Extreme Niederschläge nehmen zu

OÖ (wey). Die letzten Wochen haben gezeigt: Regionale Extremniederschläge nehmen deutlich zu. Die Klimaveränderung verstärkt die Intensität der Niederschläge. Betroffene Menschen und Regionen stehen den sehr kurzfristig aufziehenden Unwettern, die oft regional beschränkt innerhalb kürzester Zeit extreme Niederschlagsmengen bringen, meist hilflos gegenüber. Dabei sind schwere Schäden entstanden. Um das künftig zu vermindern, braucht es eine neue Klimaschutzoffensive und ein Schutzprogramm gegen Auswirkungen von regionalen Extremniederschlägen.

Umwelt-Landesrat Rudi Anschober hat daher die Gewässerbezirke beauftragt, die Unwetter der letzten Wochen und die eingetretenen Schäden genau zu analysieren und Vorschläge für ein Maßnahmenprogramm zu erarbeiten. Diese werden von Anschober kommende Woche der Landesregierung und anschließend dem Landtag vorgelegt - mit dem Ziel, möglichst viele der vorgeschlagenen Maßnahmen im Konsens und in intensiver Zusammenarbeit mit den anderen betroffenen Regierungsressorts umsetzen zu können. "Wir brauchen keine gegenseitige Schuldzuweisungen, sondern wie beim Hochwasserschutz ein Zusammenhalten und ein gemeinsames Verwirklichen der notwendigen Schutzmassnahmen vor regionalen Extremniederschlägen. Wir sitzen alle in einem Boot".

Die Klimaveränderung führt zu einem Ansteigen des Risikos von extremen Witterungssituationen und vor allem ihrer Intensivität. Auf klassische Hochwassersituationen entlang von Fließgewässern bereitet sich Oberösterreich seit 2004 sehr gut vor. Diese sind örtlich berechenbar, es werden Gefahrenzonenpläne erstellt, und es werden darauf basierend Schutzmaßnahmen verwirklicht. Bereits 500 konkrete Schutzprojekte wurden so seit 2004 bereits umgesetzt, weitere 200 sind in Vorbereitung, Planung und in Arbeit. Wenn die Extremereignisse der letzten Wochen in einem Gebiet mit bestehenden Hochwasserschutzeinrichtungen wie Rückhaltebecken aufgetreten sind, so haben diese ausgezeichnet funktioniert.

Die letzten Wochen haben allerdings gezeigt, dass auch regional beschränkte Extremniederschläge deutlich zunehmen: laut Hagelversicherung sind die bisherigen Hagelschadensmeldungen in OÖ 2012 um 69 % höher als im Durchschnitt der Jahre seit 2005, bei Hagel und Elementarereignissen (Hochwasser, Dürre etc) um 45 % über diesem Schnitt der letzten Jahre. Bei regionalen Extremniederschlägen ist der Schutz viel schwieriger als beim klassischen Hochwasserschutz: Es kann jedoch nicht berechnet werden, wo sie stattfinden und daher ist ein baulicher Schutz oft nicht möglich. Es können aber Risikobereiche definiert (z.B. Hanglagen mit starker agrarischer Nutzung) und ein breit gefächertes Programm von Einzelmaßnahmen erarbeitet werden, die in Summe den Schutz ebenfalls deutlich verbessern könnten. Dies hat das Umwelt- und Wasserressort gemacht und legt heute nach einer Detailanalyse der Unwetterfolgen der letzten Wochen einen ersten Vorschlag für ein Maßnahmenprogramm vor. Dies muss als nächster Schritt mit den weiteren betroffenen Regierungsressorts bearbeitet und dem Landtag zur Beratung vorgelegt werden. Anschober: "Anpassungsprogramme sind wichtig - und sie dürfen sich nicht auf Schuldzuweisungen reduzieren. Wir sitzen alle in einem Boot, müssen zusammenhalten und gemeinsam zum Schutz beitragen und dürfen nicht vergessen, dass Klimaschutz die wichtigste Grundvoraussetzung ist."

Entwurf für ein oö. Maßnahmenprogramm gegen regionale Extremniederschläge - die ersten 22 Vorschläge:

1. Die Natur ist der beste Schutz: natürliche Strukturen als Schutz bei regionalen Extremniederschlägen

Strukturen wie natürliche Fließgewässer, Feuchtgebiete (Moore...), Mulden, natürliche Bewuchsstrukturen etc. bilden einen guten Schutz bei regionalen Extremniederschlägen. Sie sorgen dafür, dass das Wasser gebremst auf Siedlungen zufließt und fungieren oft als kleine Rückhaltebecken, indem sie das Wasser speichern.

Leider wurden diese Strukturen vielfach zerstört z.B. Gräben zugeschüttet, Gewässer begradigt und aufgestaut, Mulden einplaniert, Moore und Feuchtwiesen entwässert. Ziel sollte es daher sein, bestehende Strukturen zu erhalten und nicht mehr vorhandene Strukturen - wo möglich - wieder herzustellen. Zum Beispiel durch das Öffnen von Verrohrungen etc.

Einen wesentlichen Beitrag hierzu kann das von Wasser-Landesrat Anschober gestartete morphologische Sanierungsprogramm liefern, welches über die verbindlichen Vorgaben des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans (NGP) hinausgeht.

Anschober: "Um unser Ziel der ökologisch guten Gewässer zu erreichen und damit auch einen Beitrag zum Hochwasserschutz gerade auch bei regionalen Extremniederschlägen zu leisten, brauchen wir unbedingt morphologische Maßnahmen, die den Gewässern wieder mehr Raum, mehr Uferbewuchs und mehr Entfaltungsmöglichkeiten zurückgeben. Aus dieser meiner Überzeugung heraus habe ich mit unseren vier Gewässerbezirken ein Sonderbauprogramm vereinbart, das uns die nächste Jahre ermöglicht, punktuell solche Vorzeigeprojekte umzusetzen."

2. Böden nicht versiegeln

Intakte, gesunde Böden sind meist gute Wasserspeicher. Durch Versiegelung ist diese Leistung der Böden nicht mehr vorhanden.
Hier braucht es ein gezieltes Gegensteuern zur Verringerung der Zersiedelung und des jährlichen Flächenverbrauchs für Siedlungs- und Verkehrzwecke von 774 ha - davon mindestens 226 ha versiegelt - durch eine Reform bzw. konsequente Umsetzung des Oö. Raumordnungsgesetzes.

Wichtige Maßnahmen auf Gemeindeebene dazu sind z.B.:

• die Innenentwicklung vor einem Neubau auf der "grünen Wiese",
• die Nachnutzung von leerstehenden Gebäuden (Brachflächenrecycling),
• die Entsiegelung und Rekultivierung von nicht mehr benötigten versiegelten Flächen,
• wo möglich, der Einsatz von Rasengittersteinen anstelle einer kompletten Versiegelung,
• ein Regenwasserbeseitigungskonzept für Siedlungsbereiche.

3. Die Speicherfunktion der Böden durch verträgliche Bewirtschaftung erhalten bzw. wieder herstellen

Durch Erosion, Bodenverdichtung oder Humusabbau wird die Wasserspeicherfähigkeit der Böden stark eingeschränkt. Wichtig sind daher vor allem in Risikobereichen wie Hanglagen Agrarumweltmaßnahmen zum Erhalt der Wasserspeicherfähigkeit der Böden, die auch unter die ÖPUL-Förderprogramme fallen sollten:

• Ausbau der derzeitigen Wasserschutzberatung für die Landwirtschaft zu einer wirksamen Bodenschutzberatung – daran wird gerade intensiv und in sehr gutem Einvernehmen mit der Landwirtschaftskammer gearbeitet
• Humuserhalt bzw. Aufbau in den Böden durch z.B. Einarbeitung von Ernterückständen oder Mulchsaat
• Erhalt bzw. Wiederherstellung von Grünland
• Ausbau erosionsmindernder, konservierender Bodenbearbeitung wie z.B. Minimalbodenbearbeitung
• Ausweitung der Fruchtfolge
• Vermeidung von Brachflächen

Auch das neue Nitrataktionsprogramm des Bundes bringt Handlungsmöglichkeiten:
• Auf starken Hanglagen und Kulturen mit besonders später Frühjahrsentwicklung (Rübe, Kartoffel, Mais, Soja) ist der Hang zum Gewässer hin durch Querstreifeneinsaat, Quergräben mit bodendeckendem Bewuchs oder sonstigen gleichwertigen Maßnahmen so in Teilstücke zu untergliedern, dass eine Abschwemmung und damit Erosion vermieden wird. Der Anbau hat laut Nitrataktionsprogramm quer zum Hang oder mit anderen abschwemmungshemmenden Anbauverfahren zu erfolgen.

4. Bauten in Risikogebieten stoppen

Durch Widmung von ungeeigneten Parzellen als Siedlungsgebiet wurde das Risiko von Hochwasserschäden in den letzten Jahren deutlich verschärft. Baugenehmigungen werden zwar in unmittelbaren Hochwasserrisikogebieten an Fließgewässern nicht mehr erteilt, bei Hanglagen, wo das Risiko der Überflutung besteht, wird dies derzeit aber noch nicht überprüft. Auch die Gefahr von Hangrutschungen bei Starkregen wird nicht beachtet.

Notwendig sind daher weitere Maßnahmen, vor allem in jenen beiden Landesgesetzen, die im Herbst zur Novellierung anstehen (Bautechnikgesetz und Raumordnung). Unter anderem sollte dabei verankert werden:

• Bei örtlichen Entwicklungskonzepten (ÖEK) und bei Flächenwidmungsplänen ist derzeit zwar die Lage von Hochwasserabflussgebieten anzugeben, es erfolgen jedoch im Regelfall keine Angaben zu potentiellen Risikobereichen infolge Gefährdung durch Hangwasser bzw. Sturzfluten und zu Restrisikogebieten durch Extremereignisse. Erste Gemeinden haben dies bereits korrigiert, dies muss jedoch landesweit erfolgen.
• keine Genehmigung von Bauland in Risikogebieten
• Novellierung des Bautechnikgesetzes im § 5 (Bauplatzbewilligung) mit der Definition von drohendem massivem Feststofftransport bzw. Hochwässern bei Hanglage als Untersagungsgrund (wie bereits Hochwasserrisiko, Lawinengefahr etc).
• Oberflächenentwässerungskonzepte

5. Punktuelle bauliche Schutzmaßnahmen bei bestehenden gefährdeten Siedlungen in Hanglagen

Bei gefährdeten Bereichen in Hanglagen sind vorzusehen:

• Freihaltung bestehender Abflusskorridore und Mulden
• Lenkung des Hangwassers durch Mulden, Dämme und Mauern zu unverbauten Bereichen
• Pufferstreifen zwischen landwirtschaftlicher Fläche und Siedlungsgebiet
• Grünstreifenpuffer in der landwirtschaftlichen Fläche
• Schaffung kleiner Rückhaltebecken
• Fußboden und Kelleröffnungen deutlich über dem Geländeniveau

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