Assistierte Sterbehilfe
Selbstbestimmt in den Tod
Seit 1. Jänner ist assistierte Sterbehilfe legal. Hospizmitarbeiter und Ärzte sehen das Für und Wider.
BEZIRK. Ein Schritt in die richtige Richtung? oder doch nicht? Die Ärztekammer Oberösterreich begrüßt das neue Gesetz, sagt Präsident Peter Niedermoser. Auch Allgemeinmedizinerin Angelika Reitböck aus Steyrling – sie ist auch Präsidentin des österreichischen Hausärzteverbandes – steht ihm positiv gegenüber: "Generell sehe ich es als positiv, dass es diese Möglichkeit gibt. Das führt zu einem Gefühl, selbst über sein Leben und seinen Tod entscheiden zu können. Keinesfalls darf aber dabei Druck auf die Schwerstkranken ausgeübt werden!" Aus ihrer Erfahrung weiß Reitböck, dass von schwer kranken Menschen oder von Menschen an ihrem Lebensende oft der Wunsch geäußert wird, dem Leben ein Ende zu bereiten.
"Generell sehe ich es als positiv, dass es diese Möglichkeit gibt. Das führt zu einem Gefühl, selbst über sein Leben und seinen Tod entscheiden zu können. Keinesfalls darf aber dabei Druck auf die Schwerstkranken ausgeübt werden!"
Angelika Reitböck
"Das kann sich aber oft schlagartig ändern, beziehungsweise sehe ich dann doch erfreulicherweise in der Realität auch immer wieder, dass praktisch jeder gerne lebt. Auch wenn vieles mühsam oder aussichtslos erscheint, jeder von uns hat eben nur dieses eine Leben. In der Palliativmedizin versuchen wir, die Lebensqualität von Schwerkranken zu verbessern. Gelingt uns das auch nur ein klein wenig, ist der Wunsch nach dem Tod häufig gleich wieder geringer."
Respekt vor dem Einzelnen
Sabine Greimel leitet das Mobile Hospiz beim Roten Kreuz in Kirchdorf. Sie sagt: "Jeder Mensch mit seiner Geschichte ist einzigartig und vielfältig. Jeder hat einen anderen Zugang zu den Themen Krankheit, Sterben und Tod. In unserer Hospizarbeit steht der Respekt vor dem Einzelnen und seinen Entscheidungen im Vordergrund. Das Anliegen ist es, Menschen am Lebensende und deren Angehörige zu unterstützen und zu entlasten." Der Wunsch nach assistiertem Suizid ist laut Greimel immer ernst zu nehmen. "Wir möchten dem natürlich mit Achtung begegnen, assistierter Suizid ist jedoch nicht Aufgabe unserer Hospizarbeit. Wenn ein Mensch einen Suizidwunsch äußert, versuchen wir achtsam herauszufinden, was der Grund dieses Wunsches ist. Sind es Schmerzen? Einsamkeit? Nicht weiter zur Last fallen zu wollen? Angst?", so Greimel, die gemeinsam mit ihrem Team Unterstützung anbietet. "Unsere Erfahrung zeigt, dass Reden, Zuwendung, Hilfestellung für die betreuenden Familien und natürlich konkrete Angebote der Palliativmedizin große Entlastung und Hilfe sind."
Der Weg zum letalen Medikament ist lang
Sterbewillige müssen, um einen assistierten Suizid durchführen zu können, eine Sterbeverfügung aufsetzen. Erlaubt ist dies nur volljährigen, schwerkranken Personen, die einem ärztlichen Attest nach entscheidungsfähig sind. Dafür notwendig sind Aufklärungsgespräche mit mindestens zwei Ärzten, einer davon mit palliativer Qualifikation. Die Gespräche haben mindestens zwölf Wochen vor Aufsetzen der Sterbeverfügung zu erfolgen. Das Ausführen des lebensbeendenden Entschlusses erfolgt dann im privaten Rahmen. Das letale Präparat, das vom Gesundheitsminister per Verordnung festgelegt wird, kann der Sterbewillige oder eine in der Verfügung genannte Person in einer konkret festgelegten Apotheke abholen. Einnehmen muss der Betroffene das Mittel selbstständig. Franz Reitner ist Notar in Kirchdorf. Er sagt: "Mir ist bewusst, dass es sich um eine sehr spezielle und sensible Thematik handelt, mit der verantwortungsvoll umzugehen ist. Wie dieses neue Rechtsinstitut in der Praxis angenommen wird, und wie es genau funktioniert, wird die Zukunft zeigen. Derzeit gibt es noch keine praktischen Erfahrungen."
1 Kommentar
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.