"Crashkurs Tourismus"
Türöffner in den Tourismus für Branchenfremde

Foto: WKK/Peter Just

Die Wirtschaftskammer Kärnten hat gemeinsam mit dem Arbeitsmarktservice Kärnten ein schnelles und praxisnahes Produkt auf die Beine gestellt, um Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger für die Branche zu gewinnen.
KÄRNTEN. Der Arbeits- und Fachkräftemangel trifft besonders den Tourismus. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben in den vergangenen beiden Jahren die Branche verlassen. Der "Crashkurs Tourismus – Kompetenzlehrgang Küche Basic & Kompetenzlehrgang Service Basic", der heute in der Wirtschaftskammer vorgestellt wurde, ermöglicht branchenfremden Personen niederschwellig den Einstieg in die Arbeitswelt des Tourismus. Der erste Durchgang ist abgeschlossen, nach der Sommersaison im Herbst sollen weitere folgen.

Attraktive Regelungen

Eine Initiative, die der Kärntner Tourismus dringend braucht, ist Kärntens Wirtschaftskammerpräsident Jürgen Mandl überzeugt: "Die vielen offenen Stellen führen bei den Betrieben zu reduzierten Öffnungszeiten, zu mehr Ruhetagen. Wir müssen Menschen überzeugen, wieder vermehrt am Leistungssystem teilzunehmen. Dazu gehören Personen, die aus anderen Bereichen in den Tourismus wechseln wollen, aber auch attraktive Regelungen für Pensionisten und eine bessere Kinderbetreuung, um auch Müttern den Einstieg oder Wiedereinstieg zu erleichtern."

Ausgangssituation

Die Tourismusbranche bietet viele Chancen und internationale Karrieremöglichkeiten. Sie ist aber auch eine Branche, die aufgrund einer grundsätzlich hohen Fluktuation immer neue Arbeitskräfte braucht: Innerhalb von zwei Jahren kehren 40 Prozent der Beschäftigten dem Tourismus wieder den Rücken. Daher mangelt es vielen Betrieben an Fach- und Arbeitskräften. Hinzu kommt die demographische Entwicklung: Immer weniger Jugendliche rücken in den Arbeitsmarkt nach. Derzeit bleiben auch viele Tourismusmitarbeiterinnen und –mitarbeiter aus Nachbarländern aus, die derzeit in ihrer Heimat eine gute Arbeitsmarktlage vorfinden und dort Fuß gefasst haben.

Überhang an offenen Stellen

Die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Lockdown-Maßnahmen haben die Situation nochmals verschärft. Die meisten Schließtage gab es im Tourismus, das hat der Branche insgesamt natürlich nicht gutgetan", erklärt dazu Josef Petritsch, Spartenobmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskamme Kärnten. Aktuell stehen im Bereich Fremdenverkehr 2.401 offene Stellen 1.864 Arbeitsuchenden gegenüber (Stand 1.6.2022). Angesichts dieses Überhangs an offenen Stellen ist es besonders wichtig zusätzliches Potential für die Branche zu erschließen.

Unterstützung der Betriebe

In den nächsten Jahren werden sehr viel Kreativität, aber auch lenkende Maßnahmen zur Motivation arbeitssuchender potentieller Mitarbeiter notwendig sein. "Wir sehen uns in der gesetzlichen Interessenvertretung mehr denn je dafür verantwortlich, unsere Betriebe bestmöglich zu unterstützen", so Jürgen Mandl, Präsident der Wirtschaftskammer Kärnten. Er fordert, die gesetzlichen Rahmenbedingungen endlich an die Lebensrealitäten der Menschen und der Wirtschaft anzupassen: Einerseits müssen die Kontingentplätze innerhalb der Drittstaatenangehörigen erhöht, andererseits rasche, praktische, unbürokratische Lösungen gefunden werden.

Neue Wege in der Aus- und Weiterbildung

"Die Branche befindet sich im Wandel", unterstreicht auch AMS-Kärnten-Geschäftsführer Peter Wedenig. "Die neue Währung im Tourismus und in der Gastronomie heißt Personal-Orientierung und Wertschätzung. Immer mehr Betriebe gehen diesen Weg schon. Dementsprechend gehen auch wir gemeinsam neue Wege in der Aus- und Weiterbildung, um Chancen für Arbeitsuchende und Betriebe zu schaffen."

Crashkurs Tourismus

Die Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft bietet eine Vielzahl an Services wie etwa Lehrlingsplattformen, Jobbörsen, Schulprogramme, Imagekampagnen. Allen gemeinsam ist das Ziel, die Attraktivität der Tourismusberufe zu erhöhen, Aufklärungsarbeit zu leisten und damit den Arbeitskräftemangel zu bekämpfen. "Wir haben aber in den vergangenen beiden Jahren erkannt, dass unsere Herausforderung nicht bloß mehr der Fachkräftemangel, sondern der Arbeitskräftemangel ist", so Petritsch: "Der Branche fehlen tatsächlich 'Working Hands'."

Interesse am Tourismus wecken

In Kooperation mit dem AMS Kärnten hat die Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Kärnten nun weitere Produkte und Lösungsansätze entwickelt. Neben der dualen Ausbildungsmöglichkeit gibt es nun auch ein niederschwelliges Angebot für branchefremde Personen: Den "Crashkurs Tourismus – Kompetenzlehrgang Küche Basic & Kompetenzlehrgang Service Basic". Ziel dieser Maßnahme ist es, Personen, die in diesem Bereich arbeiten möchten, für den Tourismus zu gewinnen. Durch den Kurs soll ihr Interesse geweckt werden und eine grundlegende Qualifizierung erfolgen. Organisiert und abgewickelt wird der Kurs vom WIFI Kärnten.

Arbeitsabschnitte

Besonders in den Kernbereichen Service und Küche wird ein schnelles und effektives Modell benötigt, das zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Branche befördert. Die fachspezifische Trennung von Küche und Service garantiert zwei Vorteile: Zum einen werden konkrete notwendige Skills vermittelt. Im Bereich Küche z.B. Schneidetechniken, Warenwirtschaft, HACCP-Richtlinien, während im Bereich Service z.B. Mise en Place, Tragetechniken oder der Getränkeservice auf dem Programm stehen. Zum anderen können sich interessierte AMS-Kunden auch dem Tätigkeitsbereich zuordnen, der ihnen persönlich mehr entspricht. Also die servicetypische Kundennähe, das Verkaufsgespräch, die Vielfalt im Getränkebereich oder eben die küchentypische handwerkliche Tätigkeit und die Möglichkeit, gestalterisch zu wirken.

Scheu verlieren

"Diese Basisqualifikation soll Menschen die Scheu nehmen, in einen fremden Themenbereich einzusteigen. Menschen würden in Zukunft unterschiedliche Lebensarbeitsabschnitte durchschreiten. Vielleicht wurde zuerst eine Ausbildung im Büro gestartet und jetzt gibt es den Wunsch, im Service mit Gästen in Kontakt zu kommen. Für solche Fälle brauchen wir Lösungen", unterstreicht Petritsch.

Win-win im Tourismus

AMS-Chef Wedenig ergänzt: "Ein wesentlicher Bestandteil des Crashkurses ist die Verknüpfung von Kursmaßnahme mit Praktikum im Betrieb: Auf vier Wochen theoretischen Input folgen zwei Wochen Praxisteil. Während des Praktikums lernen die Kursteilnehmerinnen und –teilnehmer die vielen Facetten des Berufes kennen. Potentielle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden mit Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern zusammengebracht. Im Idealfall werden sie übernommen. Damit verbinden wir Theorie, Praxis und Beschäftigung zu einer Win-win-Situation."

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.