien, so Nagele, zwar Testweltmeister, aber in der falschen Zielgruppe: "Zwischen 30 und 50 zahlt sich ein Test-Engagment besonders aus", rät Günter Nagele zum Test einmal jährlich. Und zwar bewusst: "Jeder weiß selbst, ob er sich dem Risiko ausgesetzt hat."

HIV in Kärnten
In Kärnten gibt es etwa 400 bis 450 HIV-positive Menschen, so die Schätzung der Aidshilfe. Eine Diagnose führt nach wie vor oft zum gesellschaftlichen Ausschluss. Besonders in kleinstrukturierten Gebieten. "Die Gesellschaft hat sich zwar gewandelt, die Menschen aber nicht. Die Wertvorstellungen sind die alten geblieben", erklärt Nagele. Nach wie vor werde eine Aids-Infektion oft mit Homosexualität gleichgesetzt. Menschen, deren Erkrankung bekannt wird, verlieren oft ihren Job. Dafür gebe es, so Nagele, keinen Grund – mit der richtigen Behandlung haben Erkrankte eine hohe Lebensqualität und wenig Einschränkungen. Die Gründe für eine Entlassung seien andere: "Es ist schick, eine rote Schleife zu tragen. Es ist nicht schick, Arbeitgeber für einen Aidskranken zu sein." Die meisten Kündigungsfälle gelangen aber nicht an die Öffentlichkeit: "Die Betroffenen haben kein Interesse, medial zu reagieren aus Angst, dann auch in ihrem familiären und örtlichen Umfeld Probleme zu bekommen."
Nicht nur beruflich, auch im Alltag gibt es laut Günther Nagele Diskriminierung: "Viele Zahnärzte weigern sich, HIV-Infizierte zu behandeln. Angeblich aus hygienischen Gründen."

Zur Sache:

Weltweit leben etwa 35 Millionen Menschen mit HIV. Bis 2030 will die UNO die Ausbreitung des Virus' im Griff haben.
Am 1. Dezember ist seit 1988 Welt-Aidstag.
Bis kommenden Freitag findet die europaweite "HIV Testing Week" statt.
In Kärnten testen lassen kann man sich unter anderem bei der Aidshilfe. Alle Daten werden vertraulich behandelt, Anonymität wird garantiert.
Aidshilfe Kärnten
Bahnhofstraße 22, Klagenfurt
Tel.: 0463 55128
www.hiv.at

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