Kremsmünsters Beitrag zur österreichischen Klimageschichte

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KREMSMÜNSTER. "Das Besondere an unserer Wetterstation ist nicht das Alter. Das Besondere ist, dass unser Messort seit 1762 nie gewechselt hat. Das ist weltweit einzigartig", sagt P. Amand Kraml, Direktor der Sternwarte, zu Landesrat Rudi Anschober und Meteorologe Wolfgang Traunmüller bei ihrem Besuch im Stift Kremsmünster. Gerade kleinere Wetterstationen, wie etwa jene in Lambach, haben schon früher im 18. Jahrhundert Wettermessungen durchgeführt, doch während viele Wettermessstationen im Laufe der Zeit, etwa in die Nähe von Städten oder Flughäfen, verlegt wurden, blieben die Messungen in Kremsmünster stets auf dem Stiftsgelände. Selbst als Napoleons Truppen Kremsmünster mehrmals besetzten (und dabei ein Thermometer aus dem Stift stahlen), führt P. Thaddäus Derflinger die Wettermessungen tagtäglich weiter. Auch als ein Jahrhundert später Europa in die Krise stürzt, gibt es keine Unterbrechung bei den Kremsmünsterer Wetterdaten. Denn obwohl der Erste Weltkrieg starke Einschränkungen für das Stift brachte und die Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg das Kloster auflösten, blieb der damalige Direktor der Sternwarte, P. Thiemo Schwarz, im Stift und führte die Messungen weiter.

Ein Kind der katholischen Aufklärung

Schon 1705 - und damit Jahrzehnte vor dem Bau der Sternwarte (Abschluss 1758), der Entwicklung der Thermometer- (1730) und der Celsiusskala (1742) - interessierte man sich in Kremsmünster für die Messung von Wetterelementen und kaufte ein Säulenbarometer, das bis heute von den Besuchern des Stifts bestaunt werden kann. P. Amand Kraml geht davon aus, dass die Wetterstation aus dem Bestreben der Aufklärung heraus entstanden ist. Unter dem ersten Direktor der Sternwarte, P. Placidus Fixlmillner, beginnt das Klimatagebuch des Stiftes. "28. Decemb. 1762: frigus maximum, Barometer 27° 2'" steht dort als erster Eintrag. - Die Ähnlichkeit zu modernen Wetterbeobachtungen hält sich da also noch in Grenzen.

Auf dem Weg in die Moderne

Ablesezeiten und die angegebenen Einheiten variierten im 18. Jahrhundert von Wetterstation zu Wetterstation. Ein Vergleich, der einen mehr als punktuellen Blick auf das Wetter erlaubt, war also noch kaum möglich. Mit der Gründung der Mannheimer Meteorologischen Gesellschaft 1780 wurde mit dem Versuch begonnen, ein internationales Wetter-Messnetz zu legen. "Von Mannheim ausgehend wurden die Stationen standardisiert. Auch die Wetterbeobachtung selbst und die Zeiten wurden festgelegt. Die sogenannten Mannheimer Stunden", erklärt P. Amand Kraml weiter. Unter den Mannheimer Stunden versteht man, dass Wettermessungen genau um 7, um 14 und um 21 Uhr durchgeführt werden. Kremsmünster führte die Messungen allerdings in den frühen Jahren nicht zu diesen Uhrzeiten durch. "Denn es muss einem klar sein, dass Änderungen in den Zeiten auch immer Probleme mit sich bringen", so der derzeitige Direktor der Sternwarte. Wie sensibel die Daten sind, zeigt sich auch daran, dass besonders bei der Temperaturmessung am Morgen ein bereits um ein paar Minuten früherer oder späterer Messzeitpunkt große Unterschiede macht. Gerade auch der Ort der Messung hat großen Einfluss auf die Vergleichbarkeit der Daten. So kann schon der Wechsel der Bepflanzung rund um die Messstation die Werte verändern. "Man kann sich auch gar nicht vorstellen wie viel es ausmacht, wer das Wetter beobachtet. Mir ist es deshalb wichtig, dass nicht zu viele Beobachter hier sind und dass eine gegenseitige Kontrolle existiert", so P. Amand Kraml.

Von Anfang an ein enges Verhältnis

Wie bedeutsam die Rolle der Wetterstation in Kremsmünster für die Wetterbeobachtungen in Österreich war, zeigt sich auch daran, dass P. Marian Koller, vierter Direktor der Sternwarte Kremsmünster und k.k. Ministerialrat, wesentlich an der Gründung der heutigen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik beteiligt war. Karl Kreil, ein Schüler des Stiftsgymnasiums Kremsmünster, wurde 1851 sogar zum ersten Direktor der Zentralanstalt bestellt. Aufgrund dieses engen Kontakts nach Wien erhielt das Benediktinerstift auch zwei selbstschreibende Geräte (einen Kupferdrahthermometrographen und einen Barographen) in der Mitte des 19. Jahrhunderts. "Selbstschreibende Geräte markierten einen großen Schritt in der Meteorologie, weil die Messungen pro Tag erhöht werden konnten", erläutert P. Amand Kraml. "Heute haben selbstschreibende Geräte keine Bedeutung mehr, weil der Computer ja alle Daten speichert." Die Verbesserung der Technik verhindert aber auch klassische Fehler, wie den sogenannten "Fünfer-Fehler". "Jedem Beobachter passiert es einmal, dass er statt 12 Grad 17 eintippt oder umgekehrt", erzählt der Direktor. 1987 erhielt Kremsmünster schließlich eine teilautomatische Klimastation (TAKLIS), die vor zehn Jahren durch die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik auf den neuesten Stand gebracht wurde.

Temperatur steigt zweifellos

"Es ist ja allgemein bekannt, dass die Temperatur ansteigt. Das zeigen auch unsere Messwerte in Kremsmünster", sagt P. Amand Kraml. Seit den 1960er Jahren zeigt der Temperaturverlauf der Kremsmünsterer Messreihe einen Anstieg des Jahresmittels. Um einen statistischen Ausreißer handelt es sich dabei laut Kraml nicht. "Die Temperatur wird aber auch nicht auf 350 Grad steigen, sondern sich wieder abflachen. Aber ob wir das noch erleben, ist eine andere Frage", so Kraml. Dem Land Oberösterreich liegt zur Zeit eine Studie der Universität für Bodenkultur vor, die besagt, dass wenn keine Maßnahmen gegen den Klimawandel gesetzt werden, die Mitteltemperaturen in Oberösterreich bis Ende des Jahrhunderts um 6,5 Grad Celsius höher sein werden als derzeit. Außerdem können sich die Hitzetage von gegenwärtig zehn auf hundert Tage erhöhen. LR Anschober: "Wir entscheiden mit den Maßnahmen zum Klimaschutz heute ganz wesentlich über das Ausmaß der Klimakrise und damit über die Lebensqualität der nächsten Generationen!"

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