Natur & Umwelt
"Pasterze könnte heuer in zwei Teile zerfallen"

Umweltreferentin Sara Schaar: "Zentral ist derzeit die Erarbeitung einer Kärntner Klimastrategie, und zwar wissenschaftlich begleitet." | Foto: Gleiss
  • Umweltreferentin Sara Schaar: "Zentral ist derzeit die Erarbeitung einer Kärntner Klimastrategie, und zwar wissenschaftlich begleitet."
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Landesrätin Sara Schaar über wichtige Maßnahmen zum Klimaschutz und das "Sorgenkind Verkehr".

Österreich muss bis 2030 seinen Ausstoß an Treibhausgasen um 55 Prozent (gegenüber 1990) reduzieren. Wie nah ist Kärnten seinem Ziel?
Sara Schaar: Kärnten hat seine Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2005 bis 2020 bereits um mehr als 22 Prozent reduziert. Musterschüler sind wir im Ausbau der erneuerbaren Energien (Anteil am energetischen Endverbrauch 2020: 58,8 Prozent), hier konnten wir die Emissionen bereits um 62 Prozent reduzieren. Im Bereich der Gebäude (Raumwärme) nahmen die Emissionen um 48 Prozent ab, im Bereich der Abfallwirtschaft um 43 Prozent. In diesen Bereichen liegt auch die Hauptverantwortung bei den Bundesländern. Sorgenkind Nummer 1 ist und bleibt der Verkehr, hier konnten die Emissionen erst um knapp 16 Prozent gesenkt werden, wobei ein Großteil davon auf die coronabedingten Maßnahmen im Jahr 2020 zurückzuführen ist. Nicht zu vergessen ist der Tanktourismus, dessen Anteil bei Emissionen in Kärnten rund 25 Prozent beträgt.

Wie macht sich der Klimawandel in Kärnten bemerkbar?
Man muss nur vor die Türe gehen und bemerkt es derzeit selbst. Die ersten Hitzewellen mit über 30 Grad gab es heuer bereits sehr früh, hinzu kamen (und kommen) schwere Unwetter und Besserung ist keine in Sicht. Die letzten Jahre – vor allem 2014 bis 2020 – waren auch die wärmsten jemals gemessenen. Ganz deutlich sieht man den Klimawandel natürlich am Gletscher-Rückgang, die Pasterze könnte noch in diesem Jahr in zwei Teile zerfallen. Hinzu kommen Waldbrände, Hitze und Dürre im Sommer, Schneemangel im Winter, Starkniederschläge und immer wieder heftige Gewitter mit Sturm und Hagel. In Österreich gibt es mittlerweile jährlich mehr Hitzetote als Verkehrstote.

Während die Emissionen in vielen Bereichen aufgrund des technologischen Fortschritts deutlich gesunken sind, bleibt der Verkehr - trotz technologischen Fortschritts - das Sorgenkind. Was will/kann man hier seitens des Landes unternehmen?
Die Emissionen sind in vielen Bereichen nicht aufgrund des technologischen Fortschritts, sondern aufgrund entsprechender Anreiz-Förderungen und Bewusstseinsbildungen gesunken (siehe erste Frage). Im Verkehrsbereich ist die Zusammenarbeit mit dem Regierungskollegen LR Sebastian Schuschnig eine sehr gute und diese bildet sich über unsere gemeinsame Arbeit im Rahmen der Klima-Agenda Kärnten ab, welche 2019 als referatsübergreifendes Steuerungssystem eingeführt wurde. Der Verkehr ist in Kärnten mit über 40 Prozent der größte Verursacher von Treibhausgas-Emissionen.

Wie kann man den öffentlichen Verkehr attraktiver machen?

Aus Klimaschutz-Sicht ist die Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs (Ausbau und Angebotserweiterung) das Gebot der Stunde, was aber nur gemeinsam mit dem Bund umsetzbar ist. Durch ein verbessertes Angebot schaffen wir Anreize, damit so viele Menschen wie möglich auf die Öffis umsteigen können. In den Städten liegt dabei der größte Hebel, aber auch der ländliche Raum muss mit angeschlossen werden (z. B. Ausbau Mikro-ÖV). Wichtig ist dabei natürlich auch ein attraktiver Preis, mit dem Kärntner Klima-Ticket haben wir bereits Anreize zum Umstieg gesetzt. Neben dem Öffi-Ausbau geht es aber auch um die Forcierung und Förderung des Fuß- und Radverkehrs (Ausbau der Radwege, Job-Rad etc.), um die Förderung von alternativen Antrieben und um klimaschonende Raumplanung (z. B. in der Parkraumbewirtschaftung).

Welche weiteren Maßnahmen sind im Sinne des Klimaschutzes geplant?

Mit der Klima-Agenda Kärnten, dem wichtigsten Steuerungsinstrument von derzeitigen und künftigen Klimaschutz-Maßnahmen der Landesregierung, werden referatsübergreifend ständig nachhaltige Projekte geplant und realisiert. Um den Ausbau der erneuerbaren Energien weiter dynamisch voranzutreiben, haben wir in Kärnten aktuell zwei große Wasserkraft-Projekte laufen, 16 Windräder werden gerade gebaut und es herrscht ein Boom bei Photovoltaik-Anlagen auf Dächern. Von der Landes-Umweltabteilung wurde z. B. eine Photovoltaik-Offensive auf den Dächern kommunaler Gebäude ins Leben gerufen.

Welche Förderungen gibt es seitens des Landes?
Es ist wichtig, beim Umstieg von fossilen auf alternative Brennstoffe und umweltschonende Energieträger zu unterstützen und attraktive, langfristige Förderungen anzubieten. Dazu bietet das Landes-Umweltreferat etwa die Alternativenergieförderung im öffentlichen und gewerblichen Bereich, die wir laufend ausbauen. Auch die regionalen und kommunalen Klimaschutz-Programme (e5, KEM, KLAR!, Klimabündnis) werden laufend ausgebaut – über sie erreichen wir mittlerweile die Bevölkerung zu 97 Prozent. Es geht schließlich auch um Bewusstseinsbildung, vor allem wenn wir die Energieeffizienz forcieren wollen. Im Bereich Energieeffizienz-Maßnahmen liegen die großen Hebel (Zuständigkeit) zu 90 Prozent beim Bund. Wir müssen gemeinsam an einem Strang ziehen. Zentral ist derzeit die Erarbeitung einer Kärntner Klimastrategie und zwar wissenschaftlich begleitet.

Wieso ist die wissenschaftliche Begleitung wichtig?
Durch die wissenschaftliche Begleitung wird dargelegt, ob die vom Land Kärnten bereits gesetzten Maßnahmen zum Erreichen der Klimaschutzziele wirken und ob es da und dort einer Nachjustierung bedarf. Bestehende Ziele werden auf ihre Aktualität hin überprüft, die größten Herausforderungen und Lösungsansätze definiert. Es werden ebenso konkrete und messbare Zielpfade für Kärnten – in den einzelnen Sektoren sowie kurz-, mittel- und langfristig – skizziert. Was mir abschließend besonders wichtig ist: Jede Maßnahme im Bereich Klimaschutz muss sozial gerecht sein, damit alle Menschen aktiv dazu beitragen können.

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