100 Jahre Wirtschaft in Kärnten
Jürgen Mandl: „Seit jeher prägen Unternehmer den Lebensstandort“

Jürgen Mandl betont als Präsident der Wirtschaftskammer: "Seit jeher prägen Unternehmer den Lebensstandort.“ | Foto: WKK/Helge Bauer
  • Jürgen Mandl betont als Präsident der Wirtschaftskammer: "Seit jeher prägen Unternehmer den Lebensstandort.“
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100 Jahre Kärnten, Rückblick und Vision: Wirtschaftskammer-Präsident Jürgen Mandl im Interview.

WOCHE: Zum 100. Jubiläum zur Volksabstimmung wirft die WOCHE Kärnten einen Blick auf 100 Jahre Wirtschaft in Kärnten. Welche Gedanken haben Sie dazu?
JÜRGEN MANDL:
Die Geschichte Kärntens ist vielschichtig und auch die wirtschaftliche Situation war stets schwierig. Vor dem Zusammenbruch der Monarchie war das Drautal die leistungsfähigste Verbindung zwischen den beiden Herzogtümern Steiermark und Kärnten. Von Klagenfurt ging es nach Graz über Drauburg und Marburg, wo man direkt nach Laibach oder Triest, damals die zweitgrößte Stadt der Monarchie, weitergeführt wurde. Nach dem Ersten Weltkrieg verlor Kärnten umfassende Gebiete und die Verkehrsachsen wurden durchschnitten. Nach 1945 wurde das Ganze noch schlimmer und bis zum heutigen Tag ist das Thema Infrastruktur eine nachhaltige Problematik.

Sehen wir uns die nähere Vergangenheit im Detail an: Seit Sie Unternehmer sind, was hat sich in den vergangenen Jahrzehnten getan?
Aus meiner Sicht war das Jahr 1989 mit dem Aufbruch im Osten ein ausgesprochen wichtiges Jahr für Europa insgesamt, und 1991 folgten das Auseinanderbrechen und die Verselbstständigung Sloweniens. Für Kärnten hat das – natürlich gemeinsam mit dem EU-Beitritt Österreichs – bedeutet, aus der jahrzehntelange Randlage am Eisernen Vorhang tatsächlich in die Mitte Europas zu rücken. Leider bestimmten in den vergangenen Jahren die Hypo-Heta-Krise und der damit einhergehende enorme Schuldenberg unsere Wirtschaft. Diese Zeit ist aber überwunden und Kärnten hat sich in letzter Zeit überdurchschnittlich gut entwickelt.

Worauf stützt sich Ihre Analyse konkret?
Wir sind bereits zum zweiten Mal Wachstumssieger in Österreich und drei Viertel der Unternehmen erwarten heuer eine konstante oder sogar positive Entwicklung bei den Umsätzen. Diese gute Grundstimmung in Kärnten ist ein Impuls für ganz Österreich und hat positive Auswirkungen auf Investitionen und Beschäftigung, denn über 80 Prozent der Kärntner Betriebe wollen das hohe Investitionsniveau des vergangenen Jahres halten. Zusätzlich dazu hat sich unsere Exportwirtschaft sehr breit aufgestellt: Deutschland ist traditionell immer noch unser Hauptexportmarkt, aber die USA sind auf Platz zwei und China ist auf fünf.

Wodurch ergeben sich nun Chancen für Kärnten?
Auf der einen Seite Kärntens wird der Koralmtunnel dafür sorgen, dass die beiden Wirtschaftsräume Graz und Klagenfurt näher aneinanderrücken. Auf der anderen Seite eröffnet die neue chinesische Seidenstraße bis nach Triest ungeahnte Möglichkeiten für den Logistik- und Lebensstandort Kärnten. Und einen weiteren Höhepunkt werden wir in Zukunft mit dem Milliardenausbau von Infineon erleben: Ich bin überzeugt, dass sich viele heute noch gar nicht in vollem Umfang bewusst sind, was für ein Quantensprung diese Entscheidung für den gesamten Wirtschafts- und Lebensstandort Kärnten ist.
Wir müssen stets bedenken: Trotz der oftmals schwierigen Umfeld-Verhältnisse sind es stets die Unternehmer mit ihren Mitarbeitern, die den Lebensstandort prägen.

DIE GEGENWART
Aufwärtstrend: Die Kärntner Wirtschaft befindet sich im Aufwärtstrend. Haben die Betriebe dafür die idealen Rahmenbedingungen, dass dies auch so bleibt? "Zum Teil", sagt Wirtschaftskammer-Präsident Jürgen Mandl, "allerdings brauchen wir dringend eine Standort-Initiative mit zündenden Ideen, durch die wir junge Menschen in Kärnten halten können und andere dazu bewegen, zu uns zu kommen". Dazu zählen Arbeitsplätze, Wohnungen, Bildungsangebote, Infrastruktur mit Breitband-Internet, Export, Qualitätstourismus und eine weitere Steigerung der Investitionsbereitschaft der Betriebe durch Entbürokratisierungsmaßnahmen.
Vision: Mand hat eine klare Vorstellung: "Kärnten soll bis 2030 der beste Lebensstandort in Österreich werden. Ein Stern des Südens, wo Menschen gerne leben und arbeiten."

DIE ZUKUNFT
Koralmbahn: 62 Prozent der Kärntner Wirtschaftstreibenden sehen die Fertigstellung der Koralmbahn als bedeutendste Großinvestition für Kärnten. Erwartet wird auch ein Zuwachs an Arbeitsplätzen und damit Bevölkerung in den an ihr liegenden Regionen. Der Bahnhof Eis-Ruden weicht im Mai dem Baufeld der Koralmbahn. Für Bewohner von Eis-Ruden wird ein Buskonzept ausgearbeitet. Auch der Bereich zwischen Pribelsdorf und Mittlern wird heuer als Teilabschnitt in Betrieb gehen. Ab September wird es eine neue – von der Lage adaptierte – Haltestelle Mittlern geben. Sie ist weiter vom Ort entfernt als jetzt, weshalb es auch hier ein Buskonzept geben wird. Mit Fertigstellung der Koralmbahn im Jahr 2026 wird es auch Angebotserweiterungen auf anderen Strecken geben, etwa auf der Tauernbahn. Hier wird eine neue Linie Villach – Salzburg in Aussicht gestellt.

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