Beim Pilgern der Seele Zeit und Raum geben
Jonathan Mittermair (32) aus Pettenbach machte sich auf den Weg vom Pöstlingberg nach Mariazell.
PETTENBACH (sta). Nach Mariazell führen viele Wege. Einer davon ist der "Oberösterreichische Mariazellerweg", der am Pöstlingberg in Linz seinen Anfang nimmt. Das Gehen auf alten Pilgerwegen fasziniert immer mehr Menschen. Manche suchen die Nähe zum Göttlichen, vielleicht auch einen neuen Zugang zum christlichen Glauben. Andere die Schönheit der Natur, das einfache Leben, die Langsamkeit.
Manche der Pilger gehen den Weg in den traditionellen Tagesetappen. So auch Jonathan Mittermair (32) aus Pettenbach. In sechs Tagen und nach 175 Kilometern erreichte er mit seiner Freundin Cornelia das Ziel im bekanntesten Wallfahrtsort Österreichs. In dem im 12. Jahrhundert gegründeten Gnadenort wird ein hölzernes Marienbild verehrt, die „Magna Mater Austriae“. Es war nicht das erste Mal, dass Mittermair den beschwerlichen Weg auf sich genommen hat. Bereits im Vorjahr war er mit einem Mönch aus Kremsmünster nach Mariazell unterwegs.
Pilgern ist die große Leidenschaft von Jonathan Mittermair, der dabei auch den nötigen Ausgleich und Erholung für seinen stressigen Job findet.
Gut vorbereitet ist er im August gemeinsam mit seiner Freundin gestartet. "Beim Pilgern bin ich der glücklichste Mensch der Welt. Wenn ich mich mit Rucksack und Wanderschuhen auf den Weg mache, dann habe ich alles, was ich brauche. Es ist aber schon anstrengend. Wir sind körperlich und physisch manchmal an unsere Grenzen gekommen. Es gab Phasen, wo wir stundenlang nicht miteinander geredet haben. Das gemeinsame Schweigen ist aber eine wunderbare Erfahrung. Es bleibt dabei Zeit, die Gedanken zu ordnen. Wenn beim Gehen Herzschlag und Schritt in Einklang kommen, tut das der Seele gut", so Mittermair. "Dabei kann man die Stimme Gottes besser hören. Die 'Sinnfrage' kommt automatisch. Das Pilgern hilft mir auch dabei zu überprüfen, ob ich am richtigen Weg bin. Es fällt leichter Mut zu fassen um eventuell nötige Richtungsänderungen vorzunehmen."
Der sportliche Pettenbacher ist inzwischen "Pilger-Profi". Er war bereits 800 Kilometer und einen Monat lang auf dem spanischen Jakobsweg unterwegs. "Pilgern ist nicht wandern und hat einen höheren Sinn. Auf dem Weg gibt es viele sichtbare Zeichen und Marterl. Das Ziel ist der Weg selbst. Man ist dankbar für Begegnungen und Erkenntnisse, die man auf dem Weg gewonnen hat."
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